KonzertBlackbird over the Pond – Auftakt des Pond Eclectic Festivals mit José González

Konzert / Blackbird over the Pond – Auftakt des Pond Eclectic Festivals mit José González
Der 43-jährige Schwede mit argentinischen Wurzeln spielte ein hervorragendes Konzert Foto: Carl Neyroud/den Atelier

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Nach der Absage der Londoner Alternative-Rock-Band White Lies am Sonntag eröffnete der schwedische Singer-Songwriter José González am Montagabend den Reigen dieses gelungenen Mini-Festivals, welches das hauptstädtische Atelier ziemlich spontan in einer sehr cosy Location auf Kirchberg organisiert hat.

Zusammen mit einigen Gleichgesinnten steigen wir im Pfaffenthal aus dem Zug, nehmen wenig später die Seilbahn Richtung Kirchberg-Plateau und genießen dann erst mal für einige Augenblicke diesen wunderbar lauen Spätsommer-Abend. In der Ferne dreht das ansprechend beleuchtete Riesen-Karussell der „Schueberfouer“, Entschuldigung des „Fun um Glacis“, der Himmel ist blutrot getränkt. Dann geht’s weiter mit der Tram bis vor die Coque.

Hinter einer Gruppe ausländischer Studenten, die sich angeregt unterhalten und den sagenhaften Sonnenuntergang fotografieren, steigen wir die Treppen neben dem Sport-Komplex hoch und nehmen von weitem eine angenehme weibliche Stimme wahr, die über einen kleinen See sanft zu uns hinüberweht. Auch diesseits des Gewässers haben es sich Menschen, vermutlich ohne Eintrittskarte, gemütlich gemacht und lauschen dieser schönen, unverbrauchten Stimme zu spärlicher Gitarrenbegleitung.

Weitere fünf Minuten später stehen wir am Eingang des mit Girlanden und indirekter Baumbeleuchtung sehr hübsch hergerichteten Geländes vor und inmitten des Amphitheaters, das die gelungene Kulisse dieses Konzertabends darstellt. Alle Menschen sind gut gelaunt, zeigen ihre Impfpässe vor und die wenigen Ungeimpften warten auf das Ergebnis ihres Schnelltests. Im Innern müssen dann keine Masken mehr getragen werden und man kann sich unbeschwert mit seinen Freunden ein Gläschen gönnen. Auch die gut 20 Meter lange Schlange vor dem einzigen Imbiss-Stand wird ohne Murren hingenommen.

Der heimliche Star des Abends bleibt die Venue
Der heimliche Star des Abends bleibt die Venue Foto: Carl Neyroud/den Atelier

Das Publikum besteht aus einer interessanten Mischung von jungen und älteren Melomanen, die sichtlich froh und dankbar dafür sind, endlich wieder Live-Musik genießen zu dürfen. Die junge Luxemburgerin Hannah Ida, der die eingangs beschriebene hübsche Stimme gehört, wird mit höflichem Beifall bedacht, dann wird die Bühne in null Komma nichts umgebaut. Viel zu tun gibt’s nicht: Gitarre und Mini-Synthesizer des Supporting Acts raus, kleines Podium mit Stuhl, Mikroständer und einigen Effektpedalen des Hauptacts rein.

Der 43-jährige Schwede mit argentinischen Wurzeln spielt nach dieser kurzen Umbaupause ein hervorragendes Konzert. Sich selbst auf der Gitarre begleitend, trägt er seine gefühlvollen Songs vor und da er sehr subtile Gitarren-Pickings beherrscht und die strammeren Rhythmus-Passagen auch mal mit interessanten Effekten untermalt, tragen Gesang und Gitarren-Begleitung die Songs vollends, zumal auch der Sound, den die PA hergibt, einwandfrei ist.

Bekannte Stücke und eklektische Cover-Versionen

Die Zuschauer hören andächtig zu und kein lautes, respektloses Gequatsche stört die Performance, doch nach jedem Song brandet begeisterter Applaus auf. Der Musiker gibt sich, sehr konzentriert und scheinbar entrückt, seiner Kunst hin, redet selbst auch nicht viel, was aber nicht arrogant wirkt. Nach der Hälfte des anderthalbstündigen Sets erkundigt sich González nach der Stimmung im Publikum, beschreibt seinen eigenen Zustand als „very excited“ und legt dann gegen Ende in puncto Intensität noch einmal zu. Neben seinen bekannteren Stücken „Stay Alive“, „Crosses“ oder „Heartbeats“ gibt der Schwede nun einige wunderbare Cover-Versionen zum Besten: Paul McCartneys „Blackbird“, bei dem die Fans mitpfeifen, Nick Drakes „Cello Song“, bei dem einige den Cello-Part durch Summen übernehmen und ganz am Ende „Teardrops“ von Massive Attack. Stark!

Der heimliche Star des Abends bleibt dennoch die Location. Danke Atelier und danke auch Luka Heindrichs, der vor rund 10 Wochen am selben Ort in einer Nacht-und-Nebel-Aktion die erste größere musikalische Veranstaltung seit langem auf die Beine stellte, und das zu einem Zeitpunkt, als die Konzert-Branche völlig unterzugehen schien. Dieser Standort wird uns allen noch viel Freude bereiten.