Kämpfe um syrische Grenzstädte nach türkischem Vormarsch

Kämpfe um syrische Grenzstädte nach türkischem Vormarsch
 Foto: Bakr ALKASEM / AFP

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Das türkische Militär rückt in Nordsyrien schrittweise vor. Die Kurdenmilizen schlagen zurück. Vor allem zwei Grenzstädte sind heftig umkämpft. Aktivisten melden Dutzende tote Zivilisten.

Die türkische Armee und verbündete syrische Rebellen liefern sich fünf Tage nach Beginn ihres Angriffs in Nordsyrien erbitterte Gefechte mit der Kurdenmiliz YPG. Im Fokus der Kämpfe standen am Sonntag die Grenzstädte Ras al-Ain und Tall Abjad, die bislang zum Herrschaftsgebiet der von der YPG angeführten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) gehören. Ras al-Ain liegt direkt an der türkischen Grenze entlang einer wichtigen Versorgungsroute zwischen Tall Abjad im Westen und der Stadt Kamischli im Osten.

Die SDF hätten die meisten Stadtteile von Ras al-Ain nach einem Gegenangriff zurückerobert, teilte die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan sagte dagegen am Sonntag, das Zentrum der Stadt sei unter türkischer Kontrolle. Der TV-Sender CNN Türk berichtete, türkische Truppen suchten in Ras al-Ain nach Verstecken kurdischer Kämpfer.

Schwere Gefechte

In Tall Abjad lieferten sich die kurdischen Milizen schwere Gefechte mit pro-türkischen Rebellen, wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtete. Die Rebellen hätten Teile des Zentrums eingenommen. Zuvor hatte das türkische Militär die Stadt mit Artillerie beschossen. Rauchwolken stiegen aus Tall Abjad auf, wie auf Bildern bei CNN Türk zu sehen war. Am Sonntag schlugen auch wieder Mörsergranaten aus Syrien in türkischen Grenzstädten ein, wie die Nachrichtenagentur DHA berichtete. Eine Person sei verletzt worden.

Die Türkei hatte am Mittwoch mit Unterstützung der Rebellengruppe Syrische Nationale Armee eine lang geplante Offensive gegen die YPG begonnen und dabei mehrere syrische Orte entlang der gemeinsamen Grenze angegriffen. Ankara betrachtet die YPG als Ableger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und damit als Terrororganisation.

Humanitäre Krise

Seit Beginn der Offensive am Mittwoch wurden nach Zählungen der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in London mindestens 52 Zivilisten getötet. Die Aktivisten erklärten zudem am Sonntag, dass seitdem mehr als 100 Kämpfer in Reihen der SDF und mehr als 70 Kämpfer der mit der Türkei verbündeten Milizen sowie acht türkische Soldaten ums Leben gekommen seien.

Nach Angaben des türkischen Verteidigungsministeriums wurden dagegen lediglich zwei Soldaten bei dem Militäreinsatz getötet. Auch sonst weichen die Angaben stark ab: Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan sagte am Sonntag, 440 YPG-Kämpfer seien getötet, 26 verletzt und 24 Gefangen genommen worden. Zudem seien 18 türkische Staatsbürger getötet und 147 weitere verletzt worden.

Die humanitäre Lage in dem Gebiet verschärfte sich unterdessen weiter. Das UN-Nothilfeprogramm Ocha berichtete, schätzungsweise 130 000 Menschen seien seit Beginn der Kämpfe vertrieben worden. Im Ort Al-Hassaka, in den die Mehrzahl der Menschen geflüchtet sei, habe sich die Wasserversorgung dramatisch verschlechtert. Davon seien etwa 400.000 Menschen betroffen.