Spanien/PortugalDürre und Dumping-Importe aus Afrika treiben iberische Landwirte auf die Barrikaden

Spanien/Portugal / Dürre und Dumping-Importe aus Afrika treiben iberische Landwirte auf die Barrikaden
„Wenn wir nichts produzieren, habt ihr nichts zu essen“: Auch in Spanien zieht es die Bauern mit ihren Traktoren zu Protesten auf die Straße. Foto: Cesar Manso/AFP

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Die Bauernproteste sind nun auch nach Portugal und Spanien übergeschwappt. Am Donnerstag gingen in den beiden Ländern Tausende von Landwirten auf die Barrikaden, um ihrem Ärger Luft zu machen.

Allein in der südspanischen Großstadt Sevilla zogen schätzungsweise 10.000 Landwirte durch die Straßen und legten den Verkehr lahm. Im Nachbarland Portugal begannen derweil am Donnerstag die Bauern damit, Autobahnen und Grenzübergänge nach Spanien zu blockieren. In den nächsten Tagen sind weitere Proteste geplant.

Auf der Iberischen Halbinsel geht es aber nicht nur um Agrardiesel, Billigimporte aus Nicht-EU-Ländern wie etwa Marokko und Ägypten oder um Brüsseler Auflagen für einen nachhaltigen Anbau. Sondern die Bauern sehen ihre Existenz auch durch eine Jahrhundertdürre bedroht. Am schlimmsten trifft der Regenmangel die spanische Mittelmeerküste in den Regionen Katalonien und Andalusien. Dort sind viele Talsperren leer, die Felder vertrocknen. Die Landwirte fordern deswegen Hilfen sowie Investitionen in Wasserspeicher, Kanäle und Entsalzungsanlagen.

Das ist die schlimmste Dürre, die jemals registriert wurde. Seit drei Jahren hat es schon nicht mehr ausreichend geregnet.

Pere Aragonès,  regionaler Regierungschef Kataloniens

„Das ist die schlimmste Dürre, die jemals registriert wurde“, sagte am Donnerstag nach einer Krisensitzung Pere Aragonès, der regionale Regierungschef Kataloniens. „Seit drei Jahren hat es schon nicht mehr ausreichend geregnet.“ Die Talsperren der Region seien nur noch zu 15 Prozent gefüllt. Er kündigte an, dass deswegen in einem Großteil Kataloniens einschließlich der Regionalhauptstadt Barcelona der Wassernotstand ausgerufen werden muss.

Damit treten für sechs Millionen Menschen Einschränkungen in Kraft. Am meisten bekommen dies die Bauern zu spüren, die wegen der Beregnung ihrer Felder die größten Wasserverbraucher sind. Ihnen wird der Hahn zugedreht. Sie müssen jetzt mit 20 Prozent der bisherigen Wassermenge auskommen. Für die Landwirte hat dies dramatische Folgen. „Unsere Ernten werden verdorren“, warnt der örtliche Agrarverband. In der Region werden Äpfel, Tomaten, Zucchini und Wein angebaut.

Wasser für Touristen

Die katalanischen Bauern ärgert auch, dass sie viel sparen müssen, andere große Wasserverbraucher aber weniger. Etwa die Touristen, die demnächst wieder aus ganz Europa anreisen werden – Katalonien ist die meistbesuchte Ferienhochburg Spaniens. 2023 kamen 18 Millionen internationale Urlauber in die Mittelmeerregion. Die Feriengäste sollen die Krise möglichst nicht zu spüren bekommen. Die Hotelduschen werden zunächst weiter funktionieren. Lediglich bei den Pools soll gespart werden, sie dürfen nur noch mit Meerwasser gefüllt werden.

Spaniens Medien sprechen bereits von einem „Krieg ums Wasser“, der nicht nur in Katalonien die Gemüter erhitzt, sondern auch in der südspanischen Region Andalusien. In der andalusischen Hauptstadt Sevilla gingen am Donnerstag Tausende von Erdbeerbauern auf die Straße und warnten, dass die Dürre die Zukunft von Europas Beerengarten in Gefahr bringt. In Andalusien, in der Umgebung des Doñana-Nationalparks, liegt das größte europäische Anbaugebiet für Erdbeeren. Auch hier haben Herbst und Winter nicht die erhofften Regenfälle gebracht.

Ernteverluste durch Trockenheit

„Das ist die längste Dürrezeit, an die wir uns erinnern können“, sagt Jorge Forné, Geschäftsführer des landwirtschaftlichen Bewässerungsverbandes Corehu. Den Beerenbauern sei das Wasser bereits um 50 Prozent gekürzt worden – weitere Rationierungen sind wahrscheinlich. Die Krise sei nicht nur durch den Regenmangel verursacht worden, sondern auch durch schon lange bekannte Defizite in der Wasserinfrastruktur. Die Bauern beklagen, dass schon vor Jahrzehnten zugesagte neue Talsperren und Entsalzungsanlagen bis heute nicht gebaut wurden.

Die Sorge, dass sich die Bauernproteste in Spanien zu einer landesweiten Rebellion ausweiten, veranlasste die Regierung in Madrid zu einer schnellen Reaktion: Agrarminister Luis Planas versicherte eilends, dass kursierende Gerüchte über eine Streichung der Subvention für Agrardiesel falsch seien. Zudem beraumt er eine Krisensitzung mit den Bauernverbänden ein, auf der er vermutlich weitere Zusagen für Finanzhilfen und Investitionen machen wird.

Schon das vergangene Jahr war für Spaniens Bauern eine Katastrophe. Die bereits seit Monaten anhaltende Trockenheit verursachte in 2023 große Schäden: Beim Weinanbau betrugen die Ernteverluste rund 20 Prozent, bei den Zitrusfrüchten 40 und auf den Olivenplantagen mehr als 50 Prozent.