Interview„Alle Siege bleiben in guter Erinnerung“ – Dylan Pereira blickt auf seine bisher erfolgreichste Saison zurück

Interview / „Alle Siege bleiben in guter Erinnerung“ – Dylan Pereira blickt auf seine bisher erfolgreichste Saison zurück
In Ungarn feierte Dylan Pereira seinen zweiten Saisonsieg im Supercup, eine Woche zuvor stand er bereits in Österreich ganz oben auf dem Podium Archivbild: ATP

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Zwei Vizemeistertitel, zwei Siege im Porsche Supercup und sechs im Carrera Cup Deutschland: Dylan Pereira hat seine bisher erfolgreichste Saison im Motorsport abgeschlossen. Im Tageblatt-Interview blickt der 23-Jährige auf die Saison 2020 zurück.

Tageblatt: Zwei Vizemeistertitel, zwei Siege im Supercup und sechs im Carrera Cup. Sie haben Ihr bisher erfolgreichstes Jahr abgeschlossen. Wie lautet Ihr Fazit nach der vergangenen Saison?

Dylan Pereira: Grundsätzlich kann ich diese Saison größtenteils als Erfolg verbuchen. Die Einzelergebnisse haben fast alle gestimmt. Am Ende hat die Kirsche auf der Torte aber gefehlt. Leider wurde ich im Gesamtklassement zweimal Zweiter, obwohl die Möglichkeit auf den Meistertitel bestand. Ich versuche, Motivation aus den positiven Ergebnissen zu ziehen und aus meinen Fehlern zu lernen. Ich habe alles gegeben, leider hat es zum Meistertitel zweimal nicht gereicht. Zum Saisonende kam noch ein Negativerlebnis hinzu. Mein Teamchef Walter Lechner ist Anfang Dezember gestorben.

Sie haben seit vier Jahren mit Walter Lechner zusammengearbeitet und unter ihm Ihre bisher größten Erfolge gefeiert. Wie war Ihr Verhältnis zu ihm?

Er hat, bevor er Teamchef wurde, selbst Erfahrung als Pilot im Motorsport gesammelt. Deshalb konnte er sich immer in seine Fahrer hineinversetzen. Er hat immer dafür gesorgt, dass sich seine Schützlinge wohlgefühlt haben und bestmöglich performen konnten. Wenn einer seiner Fahrer gesagt hat, dass das Auto nicht funktioniert, hat er geantwortet: Okay, wir wechseln es. In einem anderen Team hätte man trotzdem irgendwie mit dem Wagen klarkommen müssen.
Er hat mir aber nicht nur fahrtechnisch weitergeholfen, sondern auch menschlich. Er hat mir beigebracht, wie man Sponsoren an Land zieht, wie man mit den Medien umgeht und wie man Verträge aushandelt.
In den vergangenen vier Jahren habe ich aber auch eine Freundschaft zu ihm aufgebaut. Da wir ständig unterwegs sind, war ich fast öfter bei ihm als zu Hause. So gesehen war er wie eine zweite Familie für mich.

Dass der Rennsport eine große Familie ist, wurde auch bei dem Unfall von Formel-1-Pilot Romain Grosjean klar. Sie haben ihm über die sozialen Medien gute Besserung gewünscht und waren auch selbst in Bahrain vor Ort …

Ich habe als Coach bei der „Porsche Middle East Challenge“ geholfen. Ich war an der Strecke und etwa 200 Meter vom Unfallort entfernt, als es passierte. Ich habe das Feuer aus der Entfernung gesehen. Plötzlich war alles sehr still, denn es hat sehr lange gedauert, bis er raus war. Wir waren alle froh, dass ihm nichts Schlimmeres passiert ist. Aber im Rennsport riskiert man immer sein Leben. Man fährt zwar immer gegeneinander, in einer solchen Situation ist der Zusammenhalt aber groß. Wie in einer großen Familie.

Zurück zum Saisonstart, der mit etwas Verspätung im Juli stattfand. Wie schwierig war es für Sie, ohne Training nach der längeren Pause wieder ins Cockpit zu steigen?

Während des Lockdowns hat Porsche virtuelle Rennen organisiert, diese trugen einen kleinen Teil zur Vorbereitung bei. Zudem habe ich mich per Videokonferenz zusammen mit Fitness- und Mentaltrainern vorbereitet. Wie man Auto fährt, vergisst man nicht so schnell. Nach zwei, drei Runden war das Gefühl für den Wagen schnell wieder da.

Sie standen im Supercup in den ersten drei Rennen immer auf dem Podium, davon zweimal ganz oben. Im Carrera Cup folgten sechs weitere Siege. Ragt eine Erinnerung besonders heraus?

Die Siege bleiben in guter Erinnerung. Besonders sticht allerdings das Carrera-Cup-Wochenende in Spielberg hervor. Es gab drei Rennen in zwei Tagen, die ich alle gewinnen konnte. Das ist bisher nicht vielen gelungen und bedeutet mir auch deshalb sehr viel.

