Per pedes für den Frieden: Escher Student sammelt Spenden mit einer Wanderaktion

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Auf dem „Sentier de grande randonnée 5“ (GR 5) will der Student Anselmo Malvetti Ende Juli aufbrechen. Der Escher plant, seine Strecke vom Genfer See bis zum Mittelmeer per Instagram zu dokumentieren und dabei Spenden für die Hilfsorganisation „Ad Pacem Servandam“ zu sammeln. Das Geld soll vor allem Kriegsopfern in der Ostukraine zugutekommen.

Von Luc van den Bossche

Es geht um die Freiheit. Die Freiheit, sein Leben so zu gestalten, wie man möchte und sich frei zu bewegen, zu studieren oder einfach ganz alltäglich mal kurz zum Metzger oder Bäcker zu gehen. Die Freiheit, einfach mal einen Monat lang vom Genfer See bis zum Mittelmeer zu wandern. „Um all die kleinen, für uns fast schon banalen Freiheiten, die die Menschen in der Ostukraine nicht mehr haben“, meint der 25-jährige Bauingenieurstudent Anselmo Malvetti. Das Konzept wirkt schon irgendwie abwegig: Malvetti will seine rund 600 Kilometer auf der „Grande traversée des Alpes“, einem Teil des GR 5, auf Instagram posten und so Aufmerksamkeit auf den vergessenen Krieg im Osten Europas lenken und Spenden sammeln.

Auf das Thema Ostukraine kam er durch einen seiner ehemaligen Lehrer im Escher LGE, Claude Pantaleoni. Letzterer ist nämlich auch Präsident der Hilfsorganisation „Ad Pacem Servandam“ (Lateinisch für „Im Dienste des Friedens“) und nahm seine Schüler mit auf „verrückte Reisen“, nach Israel zum Beispiel, oder eben in die Ukraine. Dorthin reisten sie ungefähr ein halbes Jahr vor der Annektierung der Krim. Umso schockierter waren sie von den Entwicklungen im Donezbecken. Von einem Krieg vor der Haustür Europas. „Heute haben viele überhaupt keine Vorstellung mehr von Größenordnungen, Sedan oder Verdun liegen ja praktisch nebenan. Aber die Erinnerung an den Ersten und auch den Zweiten Weltkrieg verblasst immer mehr. Die Kriege, von denen im Fernsehen berichtet wird, sind alle außerhalb Europas.“ Und da sei es leicht, die auszublenden, sobald der Fernseher ausgeschaltet ist.

Über die Uni auf den Geschmack gekommen

Während ihrer Reise durch die Ukraine knüpfte die Gruppe Kontakte zu Einheimischen. „Die Unterstützung über Ad Pacem geht direkt an Einzelpersonen, das läuft alles ganz transparent ab. Da ist ganz klar, für wen das Geld ist“, sagt Malvetti. Diese Transparenz spiegelt sich auch in der Gestaltung seines Projekts wider. Über die rund 600 Kilometer sollen jeden Tag Einträge in eine Art Reisetagebuch via Instagram entstehen, sodass die Leute fast „live“ an der Wanderung teilnehmen können. Wer aber noch direkter mit dabei sein möchte, dürfe das gerne, sagt Malvetti. „Ich bin da ganz flexibel. Keiner muss vom Anfang bis zum Ende mitgehen. Das macht jeder, wie er oder sie will. Auch das ist Freiheit.“ So oder so freue er sich über jeden, der sich dazu entschließt, mitzugehen.

Ein Praktikum, das er jüngst in der Schweiz, wo er studiert, absolviert hat, veränderte seinen Blick auf das Thema Freiheit: „Plötzlich war mein Alltag sehr geregelt. Da hat sich mir die Frage gestellt, wie frei wir eigentlich im Berufsleben sind. Denn auch schon während des Studiums, wo man ja mehr oder weniger frei über den eigenen Tagesablauf bestimmen kann, beherrscht die Universität den Lebensrhythmus.“ Über die Uni hat er, nebenbei bemerkt, das Wandern entdeckt. „Als Luxemburger kennt man die Berge ja eigentlich fast nur vom Wintersport“, sagt er. Bei Veranstaltungen der LSZ, des Verbands der luxemburgischen Studenten in Zürich, sei er auf den Geschmack gekommen. Ein Jahr lang war er an fast jedem Wochenende unterwegs und sammelte nach und nach Ausrüstung und Erfahrung.

Bis Ende Juli in Topform

Im Moment bereitet er sich auf seine große Reise vor. Bis Ende Juli will er in Topform sein. „Körperliche Fitness gibt einem eine gewisse Sicherheit bei so einem Unterfangen“, sagt Malvetti. Viel mehr will und kann er nicht im Voraus tun. „Ich möchte flexibel an das Ganze herangehen. Einfach mal schauen, wie das in den ersten Tagen so geht. Denn die kleinen Überraschungen unterwegs gehören zur Freiheit dazu.“ Sich mental vorzubereiten, sei entscheidend, sagt er. „Die ersten Kilometer sind Kopfsache.“ Malvetti will sich auf seiner Reise Zeit nehmen, um mit den Leuten, die er trifft, zu reden. „So sechs Stunden marschieren und zwei Stunden für Leute am Tag.“ Vor allem entlang des Montblanc seien immer viele Menschen unterwegs.

Da die Arbeit mit Mikrofon und Kamera ziemliches Neuland für den selbst ernannten „Eefalt“ ist, will der Student eventuell mit Sébastien Cayotte in Kontakt treten, der zurzeit im Rahmen eines ähnlichen Projekts zugunsten der „Fondation Kriibskrank Kanner“ von Esch nach Rom radelt. Vielleicht könne er ja noch das eine oder andere von ihm lernen. Bis es endlich losgeht, bleibt ihm noch ein bisschen Zeit. Ob er nun Ende Juli bereit ist oder nicht, das Projekt will er nicht verschieben: Jenseits der „bonne cause“ und der Lust am Wandern ist die Zeit auch ein Thema für den Studenten. Denn er wird bald sein Studium abgeschlossen haben. „Es ist jetzt oder nie“, meint er. „Ich muss jetzt aus der Faulheit und dem Komfort herauskommen und es einfach durchziehen. Keine Ausreden!“