Editorial„Geldpolitik ist Friedenspolitik“

Editorial / „Geldpolitik ist Friedenspolitik“
Verhandlungen auf Schloss Senningen Foto:Editpress/Alain Rischard

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Ein halbes Jahr später: Was als Desaster anfing, könnte den sozialen Frieden wieder stabilisieren – die Tripartite.

Das Erfolgsgeheimnis ist gar nicht mal so kompliziert: Sollen Verhandlungen gelingen, müssen Vertrauensräume geschaffen werden. Keine Leaks, keine Stimmungsmache, dafür aber harte Diskussionen. Was im Frühjahr schieflief, scheint dieses Mal zu klappen: Die Sozialpartner hielten sich bedeckt, verhandelten ergebnisoffen und nähern sich möglicherweise einem Kompromiss an. Der politische Tenor: Die Richtung stimmt, der Teufel steckt aber im Detail.

Da wären z.B. folgende Fragen: Werden die angekündigten Maßnahmen die Inflation tatsächlich drosseln? So, dass nur zwei weitere Indextranchen fällig werden? Oder könnten gar vier Tranchen durch eine weitere Verschlimmerung des Ukraine-Kriegs Realität werden? Und: Was passiert, wenn sich die wirtschaftliche Lage weiter verschlechtert – hält die Regierung am Koalitionsabkommen fest oder gibt sie sich mehr finanzpolitischen Spielraum? Auch hier: Die damit verbundene Diskussion ist keine neue. Liberale und Konservative wie DP und CSV wirtschaften traditionell eher sparsam, Progressive wie LSAP und Grüne profilieren sich wiederum durch eine flexiblere Finanzpolitik. Jüngstes Beispiel: die Debatte über die Staatsverschuldung.

Was nach Wahlkampf anmutet, bleibt die zeitlose Königsdisziplin der Politik: verantwortliches Haushalten mit genügend finanziellen Freiräumen. Während Premier Bettel frühzeitig politischen Instinkt bewies und den Vorwurf des „Sparfetischisten“ von sich wies, hinterfragten „déi gréng“ und die Sozialisten „budgetierten Dogmatismus“ sowie „ideologisch festgesetzte Grenzen“. Was abstrakt klingt, erwies sich in der Vergangenheit als politischer Sprengstoff: Man erinnere sich an die Schuldenkrise, die Europa in Atem hielt, aber auch an den „Zukunftspak“, der Luxemburgs soziale Kohäsion gefährdete. Der Grund: zu viel krisenbedingtes Sparen, zu viel finanzpolitischer Dogmatismus, eine zu ungerechte Umverteilung. Den gesunden Mittelweg zwischen Austerität und Schulden à gogo zu finden, bleibt eine kleine Kunst.

Dabei ist die staatstragende Aufgabe für Regierungschefs jeglicher Couleur die gleiche: das Wahren des sogenannten Triple A. Einfach ausgedrückt: Ohne den heiligen Gral der Finanzmärkte wächst die politische Sorge um nachlassendes Wirtschaftswachstum und sinkende Staatseinnahmen. Was heißt das aber realpolitisch? Einerseits erlaubt das Triple A Regierungen eine strengere Sparpolitik mit Segen der Ratingagentur, andererseits müsste Luxemburg ohne Triple A vermutlich beim Sozialstaat schmerzliche Zugeständnisse machen. Und dennoch: Die finanzpolitischen Meinungen externer Dienstleister müssen Gegenstand politischer Debatten sein. Denn der finanzielle Spielraum existiert – Luxemburg liegt im Vergleich zu anderen Triple-A-Staaten wie Deutschland oder den Niederlanden weit unter dem Schuldendurchschnitt.

Wie und was die Regierung langfristig aber entscheiden wird, kann nach derzeitigem Wissensstand nur schwer beurteilt werden. Noch sind zu wenige Fakten rund um das neue Maßnahmenpaket bekannt, noch ist offen, was an der Basis bei Parteien, Gewerkschaften und Unternehmensvertretern passiert. Woran aber niemand Interesse haben dürfte: die durch die Pandemie befeuerte gesellschaftliche Radikalisierung fortzusetzen. Dafür braucht es aber finanzpolitischen Mut. Oder mit den Worten eines NZZ-Journalisten: „Geldpolitik ist Friedenspolitik.“

Ferd
25. September 2022 - 9.42

"Geldpolitik ist Wahlpolitik".

lupus-canis
23. September 2022 - 8.06

ët ass esou wéi wanns de Peng am Läif hues, an da verschreiwt den Dokter dër eng SchloofPëll