NahostG7 rufen zur Zurückhaltung nach iranischem Angriff auf Israel auf

Nahost / G7 rufen zur Zurückhaltung nach iranischem Angriff auf Israel auf
Zuvor hatte der Iran erstmals in der Geschichte von seinem Staatsgebiet aus direkt Israel angegriffen. Nach israelischen Angaben wurden fast alle der 300 vom Iran abgefeuerten Drohnen und Raketen abgewehrt. Foto: AFP/Israeli Army

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Der erste direkte Angriff Irans auf Israel hat die Weltgemeinschaft erschüttert und die Ängste vor einer Eskalationsspirale in der Region verstärkt.

Nach dem iranischen Angriff auf Israel haben die G7-Staaten dem Land ihre „volle Solidarität und Unterstützung“ zugesichert. Die USA riefen Israel zugleich zu einer „vorsichtigen“ Reaktion auf und stellten klar, dass sie sich an einem möglichen Vergeltungsschlag gegen Teheran nicht beteiligen würden. Zuvor hatte der Iran erstmals in der Geschichte Israel direkt angegriffen und damit die Ängste vor einem Flächenbrand im Nahen Osten verstärkt.

„Wir bekunden unsere volle Solidarität und Unterstützung für Israel und seine Menschen und bekräftigen unsere Verpflichtung für ihre Sicherheit“, hieß es in der G7-Erklärung nach einer Videokonferenz. „Wir werden uns weiter dafür einsetzen, die Situation zu stabilisieren und eine weitere Eskalation zu vermeiden. Und in diesem Sinne fordern wir, dass der Iran und seine Stellvertreter ihre Angriffe einstellen.“

Die G7 erklärten sich zudem „bereit, jetzt und in Erwiderung auf weitere Versuche einer Destabilisierung zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen“. Zu G7-Gruppe zählen die USA, Deutschland, Italien, Frankreich, Großbritannien, Kanada und Japan.

Zuvor hatte der Iran erstmals in der Geschichte von seinem Staatsgebiet aus direkt Israel angegriffen. Nach israelischen Angaben wurden fast alle der 300 vom Iran abgefeuerten Drohnen und Raketen abgewehrt. Unklar blieb danach zunächst, ob und wie Israel reagieren wollte.

Die USA drängten offensichtlich auf Zurückhaltung: Präsident Joe Biden verurteilte den iranischen Angriff zwar „auf das Schärfste“. Zugleich machte er nach Angaben eines Regierungsvertreters in einem Telefonat mit Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu „sehr klar, dass wir sehr vorsichtig und strategisch über die Risiken einer Eskalation nachdenken müssen“. Der US-Vertreter, der anonym bleiben wollte, fügte hinzu: „Die Israelis haben uns klar zu verstehen gegeben, dass sie nicht auf eine erhebliche Eskalation mit dem Iran aus sind.“

Mit Blick auf einen möglichen israelischen Vergeltungsschlag sagte er: „Wir würden uns selbst nicht an einer solchen Aktion teilnehmen sehen.“ Auch der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates im Weißen Haus, John Kirby, versicherte im Sender NBC: „Wir wollen keine Eskalation. Wir sind nicht auf einen größeren Krieg mit dem Iran aus.“

Hisbollah und Huthi an Angriffen beteiligt

Auch die Europäische Union rief „alle Parteien auf, größte Zurückhaltung zu üben“. „In dieser äußerst angespannten regionalen Situation kann eine erneute Eskalation in niemandes Interesse sein“, hieß es in einer vom EU-Außenbeauftragten Josep Borrell im Namen der 27 Mitgliedstaaten am Sonntag verbreiteten Erklärung.

Zeitgleich mit dem iranischen Luftangriff hatten auch die proiranische Hisbollah-Miliz im Libanon sowie die Huthi-Rebellen im Jemen Angriffe gegen israelische Ziele etwa auf den Golan-Höhen ausgeführt. In mehreren Orten in Israel wurde Luftalarm ausgelöst, darunter in Jerusalem und im Süden. Auch Explosionen waren zu hören, Menschen suchten Schutz.

Zwölf Menschen wurden nach israelischen Angaben bei den Angriffen verletzt, darunter ein siebenjähriges Mädchen. Der Luftraum über Israel wurde gesperrt und erst am Sonntagmorgen wieder geöffnet.

