Kommt die Bankenaufsicht nach Luxemburg?

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In Brüssel fällt heute die Entscheidung über den künftigen Sitz zweier EU-Behörden. Das Wahlverfahren erinnert an den Eurovision Song Contest.

In Brüssel fällt heute die Entscheidung über den künftigen Sitz von zwei noch in London angesiedelten EU-Behörden. Das Wahlverfahren erinnert an den Eurovision Song Contest.

In einer geheimen Wahl stimmen Vertreter der EU-Staaten am Montagnachmittag in Brüssel darüber ab, wohin die Standorte der Bankenaufsichtsbehörde EBA und der Arzneimittelagentur EMA verlegt werden. Beide Behörden sollen wegen des geplanten EU-Austritts Großbritanniens so schnell wie möglich in eines der 27 verbleibenden EU-Länder umgesiedelt werden.

Luxemburg konkurriert mit sieben Städten um den künftigen Standort der EBA, die sich um Wahrung der Finanzstabilität und das ordnungsgemäße Funktionieren des Bankensektors kümmert. 19 Städte buhlen um die für die Bewertung und Überwachung von Arzneimitteln zuständige EMA.

Hohe Zusatzeinnahmen möglich

Wer den Zuschlag erhält, kann auf hohe Zusatzeinnahmen hoffen. Die EMA und die EBA richten jährlich Hunderte Konferenzen und Veranstaltungen mit Experten aus aller Welt aus. In London sorgten beide Agenturen zuletzt pro Jahr für rund 39 000 zusätzliche Hotelübernachtungen.

Hinzu kommt, dass auch die meisten hoch qualifizierten Mitarbeiter umziehen dürften. Die EMA beschäftigte zuletzt immerhin rund 900 Menschen, die Bankenaufsicht EBA kam auf knapp 200.

Der Ausgang der Abstimmung im EU-Ministerrat gilt als offen. Kritiker warnen schon seit längerem, dass es für geeignete Bewerber wie Bonn oder Frankfurt böse Überraschungen geben könnte.

Problematisches Wahlverfahren

Das liegt auch am Wahlverfahren, dass an den Eurovision Song Contest (ESC) erinnert: Es sieht nämlich vor, dass in der ersten Wahlrunde alle 27 abstimmenden EU-Staaten drei Punkte an ihren Favoriten sowie zwei Punkte an ihre Nummer zwei und einen Punkt an ihre Nummer drei vergeben. Dies könnte zu einem Ausscheiden von guten Standorten in der ersten Runde führen, wenn alle Bewerberländer sich selbst die drei Punkte geben und die anderen an scheinbar unqualifizierte Mitbewerber verteilen, um die Konkurrenz zu schwächen.

Diplomaten zufolge versuchen Ländervertreter seit Wochen, sich über Deals und Versprechen die Stimmen anderer Länder zu sichern. So hat Deutschland nach Informationen des «Spiegel» (Samstag) eine Abmachung mit Griechenland getroffen: Demnach unterstützt die Regierung in Athen die Frankfurter Bewerbung um die EBA; im Gegenzug soll die Bundesregierung im EMA-Auswahlverfahren die griechische Hauptstadt Athen unterstützen.

Sechs Kriterien

Offiziell sollen bei der Wahl nur sechs Kriterien eine Rolle spielen. Dazu gehören unter anderem die Arbeitsbedingungen, die Verkehrsanbindung, die bisherige Zahl der EU-Agenturen und die Möglichkeit eines schnellen und problemlosen Umzugs.

Eine der Verfahrensregeln besagt, dass jedes Land höchstens eine der Agenturen bekommen kann. Neben Frankfurt gelten Dublin und Paris als Favoriten für den EBA-Sitz. Für die EMA werden Städte wie Mailand, Bratislava, Amsterdam und Kopenhagen als geeignete Kandidaten genannt.