Ein Arbeitsplatz auf dem Mond: Sarah Thoss möchte Astronautin werden

Ein Arbeitsplatz auf dem Mond: Sarah Thoss möchte Astronautin werden

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Sarah Thoss, 18, stammt von der Mosel. Doch statt den Schiffen nachzuschauen, blickt sie lieber hinauf zu den Sternen. Irgendwo in dieser Unendlichkeit sieht sie sich – als Astronautin: ihre Bestimmung. Bei der Verwirklichung ihres größten Wunsches belässt sie es nicht beim Träumen. Sie verschlingt alles, was mit dem Weltraum zu tun hat, liest Fachliteratur, hat schon Astronauten getroffen und mit ihnen reden können und in einigen Wochen wird sie das SpaceX-Center von Elon Musk besuchen. Sarah lässt nichts anbrennen. Das Tageblatt hat sich mit dem wissbegierigen Teenager unterhalten.

Von Marco Goetz

Warum Astronautin?

Sarah Thoss: Ich sehe es als meine Bestimmung an. Es ist ähnlich wie: warum liebst du jemanden? Man kann vieles aufzählen, letztendlich kennt nur das Herz die wahre Antwort.

Was ist das Anziehende an diesem Beruf?

In der Forschung zu arbeiten. Die Suche nach grundlegenden wissenschaftlichen Antworten. Es ist aber auch der Weg hin zu diesem Beruf, der mir gefällt. Alles, was ich lernen und ausprobieren kann. Ich denke an ein Physikstudium oder daran, dass ich ein Flugzeug geflogen habe, was mir immer noch unfassbar scheint. Ich denke an meine bisherigen Bekanntschaften in der Weltraumindustrie. Eigentlich will ich wissen, wie es da oben aussieht. Wie sich die Mikrogravitation anfühlt und wie dünn die Atmosphäre nun denn wirklich scheint. Gerade an Tagen wie diesen, an denen an die Mondlandung vor 50 Jahren erinnert wird, erfasst mich die Lust, auch eine solche Pionierin zu werden und Neues zu entdecken sowie Antworten zu finden.

Wie könnte diese Arbeit aussehen?

Am liebsten auf dem Mond. Dort in einem Forschungslaboratorium arbeiten. Also dort, wo vor 50 Jahren die Menschen erstmals Boden außerhalb der Erde betreten haben. Die Gedanken daran faszinieren mich. Irgendwo macht es mich sogar ein wenig traurig, dass ich das nicht miterleben konnte. Es ist mega beeindruckend, dass das damals geklappt hat, diese Risikobereitschaft im Dienst der Forschung.

Seit wann möchten Sie denn schon Astronautin werden?

Ehrlich gesagt erst seit drei bis vier Jahren. Zuvor wollte ich immer Simultanübersetzerin werden – dachte ich zumindest. Doch seitdem ich dieses Ziel vor Augen habe, weiß ich erst wirklich, wie es ist, etwas wahrlich zu wollen.

Wie hat das begonnen?

Je mehr ich mich für Wissenschaften interessierte, umso größer wurde der Wunsch. Ich habe mich immer wieder mit den typischen existenziellen Fragen auseinandergesetzt. Nachdem ich begriffen habe, dass Philosophie für mich persönlich nicht zufriedenstellend war, bin ich aufgrund eines Buches namens ‚Mein Weltbild – Albert Einstein‘ von Carl Seelig auf den Geschmack der Physik gekommen. Durch einen Zufall habe ich dann von den Astrophysik-Kursen im hauptstädtischen Lyçée de Garçons Wind bekommen. Einmal die Woche unterrichtet uns ein pensionierter Physiklehrer. Im ersten Jahr ging es um große Entdeckungen. Im vergangenen Schuljahr um die Relativitätstheorie und nächstes Jahr um Einstein und um Quantenmechanik.

Wie wirkt sich das im Alltag aus?

Sobald ich Zeit habe, tauche ich in jegliche Zeitungen, Bücher oder Filme über das Weltall ein und lasse niemanden in meinem Umfeld damit in Ruhe. Deshalb werde ich auch immer wieder von Verwandten und Freunden darauf angesprochen und mir offenbaren sich mehr Möglichkeiten. Die Zeit, die andere vielleicht mit Hausaufgaben, Partys oder sonstigem verbringen, investiere ich in meine Leidenschaft und mein Ziel.

Und was liest man zum Beispiel?