Israels Verteidigungsminister Joav Gallant erklärte, dem Staat Israel sei es zusammen mit seinen Partnern gelungen, „sein Territorium zu verteidigen“. Er fügte jedoch hinzu: „Die Schlacht ist noch nicht vorbei – wir müssen wachsam bleiben.“ Laut israelischer Armee beteiligten sich unter anderem die USA, Großbritannien und Frankreich an der Abwehr des iranischen Angriffes.

Die Führung in Teheran bezeichnete die Angriffe als Vergeltung für einen Angriff auf ein iranisches Konsulatsgebäude in Damaskus, der Israel zugeschrieben wird. Dort waren Anfang April 16 Menschen getötet worden, darunter zwei Generäle der iranischen Revolutionsgarden. Der Angriff auf Israel beruhe auf dem in Artikel 51 der UN-Charta festgeschriebenen Recht auf Selbstverteidigung, betonte Teheran.

USA vorab über Angriffe informiert

Die iranische Armee erklärte, sie habe mit dem Angriff alle ihre Ziele erreicht. Die beiden Hauptziele in Israel, ein Geheimdienstzentrum und die Militärbasis Nevatim, die mit dem Angriff in Damaskus in Verbindung stünden, seien „beträchtlich beschädigt und außer Betrieb gesetzt worden“.

„Die Bestrafung des Angreifers ist erfolgt“, betonte auch Präsident Ebrahim Raisi. Er warnte Israel vor „unbesonnener“ Vergeltung und drohte für einen solchen Fall mit einer „entschiedenen und sehr viel stärkeren Antwort“.

Teheran hatte nach eigenen Angaben die USA vorab über seine Angriffspläne informiert. „Wir haben dem Weißen Haus in einer Botschaft mitgeteilt, dass unsere Einsätze begrenzt und minimal sein werden und nur auf die Bestrafung des israelischen Regimes abzielen“, sagte Außenminister Hossein Amir-Abdollahian.

Der Iran ist ein erklärter Unterstützer der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas, die mit ihrem Großangriff auf Israel am 7. Oktober den Krieg im Gazastreifen ausgelöst hatte. Sowohl der Iran als auch die von der EU und den USA als Terrororganisation eingestufte Hamas haben die Vernichtung Israels als Ziel ausgegeben. Bisher hatte der Iran den Erzfeind aber nie direkt angegriffen.

Mossad: Hamas lehnt Vorschlag für Waffenruhe im Gazastreifen ab

Die islamistische Palästinenserorganisation Hamas hat nach Angaben des israelischen Geheimdienstes Mossad den jüngsten Vorschlag internationaler Vermittler für eine Waffenruhe im Gazastreifen abgelehnt. Die Ablehnung des Vorschlags zeige, dass der Chef der Hamas im Gazastreifen, Jahja Sinwar, weder eine humanitäre Vereinbarung noch eine Rückkehr der Geiseln wolle, teilte der Mossad am Sonntag in einer vom Büro des israelischen Regierungschefs veröffentlichten Erklärung mit. Sinwar wolle weiterhin die Spannungen mit dem Iran „ausnutzen“ und strebe eine „allgemeine Eskalation in der Region“ an. Israel werde weiter daran arbeiten, die „Ziele des Kriegs gegen die Hamas mit aller Kraft zu erreichen und wird jeden Stein umdrehen, um die Geiseln aus Gaza zurückzuholen“, hieß es weiter. Die Vermittlerländer USA, Ägypten und Katar hatten kürzlich in Kairo einen neuen Vorschlag für eine Waffenruhe vorgelegt. Die Hamas teilte am Samstag mit, eine Antwort auf einen neuen Vorschlag übermittelt zu haben. Ohne den Vorschlag der Vermittler ausdrücklich abzulehnen, bekräftigte die militante Palästinenserorganisation darin „das Festhalten an ihren Forderungen“, darunter eine „dauerhafte Waffenruhe“, ein Abzug der israelischen Armee aus dem gesamten Gazastreifen, eine Rückkehr der Vertriebenen in ihre Wohnorte, eine Ausweitung der Hilfslieferungen und ein „Beginn des Wiederaufbaus“.