UngarnOrbans Anzeigenoffensive für Serbiens EU-Beitritt löst in Belgrad Sorgen aus

Ungarn / Orbans Anzeigenoffensive für Serbiens EU-Beitritt löst in Belgrad Sorgen aus
Anders als viele andere seiner Landsleute mag Serbiens Präsident Aleksandar Vucic (r.) den ungarischen Regierungschef Viktor Orban, den er am Donnerstag in Belgrad empfing Foto: dpa/AP/Darko Vojinovic

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Mit einer Anzeigenoffensive versucht Ungarns Premier Viktor Orban, seine Isolation zu durchbrechen – und auch für den EU-Beitritt Serbiens zu werben. Doch seine Schützenhilfe ist selbst in Belgrad umstritten: Der Schulterschluss mit dem EU-Störenfried könnte dem EU-Anwärter eher schaden als nutzen.

Über mangelnde Medienpräsenz im internationalen Blätterwald hat Ungarns streitbarer Premier Viktor Orban eigentlich kaum zu klagen. Doch weil der Rechtsausleger mit seinen Tiraden gegen das Diktat aus Brüssel bei den EU-Partnern immer weniger Gehör findet, versucht er, sich dieses eben zu erkaufen.

Ob mit ganzseitigen Annoncen in der deutschen Bild, dem französischen Le Figaro, der spanischen Zeitung ABC, dem kroatischen Vecernji List oder dem dänischen Jyllands-Posten: Mit einer europaweiten Anzeigenoffensive versucht Orban, seine zunehmende Isolation zu durchbrechen – und auch für den EU-Beitritt Serbiens die Werbetrommel zu schlagen.

Das von ihm verkündete „Nein“ zum „europäischen Imperium“ ist bekannt. Doch mit seinem Feldzug gegen den „Superstaat“ und die von ihm gezeichnete Gefahr der „Massenmigration“ ist Orban selbst als Anzeigenkunde nicht überall gefragt: Die belgischen Zeitungen „De Morgen“, „De Standaard“ und „La Libre Belgique“ haben die Veröffentlichung der Annonce des von „Reporter ohne Grenzen“ zum „Feind der Pressefreiheit“ erklärten Orban genauso abgelehnt wie das „Luxemburger Wort“, Schwedens „Dagens Nyheter“, die „Irish Times“ oder „The Times of Malta“.

Nur auf den ersten Blick scheint derweil der EU-Anwärter Serbien ein Nutznießer der ungarischen PR-Offensive zu sein. Zwar wird Serbiens EU-Beitritt als siebter und letzter „Vorschlag“ in dem von Orban unterzeichneten Pamphlet aufgeführt. Doch uneingeschränkte Begeisterung löst die vermeintliche Nachbarschaftshilfe in Serbien keineswegs aus.

„Orbans Anzeige ist eine schlechte Reklame für Serbien“, titelt düster die Belgrader Zeitung Danas. „Orban brüskiert Brüssel erneut – und zieht Serbien mit hinein“, konstatiert besorgt der Blic. Gerade wegen Politikern wie Orban, die sich offen gegen die europäischen Werte stellen, sei die EU „in der Krise“, warnt die Belgrader Historikerin Dubravka Stojanovic vor zu engen Banden Serbiens mit den „rechtsextremen“ Parteien im Europaparlament: „Mit solchen Fürsprechern wird uns die EU niemals aufnehmen.“

Enge Kontakte zwischen Orban und Vucic

Tatsächlich pflegen Ungarns Premier und Serbiens ähnlich autoritär gestrickter Präsident Aleksandar Vucic auch persönlich sehr enge Kontakte. Nicht nur wegen der starken ungarischen Minderheit in Serbien baut Budapest die wirtschaftlichen und politischen Bande zum armen Bruder jenseits der Schengengrenze systematisch aus: Mit dem verstärkten Engagement in Serbien hofft Ungarn seinen Einfluss auf dem gesamten Westbalkan zu vergrößern.

Seit dem faktischen Rauswurf von Orbans Fidesz-Partei aus der konservativen Parteienfamilie EVP ist der Schulterschluss mit dem EU-Poltergeist für den EU-Anwärter Serbien allerdings etwas heikel geworden. Einerseits gehört die nationalpopulistische SNS von Vucic der EVP als assoziiertes Mitglied an. Andererseits beginnt die Brüsseler Langmut mit Vucic zunehmender Skepsis zu weichen: Erstmals seit dem Beginn von Serbiens Beitrittsverhandlungen 2014 hat Brüssel im letzten Jahr kein neues Verhandlungskapitel mit Belgrad eröffnet.

In „der Allianz der autoritären Herrscher“ könnte Belgrad „das dicke Ende ziehen“, orakelt der serbische Dienst der „Deutschen Welle“ angesichts des wachsenden EU-Unmuts über den „Viktator“: „Freundschaft mit Orban – gut für Vucic, schlecht für Serbien?“ Unbeeindruckt von den Sorgen über die Folgen der ungarischen PR-Offensive zeigt sich Vucic, der bei Orbans Belgrad-Visite am Donnerstag erneut seinen Gesinnungsfreund pries: Er sei Orban „dankbar“, dass er in Europa den Mut aufbringe, „Serbien im positiven Licht darzustellen“.