Kriminelle freuen sich auf Fußball-WM

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Von unserem Korrespondenten Axel Eichholz

Die russische Unterwelt hält für internationale Fußballfans eine Überraschung bereit. Sie hat falsche Geldautomaten vorbereitet, um die Daten der Kreditkarten abzulesen. Dann wird eine Kopie gemacht – und anderswo abgehoben.

Auflagen über der Tastatur eines Geldautomaten, die vom Kunden eingegebene Daten mit dem geheimen PIN-Code statt an ein internationales Kartensystem an Betrüger weiterleiten, sind an sich nichts Neues. Nun hat die russische Unterwelt für die kommende Fußball-WM eine Überraschung vorbereitet. Ihre falschen Bankautomaten sehen absolut echt aus.

Eigentlich sind sie es auch. Für umgerechnet 1.500 Euro bekommt man auf dem schwarzen Markt ein gebrauchtes Gerät. Der Banknotenbehälter wird entfernt. Dorthin wird eine Kamera eingebaut, die die Geheimzahl fotografiert. An dieser Stelle wird der Kunde wahrheitsgetreu informiert, das Gerät sei außer Betrieb. Er solle seine Karte wieder mitnehmen. Sie wird tatsächlich nicht mehr gebraucht.

Kundschaft sind WM-Besucher

Der Mafia-Bankomat hat bereits alle nötigen Angaben, um eine Kartenkopie anzufertigen. Bares wird damit andernorts, vorzugsweise außerhalb Russlands, abgehoben. Der Kartenbesitzer hat dann kaum eine Chance, das gestohlene Geld zurückzubekommen. Er weiß ja nicht einmal, von wem er es fordern soll. Die Betrüger sind nicht zu fassen. Ihre Zentralen befinden sich meist in Strafanstalten, sind vor einem Zugriff sicher und somit faktisch unter dem Schutz des Staates.

Russen, die sich mit der einheimischen Bankeninfrastruktur auskennen, fallen nur selten auf diesen Trick hinein. Sie benutzen in der Regel immer ein und dieselben Bankautomaten. Wenn irgendwo plötzlich ein neuer auftaucht, gehen sie lieber weg. Als Kundschaft hat die Mafia internationale Fußballfans angepeilt.

Die falschen Geldautomaten bieten bereitwillig englischen Text an, damit sich der Besucher nicht mit kyrillischen Buchstaben abquälen muss. Die Fußball-WM wird in der Zeit vom 14. Juni bis 15. Juli in Moskau, St. Petersburg, Nischni Nowgorod, Kaliningrad (Königsberg), Kasan, Jekaterinburg, Saransk, Samara, Wolgograd, Rostow am Don und Sotschi ausgetragen. Die Mafia hat alle Hände voll zu tun. Sie scheut aber keine Arbeit.

Nicht mal am Kreml ist man sicher

Falsche Geldautomaten wurden bereits in den internationalen Moskauer Flughäfen Scheremetjewo und Domodjedowo und in großen Supermärkten sichergestellt, darunter sogar im unterirdischen Einkaufszentrum Ochotny Rjad am Kreml. Dort wurde der Mafia-Automat erst nach zwei Monaten von der Polizei entdeckt. Seine Besitzer wurden nie bekannt.

Oft werde eine renommierte Bank als der angebliche Inhaber angegeben, sagte Andrej Gaiko, der Abteilungsleiter für Datenschutz von Digital Security, der Tageszeitung Kommersant. Das einzige Indiz, das auf den wahren Ursprung des Gerätes hinweise, sei die Tatsache, dass es niemals Geld auszahle.

Die russische Zentralbank empfiehlt, nur Geldautomaten zu benutzen, die sich in staatlichen Einrichtungen, in großen Handelszentren und Hotels befinden. Aber auch dort habe man keine hundertprozentige Sicherheitsgarantie, meinte Gaiko. Einen Ausweg sieht er allein darin, dass die WM-Besucher nur von Geldautomaten in den Niederlassungen der Banken Gebrauch machen. Wie soll man aber ausnahmslos alle WM-Gäste darüber informieren und erreichen, dass sie es auch beherzigen?