Momentan versuche ich mich auf Gravitationswellen zu fokussieren, deshalb kann ich da die Bücher „Das Geheimnis der Gravitationswellen“ von Günter Spanner sowie „Das elegante Universum“ von Brian Greene weiterempfehlen. Wobei Letzteres etwas schwieriger ist, ich musste es mehrmals durchlesen, um es zu verstehen. Andernfalls empfehle ich die Bücher „Die Physik des Bewusstseins“ von Michio Kaku und „Astronauten“ von Gerhart Thiele und dessen Tochter Insa Thiele-Eich. Das Buch von Michio Kaku erklärt so manches über Neurowissenschaften und das Buch „Astronauten“ erzählt den Werdegang beider Autoren und Astronauten. Abgesehen von Büchern lese ich gerne die Spektrum der Wissenschaft-Zeitschriften und Space, das Weltraummagazin.

Besuch von Ausstellungen?

Immer wenn ich in der Nähe eines Museums oder einer Ausstellung bin, in der das Wort „Weltall“ auch nur einmal vorkommt, zerre ich meine Freunde und Familie dorthin.

Sind Sie schon im Euro-Space-Center in Redu gewesen?

Nein, leider nicht. Ich werde das aber bald nachholen. Im Sommer fahre ich nach Los Angeles, wo ich das private SpaceX-Center von Elon Musk besichtigen darf und mit etwas Glück auch die NASA JPL. Dort sind viele Objekte zu sehen, die mit früheren NASA-Missionen zu tun haben. Wenn das klappt, werde ich wohl nie mehr aufhören, vor Freude zu strahlen.

Hatten Sie bereits Gespräche mit Astronauten?

In dieser Hinsicht hatte ich bisher unglaubliches Glück. Oft war Zufall mit im Spiel. Ich durfte Astronauten wie Alexander Missurkin und Gennadi Padalka kennen lernen. Mein Onkel hat mir für meinen 18. Geburtstag eine Zusammenkunft mit dem ehemaligen Astronauten Ulrich Walter organisiert. Diese Treffen sind kaum in Worte zu fassen. Trotz ihres heldenhaften Berufes sind sie alle sehr bodenständig und zuvorkommend. Was mir nebenbei gesagt am besten an diesen Menschen gefallen hat, ist deren Blick. Man kann ihnen sofort aus den Augen ablesen, dass sie unbeschreiblich Schönes gesehen haben und dass dies sie geprägt hat.

Welche Beschäftigungen, die mit Weltraumfahrt oder Astronauten zusammenhängen, haben Sie noch?

Ich war nun für ein Jahr Dimas-Schülerin, dies ist eine „Flight Training Academy“, mit der ich die Möglichkeit hatte, einmal ein Flugzeug selber zu fliegen. Sofern der Prüfungsstress es mir erlaubt, helfe ich donnerstags nach der Schule bei einem Orthopäden beziehungsweise Rheumatologen aus, um etwas über Krankheitsbilder zu erfahren, die bedingt durch längere Aufenthalte im Weltraum öfters vorkommen. Zudem haben mir Freundinnen Online-Kurse von dem famosen Astronauten Chris Hadfield über Weltraumerforschung geschenkt, die ich ebenfalls absolviere. Und sollte jemand eine gute Idee für ein Praktikum haben: Ich bin offen für alles.

Nächstes Jahr machen Sie Abitur. Wie soll es dann weitergehen mit der konkreten Umsetzung des Herzenswunsches?

Zuerst möchte ich Physik in München studieren. Am liebsten würde ich promovieren. Es gibt mittlerweile auch immer mehr verschiedene Möglichkeiten an Studiengängen und Ausbildungen, die man absolvieren kann. In Luxemburg gibt es bereits den „Space Master“, der aufgrund der Teilnahme Luxemburgs an der Weltraumindustrie ins Leben gerufen wurde. Außerdem kann man nach dem Master an einem „Young Graduee Training“ teilnehmen. Dies ist ein von der ESA (European Space Agency) ausgehendes Praktikum, das ebenfalls für Luxemburger Studenten zugänglich ist. Ich denke, dass ich versuchen werde, nach meinem Studium dort einen Platz zu bekommen, denn es scheint wirklich sehr vielversprechend. Und dann muss ich einfach hoffen, dass Astronauten gesucht werden, wenn ich zwischen 27 und 37 Jahre alt bin.