Mathematik reduziert Wartezeiten beim Arzt

Mathematik reduziert Wartezeiten beim Arzt
Foto: dpa

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Ein Professor hat gleich zwei Methoden errechnet, die seiner Meinung nach die Wartezeiten von Patienten deutlich reduzieren könnten.

Pünktlich beim Arzt angekommen – und dann sitzt man eine halbe Stunde und länger im Wartezimmer. Das ist wohl jedem schon passiert. Ein Professor hat nun ausgerechnet, wie Ärzte die Zeit im Wartezimmer besser managen können.

Von unserer Korrespondentin Barbara Barkhausen

Deutsche gehen im Durchschnitt 18 Mal pro Jahr zum Arzt. Schweizer sitzen dagegen nur viermal pro Jahr im Wartezimmer, während der Durchschnitt in der OECD bei sieben Arztbesuchen liegt. Trotz fester Termine sitzen viele dieser Patienten oft eine halbe Stunde und länger im Wartezimmer.

Ein Forscher zeigt nun, wie Mathematik die Wartezeiten reduzieren könnte. Kenneth Klassen, ein Professor für Betriebsmanagement an der kanadischen Brock-Universität, diskutierte das Thema, das ganz offensichtlich in vielen Ländern zu genervten Patienten führt, mit einem australischen Radiosender. Schon als Kind sei ihm die Problematik aufgefallen, berichtete Klassen dem Sender ABC.

Tagesablauf ist unvorhersehbar

Als er später dann im Bereich Organisationsmanagement promoviert habe, habe er das Thema als Forschungsgebiet ausgewählt. Arzttermine sind länderübergreifend unpünktlich, fand er dabei heraus. Der Grund: Jeder Patient bringt ein unterschiedliches, schwer absehbares Wehwehchen mit sich. „Ich verstehe die Frustration der Ärzte, weil jeder Patient anders ist und jeder Tag so anders aussieht“, sagte er.

„Einige Tage laufen reibungslos. An anderen Tagen haben sie vielleicht zu Beginn des Tages einen wichtigen Patienten mit ernsthaften Problemen, und das wirft dann den ganzen Tag durcheinander.“ Vorhersehen ließe sich der Tagesablauf eines Arztes nicht, und genau das mache die Planung so schwierig.

Entspannung folgt auf Stress

Doch Klassen hat Abhilfe geschaffen. Der Mathematik sei Dank hat der Professor gleich zwei Methoden errechnet, die seiner Meinung nach die Wartezeiten der Patienten deutlich reduzieren könnten: Bei der ersten Methode bündelt der Arzt Termine zu Beginn seiner Sprechstunde ein wenig enger zusammen, um selbst nicht herumzustehen und zu warten, falls Patienten zu spät sind oder erst gar nicht erscheinen.

Später am Tag werden die Termine dagegen etwas weiter auseinandergelegt und somit die Wartezeiten der Patienten verkürzt. „Wenn der Arzt pünktlich nach Hause gehen will, muss er sie am Ende aber wieder enger zusammenlegen“, sagte Klassen.

Zweiter Ansatz funktioniert besser

Der zweite Ansatz bringt Termine in Clustern von zwei oder drei zusammen, während die Cluster selbst weiter voneinander entfernt sind. Über den Tag verteilt werden die Termine innerhalb der Cluster enger zusammengelegt, während die Abstände zwischen den Clustern zunehmen. Diese Methode führt dazu, dass die Ärzte beschäftigt bleiben, während die Abstände zwischen den Clustern Wartezeiten für Patienten verringern.

„Mit dieser Methode können Termine am frühen Morgen abwechselnd fünf und 15 Minuten auseinanderliegen“, schreibt der Kanadier im akademischen Medium The Conversation. „Spätere Buchungen können zwischen null und 20 Minuten abweichen.“ Null bedeutet, dass zwei Patienten zur gleichen Zeit einbestellt werden.

Die Computersimulation der kanadischen Universität zeigte, dass die Clustering-Methode (Methode 2) besser funktioniert, als Termine am Anfang des Tages zu bündeln (Methode 1). Sie fördert die Produktivität des Arztes und reduziert zugleich die Wartezeit der Patienten. „Aber der andere Ansatz funktioniert fast genauso gut“, sagte Klassen. „Manche Arztpraxen bevorzugen möglicherweise ein einfacheres Muster.“