EditorialAuch 25 Jahre nach dem Everest-Unglück geht das lebensbedrohliche Geschäft weiter 

Editorial / Auch 25 Jahre nach dem Everest-Unglück geht das lebensbedrohliche Geschäft weiter 
Achtung, lebensbedrohende Staugefahr: Ein Bild aus dem Jahr 2019 Foto: dpa/AP/Rizza Alee

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In den 1980ern begann er, der Wettlauf auf den höchsten Berg der Erde. Einen ersten echten Höhepunkt hatte der Rush auf den Mount Everest in den 90ern, als die Expeditionen kommerzialisiert wurden und somit auch weniger gut trainierten Bergsteigern das Erreichen des 8.848 Meter hohen Daches der Welt ermöglicht wurde. Heute vor 25 Jahren kam es dabei zum bis jetzt schwersten Unglück. Der Journalist Jon Krakauer sollte die Expedition für ein Magazin begleiten. 32 Menschen waren am Vortag zum Gipfelsturm aufgebrochen, ein Wetterumschwung brachte acht unter ihnen den Tod.    

Krakauer überlebte und fasste seine Erlebnisse im Buch „Into Thin Air“ zusammen, das auch verfilmt wurde. Zum ersten Mal wurden die dramatischen Auswüchse und Folgen der kommerziellen Everest-Expeditionen derart eindringlich geschildert. Die Diskussion darüber, warum man schlecht ausgebildeten und trainierten Abenteurern auf den Gipfel helfen soll, begann. 

25 Jahre später ist der Konsens zwar groß, das Ganze als lebensbedrohlichen Blödsinn, oder wie es Bergsteigerikone Reinhold Messner formuliert, als „Treffpunkt der modernen Juxgesellschaft“ abzustempeln, geändert hat sich freilich wenig. Nepal gehört zu den ärmsten Ländern der Welt und ist stark auf den Tourismus angewiesen. Von den insgesamt 28 Millionen Einwohnern arbeitet eine Million in der Tourismusbranche. 2019 besuchten 1,2 Millionen Menschen das Land. Die Regierung vergab 381 Lizenzen zur Everest-Besteigung. Elf Menschen kamen am Berg zu Tode. Da es keinen Leistungs- oder Qualifikationstest für die Gipfelstürmer gibt und das durch die klimatischen Bedingungen definierte Zeitfenster zum Aufstieg äußerst klein ist, sorgen die Bergtouristen regelmäßig für lebensbedrohliche Staus in der sogenannten Todeszone über 7.000 m.

Nachdem die Saison 2020 wegen Corona ausfallen musste, geht es nun weiter. 377 Lizenzen hat die Tourismusbehörde ausgestellt, nur vier weniger als im Rekordjahr 2019. Inzwischen gab es auch den ersten Corona-Fall im Basislager. Die Bergsteiger müssen sich übrigens an neue Gesetze halten, die allerdings nichts mit der Sicherheit oder der Pandemie zu tun haben. Vielmehr ist es nun verboten, Fotos oder Videos ohne Zustimmung der Tourismusbehörde zu veröffentlichen. Die Staus am Berg wird es also weiter geben, die erschreckenden Fotos davon allerdings nicht, zumindest, wenn es nach den Behörden geht. 

Ruhm, Anerkennung und auch Geld locken die Bergsteiger an den Everest. Diese Motive verdrängen mitunter den gesunden Menschenverstand. Dummheit und Selbstüberschätzung setzen sich durch, die Suche nach immer größeren Herausforderungen bzw. Nervenkitzel kommt hinzu. Fest steht, dass das Abenteuer Everest wie geschaffen ist für eine spätere Vermarktung. Und es kann sogar ein Sprungbrett für eine politische Karriere sein, wie im Falle des ersten Luxemburgers auf dem Gipfel, des viel zu früh verstorbenen Eugène Berger, der 1992 auf der Spitze des Mount Everest stand. Zwei Jahre später wurde er in die Chamber gewählt. 

Seit Edmund Hillary und Tenzing Norgay den Berg 1953 als erste Menschen überhaupt bezwangen, schafften es über 5.000 Bergsteiger auf den Gipfel, rund 300 überlebten das Abenteuer nicht. Viele der Leichen pflastern den Pfad, genau wie der von den Bergsteigern hinterlassene Müll. Sie dokumentieren die Auswüchse des Everest-Abenteuertourismus des letzten Vierteljahrhunderts. Dass sich daran in den nächsten 25 Jahren etwas ändert, ist freilich unwahrscheinlich.

d'MIM
11. Mai 2021 - 17.09

Nepal lebt zum Teil von diesem Geschäft

Lieser
11. Mai 2021 - 8.51

Wéieen accident? do sinn der bal all dag... à préciser dans titre