Gibt es auch ein Rennen, das Sie vergessen möchten?

In Le Mans konnte ich nicht meine beste Performance zeigen. Im freien Training unterlief mir ein Fehler und ich beschädigte das Auto. Dies beeinflusste mein ganzes Wochenende, denn wir haben erst danach herausgefunden, woran es lag. Auch am Lausitzring war ich mit meiner Leistung nicht zufrieden. Es regnete und die Einstellung des Autos war nicht in Ordnung. Ich bin aber zuversichtlich, dass ich in Zukunft auch im Regen schneller bin.

Im Supercup saßen Sie noch im Cockpit von Lechner Racing, im Carrera Cup Deutschland gingen Sie für Förch Racing an den Start. Wie schwer war der Teamwechsel inmitten der Saison?

Ich habe den Teamchef und Ingenieur von Förch Racing bereits im Voraus gekannt, meinen Mechaniker allerdings nicht. Das war schon kompliziert, denn dem Mechaniker muss man vollstes Vertrauen schenken. Und dieses aufzubauen braucht Zeit. Der Start in Le Mans verlief noch nicht optimal, danach haben wir aber schnell eine gute Verbindung aufgebaut, sodass wir das folgende Rennen bereits gewinnen konnten.

In beiden Serien hat sich die Entscheidung bis ins letzte Rennen hinausgezögert. Wie sind Sie die beiden finalen Rennen angegangen?

Es gab einen Unterschied. Im Supercup lag ich in der Gesamtwertung vorne, im Carrera Cup lag ich zurück. Deshalb waren es zwei unterschiedliche Situationen. Grundsätzlich ändert sich aber auch in einem Entscheidungsrennen nicht viel, ich will immer gewinnen. Im Supercup war ich mir bereits im Voraus bewusst, dass ich mit meinem Auto in Monza nicht der Stärkste bin. Der Druck war schon groß. Ich habe bereits seit vier Jahren Mentaltraining, so lernt man, diesen aber zu kontrollieren. Im Voraus denkt man viel nach, sobald man ins Auto steigt, ist aber alles wie immer.
Im Carrera Cup war der Druck größer. Ich lag hinten und musste in den beiden letzten Rennen Erster werden, um rechnerisch überhaupt eine Chance zu haben. Das erste von beiden habe ich gewonnen, in dem zweiten war der Druck deshalb immer noch da. Dieser war aber nicht der Grund für meinen verpatzten Start … 

In beiden Situationen hieß Ihr Konkurrent Larry ten Voorde. Wie ist Ihr Verhältnis zu Ihrem Dauerrivalen?

Der gegenseitige Respekt ist groß. Wir kommen aus ähnlichen Verhältnissen. Deshalb ähneln sich unsere Wege im Rennsport. Wir hatten beide nicht von Anfang an das beste Material und mussten uns erst hochkämpfen, um das zu erreichen, was wir heute haben. Deshalb war es besonders hart, gegen ihn zu fahren.

Mit dem Erfolg ist auch der mediale Druck größer geworden. Sie waren vor jedem Rennen viel gefragt. Hat Sie das gestört?

Eigentlich nicht. Ich bin froh, dass sich die Medien immer mehr interessiert haben. Das vereinfacht mir auch die Sponsorensuche. Es ist, denke ich, aber auch eine gute Werbung für den Motorsport in Luxemburg, der mehr Unterstützung braucht. Hoffentlich trägt dies auch zur Motivation von zukünftigen Generationen bei.

Es war für Sie das erste Jahr, in dem Sie an der Spitze mitgefahren sind. Wie würden Sie Ihre Entwicklung über die vergangenen Jahre beschreiben?

Im Supercup gibt es nur wenige Rennen jedes Jahr und es ist nicht möglich, zu trainieren. Finanziell war es mir nie möglich, bereits vor der Saison viel zu üben. Deshalb hat es etwas länger gedauert, um alles zu lernen. Wo kann man ein paar Zehntel pro Runde gutmachen, wann ist es sinnvoll, zu attackieren, welche Manöver sind zu riskant? All diese Details musste ich erst über die letzten vier Jahre Schritt für Schritt lernen.

Wie sieht denn für Sie der nächste Schritt aus? Wie lauten Ihre Pläne für die kommende Saison?

Das ist zurzeit noch schwierig zu sagen. Entweder ich kann in einer anderen Kategorie starten oder ich fahre noch eine Saison im Supercup. Die Entscheidung ist noch nicht gefallen. In der WEC (World Endurance Championship) bin ich ein Rennen gefahren (8 Stunden von Bahrain). Ich würde mich freuen, irgendwann ganz in diese Kategorie einzusteigen.

Dylan Pereira beim Carrera-Cup-Finale in Oschersleben: Ein erster und ein zweiter Platz reichten nicht aus, um den Gesamtsieg perfekt zu machen
Dylan Pereira beim Carrera-Cup-Finale in Oschersleben: Ein erster und ein zweiter Platz reichten nicht aus, um den Gesamtsieg perfekt zu machen Archivbild: ATP