Vor 25 JahrenAls die Stones Luxemburg rockten

Vor 25 Jahren / Als die Stones Luxemburg rockten
Das Kirchberger Konzert war eines der letzten der Voodoo Lounge Tour  Foto: Editpress-Archiv

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Nie vorher und nie danach fand in Luxemburg ein Konzert mit 60.000 Zuschauern statt (offiziell 58.634). Es war das Highlight des Kulturjahres 1995: Die Voodoo Lounge Tour, bei der die Rolling Stones u.a. ihre „Sympathy for the devil“ ausdrückten, führte die damals schon als Rock-Opas qualifizierten lebendigen Mythen auf den Kirchberg, wo sie bei kühlem Wetter begeistert gefeiert wurden.     

Und Mick Jagger, Keith Richards, Ron Wood und Charlie Watts, die schon Jahre vorher mit der Ultimate-Tour ihre wirklich letzte Konzerttournee geben wollten und auch heute noch die Massen bei ihren Live-Gigs  bewegen, boten Luxemburg und seinem Publikum genau das, was es sich erwartet hatte.

Ein eigens planiertes und technisch aufgemotztes Gelände auf Kirchberg gab dem Konzert den nötigen Raum, allein das Wetter wollte nicht so recht mitspielen. An diesem 27. August 1995 regnete es den ganzen Tag über, es war kalt und grau; der Klimawandel hatte Westeuropa offensichtlich noch nicht erreicht, oder der damals noch katholischer geprägte Luxemburger Himmel wehrte sich gegen die rockigen Voodoo-Priester.

Nachdem die beiden Vorgruppen Big Country und Fronk versucht hatten, die durchnässten Zuschauer – viele von ihnen waren bereits seit dem frühen Nachmittag auf dem Gelände – aufzuwärmen, löste sich die Spannung gegen halb zehn und die Techniker ließen die geballte akustische, pyro- und lichttechnische Power der Band aller erlaubten Superlative frei. Hierfür hatten sich die ansonsten gern nörgelnden Luxemburger und viele Besucher aus den Grenzregionen an einem Sonntag ungewohnten Strapazen unterzogen, sich durch den Verkehr gequält, sich abtasten lassen, sich schwer beschuht durch morastiges Gelände vorgekämpft, lang und ausdauernd gestanden und die unbeweglich verharrende überdimensionale Kobra hinter der Bühne erwartungsvoll angestarrt. 

Immer noch keine Befriedigung

Das Tageblatt, das dem Konzert am Montag vier Seiten widmete und ihm in den Tagen und Wochen vorher viel Platz gab, schrieb vor 25 Jahren u.a. Folgendes: „Die Kultband der Sechziger, Siebziger, Achtziger und Neunziger, der Meilenstein in der Musikgeschichte, die Rocker schlechthin, die offiziellen Kammermusiker der Flower-Power-Generation, die Stimme der Jugendrevolte oder wie immer man die Musiker bezeichnen will, sind noch da, und das erfolgreicher denn je. 

Bei Nässe und Kälte harrte das Publikum am 27. August 1995 stundenlang aus
Bei Nässe und Kälte harrte das Publikum am 27. August 1995 stundenlang aus Foto: Editpress-Archiv

Sie sind keine schlechte Kopie ihrer selbst geworden, sie sind eben die Stones, und als solche haben sie das Recht, auch dreißig Jahre, nachdem „Satisfaction“ die US-Charts dominierte, immer noch nach Befriedigung zu schreien.“

Die Stones begnügten sich in Luxemburg nicht mit Interpretationen ihrer Klassiker, auch wenn sie reichlich Stücke im Programm hatten, die noch vor der Mondlandung entstanden sind. Auch neuere Stücke der Voodoo Lounge Tour hatte die Band im Gepäck. Ein besonders intensiver Moment im Programm war „Sympathy for the Devil“: Jagger tauchte als Voodoo-Zauberer, herausgeputzt mit viel Feuer und Rauch, aus dem Bühnenboden auf, überdimensionale Rock-Kollegen, die eigentlich längst verstorben waren, erhoben sich und machten bei dem teuflischen Zauber mit: „Pleased to meet you“. Das Stones-Konzert, davon waren viele 1995 überzeugt, hatte etwas bewegt – und das seien nicht nur Jaggers Hinterbacken gewesen. 

Besuch im „Didj“

Nach dem Konzert hatte zumindest Jagger noch nicht genug. Kurz vor 2 Uhr früh tauchte eine seiner Bodyguards in der Disco Didjeridoo auf, verlangte den Geschäftsführer zu sprechen und kündigte an: „Mr. Jagger will arrive in five minutes.“ Diese Gelegenheit hatten die Luxemburger Pressefotografen verpasst, von denen zumindest einer lange vor dem damaligen Intercontinental im Park gelauert hatte, um „Mr. Jagger“ beim Joggen zu erwischen. Dieser ließ sich allerdings nicht blicken. Vor dem Konzert besuchte er dafür Vianden und war wohl der bisher prominenteste Nutzer des Sesselliftes. Dem Vernehmen nach besuchte er zudem vor seiner Stippvisite im „Didj“ eine Privatparty in Gasperich. Wer Gastgeber war, wurde nicht bekannt. 

Unter dem Strich hatte Luxemburg das Riesenspektakel zum Kulturjahr 95 gut bewältigt. Die drei Tage Aufbau und 14 Stunden Abbau hatten sich gelohnt. Es gab zudem keine ernsthaften Verletzten, am schlimmsten traf es die Mitarbeiter des Catering-Service, die sich an nagelneuen Messern recht oft schnitten; eine Besucherin musste laut Angaben des medizinischen Dienstes mit einer LSD-Vergiftung behandelt werden; aber was ist das schon für ein Stones-Konzert …