Forscher ahmen Fotosynthese nach

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Von unserer Korrespondentin Elke Bunge

Die Erde erhält jeden Tag von der Sonne ein Vielfaches der Energie, die sie braucht. Diese Sonnenenergie muss allerdings erst noch geerntet werden. Die Natur macht dies bereits seit hunderten Millionen Jahren mittels der Fotosynthese. Forscher weltweit arbeiten derzeit an Ansätzen, die Natur zu kopieren.

Einer dieser Ansätze kommt aus dem Bereich der DNA-Nanotechnologie. Diese ist, so die Fachleute, eine Kombination von Chemie und Architektur. Sie besteht jedoch aus Baumaterialien, die 50.000 Mal dünner sind als ein menschliches Haar. Die Desoxyribonukleinsäure (DNA) wird oft als „Baustein des Lebens“ bezeichnet, weil in ihr alle genetischen Grundlagen der Lebewesen verankert sind.

Im technologischen Sinne kommt dem Synonym nun neue Bedeutung zu. Durch die strukturierte Anordnung von Farbstoffpigmenten an ein DNA-Gerüst haben ein Team von Wissenschaftlern unter der Leitung des „Massachusetts Institute of Technology“ (MIT) in Cambridge ein lichtsammelndes Material entwickelt, welches den natürlichen fotosynthetischen Prozess nachahmt. Ihre Ergebnisse stellen die Wissenschaftler aktuell in der Fachzeitschrift Nature Materials vor.

Pflanzenfarben sind Kern der Energiegewinnung

„Wir waren fasziniert von der Idee, die Natur zu nutzen, um künstliche Systeme und Geräte zu bauen, die zukünftig für Gesundheits- und Energieanwendungen nützlich sein können“, so das Team. Über Milliarden von Jahren haben Pflanzen, aber auch fotosynthetische Bakterien, effiziente zelluläre Strukturen entwickelt, um aus der Sonne Energie zu gewinnen.

Im sogenannten Reaktionszentrum der Pflanzen oder Bakterien wird dabei aus der Kraft der Sonne chemische Energie gewonnen. Diese Zentren bestehen im Wesentlichen aus Pigmentmolekülen, dem Blattgrün Chlorophyll bei Pflanzen und Bakteriochlorophyll bei den Bakterien. An ein Proteingerüst gebunden, sind diese Farbstoffe der Kern der Energiegewinnung.

Basis für Quantencomputer

Das Besondere in der Welt der Pflanzen und dieser Bakterien ist ihre Effizienz: Die Ausbeute, aus Sonnenlicht Energie zu gewinnen, liegt bei mehr als 95 Prozent, die Reaktionszeit beträgt 100 Pikosekunden (eine Pikosekunde ist ein Billionstel einer Sekunde). Hier und in der Miniaturisierung sehen die Forscher den Anreiz. „Dieser genaue Blick auf die Maschinerie der Natur kann zu einem besseren Verständnis der Mechanismen beitragen, wie die Natur Sonnenenergie einfängt und wie diese zur Verbesserung zukünftiger Solarenergietechnologien genutzt werden kann“, kommentiert Hao Yan, Co-Autor der Studie vom Institut für Biodesign der Universität Arizona.

Allerdings sind die Proteine, die die Pigmente nahe beieinander halten, bislang im Labor schwer zu synthetisieren, deshalb wichen die Forscher auf DNA-Gerüste aus. „Mit diesen Ergebnissen ist es erstmals gelungen, eine natürliche lichtsammelnde Schaltung nachzuahmen. Diese besteht aus dicht gepackten Clustern von Farbstoffen, die räumlich exakt im Nanometer-Maßstab angeordnet sind, so wie wir sie in bakteriellen Systemen finden“, sagt Autor Mark Bathe vom MIT.

Die Forscher hoffen, so einen wesentlich effizienteren Weg zu finden, um Sonnenenergie zu erfassen und zu übertragen, als dies heute bei Solarzellen möglich ist. Denn hier liegt der Wirkungsgrad der derzeit verwandten Zellen um oder unter 25 Prozent. Das Team sieht diese neuartigen Systeme zukünftig in Materialien wie Glas oder Textil, aber auch als Basis für Quantencomputer.

Zur Autorin:

Von Hause aus Physikochemikerin, promovierte Elke Bunge in Berlin als Schering-Stipendiatin auf dem Gebiet der Nano- und Wafertechnologie (Rastertunnelmikroskopie an Einkristalloberflächen) mit Forschungsaufenthalten an der Universität Liverpool und eingeladenen Vorträgen zu ihren Forschungsarbeiten u.a. in Wales, Madrid, Cambridge, und Los Angeles. Im Anschluss folgte eine mehrjährige Mitarbeit als rechte Hand der Forschungsleitung bei Atotech, einer Tochter der französischen TOTAL. Seit 2000 verschrieb sie sich der Öffentlichkeitsarbeit im Bereich Wissenschaft und Forschung für Forschungseinrichtungen sowie in der freien Wirtschaft. Ihre jahrelangen Erfahrungen auf dem Gebiet Forschung und Entwicklung und die Freude, komplizierte wissenschaftliche Zusammenhänge für ein breites Publikum verständlich zu machen, brachten sie dazu, seit 2008 als Autorin auf dem Gebiet Wissenschafts-, Technik- und Umweltjournalismus zu publizieren.