LibanonFreiwillige helfen nach der Katastrophe in Beirut – da der Staat nicht funktioniert

Libanon / Freiwillige helfen nach der Katastrophe in Beirut – da der Staat nicht funktioniert
Ganze Straßenzüge in Beirut sind mit Glassplittern übersät  Foto: AFP/Joseph Eid

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Normalerweise treffen sich die Menschen im Beiruter Stadtteil Mar Michail zum Feiern. Nach den verheerenden Explosionen sind sie gekommen, um mit anzupacken. Mit Besen und Schaufeln befreien sie die Straßen der libanesischen Hauptstadt von Schutt und Glas. Viele würden am liebsten auch die politische Klasse komplett mit wegfegen.

Melissa Fadlallah ist eine von ihnen. Die 42-Jährige trägt Mundschutz und Plastikhandschuhe. Wütend wirft sie eine große Glasscherbe gegen die Tür des staatlichen Stromversorgers. „Wenn wir einen richtigen Staat hätten, wäre der jetzt hier zum Aufräumen“, sagt sie zornig. Das bei Einheimischen und Touristen beliebte Ausgehviertel Mar Michail mit seinen vielen Bars und Galerien liegt nur wenige hundert Meter entfernt vom Hafen, in dem sich am Dienstag die verheerenden Explosionen ereignet hatten. Die Wucht der Detonation sprengte Fenster und Türen aus den Fassaden und ließ Dächer einstürzen. Ein paar Mitarbeiter des Zivilschutzes untersuchen die Ruinen. Doch die große Mehrheit der Helfer in Mar Michail sind Freiwillige.

Bereits im vergangenen Jahr waren viele Libanesen auf die Straße gegangen, um gegen Korruption und Inkompetenz der Regierung zu protestieren. Die Katastrophe vom Dienstag gibt der Wut auf den Staat nun neue Nahrung. „Wir haben neun Monate lang versucht, dieses Land in Ordnung zu bringen. Jetzt werden wir es auf unsere Weise machen“, sagt Fadlallah. In kleinen Gruppen ziehen die freiwilligen Aufräumtrupps durch die Straßen und sammeln den Schutt in Plastiksäcken. Andere wagen sich in die Treppenhäuser der zerstörten Gebäude und bieten den Bewohnern Unterschlupf in ihren eigenen Wohnungen an. „Wir schicken Leute zu Älteren und Behinderten“, sagt Husam Abu Nasr, ein 30 Jahre alter Freiwilliger. „Wir haben keinen Staat, der sich darum kümmert. Deshalb nehmen wir die Sache selbst in die Hand.“

Städte im ganzen Land haben angeboten, obdachlos gewordene Familien aus Beirut aufzunehmen. Der Patriarch der maronitisch-katholischen Kirche kündigte an, Klöster und Schulen als Unterkünfte zur Verfügung zu stellen. Mehr als 300.000 Menschen haben durch die Explosion ihr Zuhause verloren.

Enttäuscht von der Regierung

Auch für Verpflegung sorgen die freiwilligen Helfer: Auf Gartentischen stapeln sich Wasserflaschen und belegte Brote. „Ich kann nicht beim Schleppen helfen, deshalb haben wir Essen, Wasser, Schokolade und moralische Unterstützung mitgebracht“, sagt die 26 Jahre alte Rita Fersli. „Jeder sollte jetzt hier sein und helfen, vor allem die jungen Leute. Schon ein Lächeln hilft.“ Auch Handwerker bieten über Online-Plattformen ihre Hilfe an und erklären sich bereit, billig oder sogar kostenlos Türen und Fenster zu reparieren. Abdo Amer, Inhaber der Firma Curtain Glass, ist einer von ihnen. „Ich hatte schon mehr als 7.000 Anrufe heute, ich komme gar nicht hinterher“, erzählt er.

Das Unglück setzt ihm besonders zu – er ist nur knapp davongekommen. „Drei Minuten vor der Explosion bin ich am Hafen vorbeigefahren“, berichtet der 37-Jährige. Auch Amer ist von der Regierung enttäuscht. „Sie glauben doch nicht, dass der Staat die Arbeit erledigen wird“, sagt er. „Die sollen einfach zurücktreten und abhauen.“

Die Freiwilligen machen die Regierung verantwortlich für die mehr als 130 Toten der Katastrophe, weil sie die explosiven Chemikalien jahrelang nicht aus dem Hafen räumen ließ. „Die sitzen in ihren klimatisieren Büros, während sich die Leute auf der Straße abmühen“, sagt Mohammed Sudschur, während er die Straße fegt. „Das Letzte, worum sie sich kümmern, sind die Menschen in diesem Land.“ Der 30-Jährige ist sich sicher, dass die Protestbewegung vom Oktober wieder aufleben wird. „Mehr können wir nicht ertragen“, sagt er. „Das ganze System muss verschwinden.“ (AFP)

Rosie
8. August 2020 - 21.32

Der explosive Dreck wurde 2013 beschlagnahmt und das Schiff ist auch noch immer da, 300 Meter weg an einem Quai, wo es 2016 gesunken ist und da liegt es noch immer. Das Parlament besteht nur aus Leuten die an einen alten Mann über den Wolken glauben. Wie wir hier gelernt haben, taugen die nichts. maronitische Christen 34 von 128 Sitzen, schiitische Muslime 27, sunnitische Muslime 27, Griechisch-Orthodoxe 14, Drusen 8, Rum-melkitische Katholiken 8, armenisch-apostolische Orthodoxe 5, Alawiten (Nusairier) 2, armenische Katholiken 1, Protestanten 1, Minderheiten 1