RusslandLawrow sieht in Antwort der USA und NATO Beginn ernsthafter Gespräche

Russland / Lawrow sieht in Antwort der USA und NATO Beginn ernsthafter Gespräche
Russlands Außenminister Sergej Lawrow spricht vor der Staatsduma, dem Unterhaus der Föderationsversammlung Russlands Foto: The State Duma, The Federal Assembly of The Russian Federation/AP/dpa

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Nach der Antwort der USA und der NATO auf Russlands Forderungen nach Sicherheitsgarantien äußert sich Moskau: Die wichtigste Frage sei nicht berücksichtigt worden. Alles Weitere liege nun an Präsident Wladimir Putin.

Das russische Außenministerium hat am Donnerstag bestätigt, von den USA und der NATO eine schriftliche Antwort auf die russischen Vertragsentwürfe mit den Forderungen nach Sicherheitsgarantien erhalten zu haben. Genau das, was Russlands Außenminister Sergej Lawrow seit mehreren Wochen einforderte. Er erkenne darin die Bereitschaft der USA und der NATO für den Beginn eines ernsthaften Gesprächs, sagte Lawrow in Moskau. Aber: Die Kernfrage sei ausgelassen worden.

Moskau geht es vor allem um die Zusage, dass die NATO auf eine weitere Erweiterung nach Osten verzichte. Russland fühle sich durch diese bedroht. „Wir haben eine klare Position zur Unzulässigkeit einer weiteren Erweiterung“, wiederholte der 71-Jährige einmal mehr. Eine positive Antwort diesbezüglich habe Russland nicht erhalten. Eine positive Antwort diesbezüglich kann die NATO auch nicht geben, da das Bündnis seine Kernprinzipien der „Politik der offenen Türen“ pflegt. „Wir sind bereit, uns die Sorgen Russlands anzuhören und eine echte Diskussion darüber zu führen, wie wir die fundamentalen Prinzipien der europäischen Sicherheit bewahren und stärken können“, hatte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg nach dem Überbringen des Briefes am Tag zuvor gesagt. Dazu gehöre aber auch das Recht aller Staaten, selbst über ihren Weg zu entscheiden. Lawrows US-amerikanischer Amtskollege Antony Blinken sagte, Verhandlungsspielraum mit Moskau gebe es etwa bei Manövern in Europa oder bei der Rüstungskontrolle.

Wir haben die Beziehungen zur NATO stets in guter Absicht gepflegt. Aber wir wurden nicht gehört.

Dmitri Medwedew, ehemaliger russischer Präsident

Moskau sind die Positionen des Westens bekannt. Es testet allerdings die Grenzen dieser Positionen aus und sorgt mit seinem massiven Truppenaufmarsch an der russisch-ukrainischen Grenze für ein Bedrohungsszenario, dem Washington und Brüssel nicht ausweichen können. Auf allen Kanälen, diplomatischen wie militärischen, ist Russland damit das Top-Thema. Moskau hat dadurch vor allem eines erreicht: Es wird wichtig genommen. Es ist stets eine große Schmach für Russland, übersehen und übergangen zu werden. Die Mittel für die Verteidigung seiner Positionen erstaunen den Westen, ja, sie stoßen die USA wie Europa vor den Kopf. Den Russen ist ihre militärische Kraft aber geradezu heilig. Sie sind auch bereit dazu, die Gewalt einzusetzen, mit der sie drohen. Das macht die Lage für und in der Ukraine gefährlich. Der Schwebezustand mit all den Fragen nach dem möglichen Beginn einer Invasion der Russen hält weiter an. Das NATO-Dokument werde genau studiert, sagte Lawrow. Die Entscheidung, wie es weitergehe, treffe Wladimir Putin.

Enormer Rubel-Verfall

Dieser ist in der kommenden Woche in China. Im Zuge seines Besuches bei den Olympischen Winterspielen in Peking will der russische Präsident den chinesischen Staats- und Parteichef Xi Jinping treffen. Im Falle einer russischen Invasion in der Ukraine drohen Russland massive wirtschaftliche Einbußen. Da zeigt Moskau gern darauf, dass es auch andere Partner habe. Die Chinesen appellieren stets, der Frieden möge erhalten bleiben. Bereits jetzt kämpft Russland mit einem enormen Rubel-Verfall. Die Investitionen gehen zurück. Die Pandemie hat die wirtschaftliche Not vieler Menschen im Land noch weiter verschärft. Einen Krieg hält der russische Politologe Andrej Kolesnikow vom Moskauer Carnegie-Zentrum für einen „demobilisierenden Faktor“. Für Putin zu sterben, werde die Gesellschaft nicht einen, wie es der Krim-Konsensus von 2014 vermocht hatte, sagt er.

„Es wird keinen Rückzug geben“, ließ der frühere russische Präsident Dmitri Medwedew die russische Nachrichtenagentur Ria am Donnerstag wissen und wiederholte damit, eher ungelenk wirkend, Putins Position. „Wir haben die Beziehungen zur NATO stets in guter Absicht gepflegt. Aber wir wurden nicht gehört“, sagte er. Es ist geradezu zum russischen Mythos geworden, dass Russland von der NATO gelinkt worden sei. Es gehe gar nicht um die Ukraine, meinte Medwedew – und dürfte damit wohl recht haben. Moskau geht es vor allem um einen Umbau der europäischen Sicherheitsarchitektur. Um die Änderung etablierter Regeln, die für den Westen nicht verhandelbar sind.