EditorialEuropean Championships: Back to the roots

Editorial / European Championships: Back to the roots
Ab Donnerstag wird die europäische Sportwelt alle Augen auf München richten, wenn die European Championships in der bayerischen Hauptstadt beginnen Foto: dpa/Sven Hoppe

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Sie wollen authentischer, nachhaltiger und wieder näher am Zuschauer dran sein: die European Championships. Am Donnerstag geht dieses Multisport-Event in München in seine zweite Runde, nachdem vor vier Jahren die Premiere in Glasgow und Berlin – wo die Leichtathletik-Wettbewerbe stattfanden – ausgetragen wurde. Es ist kein Event, bei dem die viel kritisierten Riesen des internationalen Sports, so wie das IOC oder die FIFA, ihre Hände im Spiel haben. Vielmehr schließen sich bei den European Championships mehrere europäische Sportverbände zusammen und organisieren gemeinsam, am gleichen Ort, ihre Europameisterschaften. Frei nach dem Motto: Gemeinsam sind wir stärker. So verspricht man sich von diesem gemeinsamen Event eine größere Visibilität, mehr Stunden Liveübertragung im Fernsehen, um vor allem gegen den allseits dominierenden Fußball bestehen zu können. Als Beispiel dienen etwa die Wintersportarten, die im deutschen Fernsehen erfolgreich in einer Art Konferenz ausgestrahlt werden, sodass auch Randsportarten wie Rodeln oder Bobfahren ihre Sendeminuten erhalten, die alleine kaum möglich wären. Eine durchaus vielversprechende Entscheidung, denn die Premiere der European Championships 2018 erreichte laut offiziellen Zahlen in 43 europäischen Ländern, in denen sie übertragen wurde, rund 1,4 Milliarden (über die elf Wettkampftage verteilt) Fernsehzuschauer. 

Noch interessanter dürfte die Zahl von 97 Prozent sein: So viele Einwohner von Glasgow waren laut einer offiziellen Umfrage nämlich stolz darauf, dass ihre Stadt die Championships ausgetragen hat. In Zeiten, in denen sich Bürger in Referenden reihenweise gegen die Organisation von Olympischen Spielen ausgesprochen haben, eine überraschend positive Bewertung. 177 Medaillenentscheidungen, 4.700 Sportler in München: Bei den European Championships fällt alles eine Nummer kleiner aus und gerade das dürfte dieses Event für viele Sportfans umso attraktiver machen. Und auch das Thema Nachhaltigkeit spielt bei diesem recht neuen Multisport-Ereignis eine wichtige Rolle. In München etwa werden die Sportstätten der Olympischen Spiele von 1972 im Mittelpunkt stehen und somit auch ein Großteil der Entscheidungen im und um den Olympiapark fallen. Das Motto der Championships lautet somit auch „back to the roofs“, eine Anspielung auf die berühmte Zeltdachkonstruktion der Sportstätten im Olympiapark, in denen 50 Jahre später erneut Titelträger gekrönt werden.

Es ist der genaue Gegensatz zu den Olympischen Spielen, die in den letzten Jahren immer gigantischer, immer spektakulärer ausfielen. Mit Sportstätten, deren Baukosten in die Milliardenhöhe gingen und die nach dem Ende der Spiele kaum noch zu nutzen waren und, wie etwa in Rio de Janeiro, gerade einmal sechs Jahre später bereits dabei sind, zu verfallen. Oder die European Games, die ihre Premiere 2015 in Baku feierten und vier Jahre später in Minsk über die Bühne gingen. Ein Multisport-Event in Belarus, nur vier Jahre später absolut undenkbar. Und genau deshalb sind die European Championships auch so erfrischend, denn weniger ist in manchen Fällen dann doch einfach mehr.