Jackpot für die französischen Parteien

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Es ist ein Jackpot, einen Geldregen, der von Dienstag an auf die Parteien und Gruppierungen in der französischen Nationalversammlung niedergeht. Frankreich finanziert seine Politik großzügig. Pro Wähler erhalten sie 1,42 Euro und jede Fraktion erhält pro Mitglied und pro Jahr 37.700 Euro, um sich zu finanzieren. Voraussetzung: Eine Partei muss in mindestens 50 Wahlkreisen vertreten gewesen sein und mindestens ein Prozent der Wählerstimmen erreicht haben. Diese Regelung hat Folgen: in Frankreich gibt es derzeit über 400 Parteien.

Die Veränderung der politischen Landschaft in Frankreich mit der Aufspaltung der politischen Parteien, hat ihre Gewinner und ihre Verlierer. Zu den Gewinnern gehört die Bewegung „En marche!“ (Vorwärts). Für die 6,4 Millionen Stimmen erhält die Bewegung, die vor einem Jahr noch unbekannt war, für die Dauer der Legislaturperiode von fünf Jahren 45,4 Millionen Euro. Hinzu kommen 11,6 Millionen Euro jährlich für die 308 Abgeordneten; die ihr in der Nationalversammlung die absolute Mehrheit geben.

Auch Rückerstattung für Le Pen

Gewinner des Systems ist auch der Staatspräsident selbst. Da weder die Bewegung noch der Präsident selbst in früheren Mandaten aufgetreten waren, gab es keine Spardose, aus der heraus Wahlkampfkosten hätten bezahlt werden können. Emmanuel Macron, selbst ehemaliger Investmentbanker während zwei Jahre, nahm einen Kredit in Höhe von 8,2 Millionen Euro auf, um seinen Wahlkampf zu finanzieren und unterzog sich dafür auch einem Persönlichkeitstest. Nach seiner Wahl zahlt der Staat die Wahlkampfkosten. Die Kandidatin des rechtsextremen Front National fand in Frankreich keine Finanzierung. Parteigründer Jean Marie Le Pen lieh seiner Tochter und Spitzenkandidatin neun Millionen Euro. Da Frankreichs Banken den Front National nicht finanzieren wollten, lieh Marine Le Pen sich den Rest bei russischen Banken. Auch sie wird mit einer Erstattung der Wahlkampfkosten rechnen können.

In der Nationalversammlung in Paris residieren derzeit acht Fraktionen und zahlreiche unabhängige Abgeordnete. Staatspräsident Macron hat Erfolg gehabt mit seiner Politik der Zerstörung der traditionellen politischen Parteien. Die Spaltung  der konservativen Republikaner ist möglich, weil jede der beiden Gruppen mindestens 15 Abgeordnete zählt, und sich so als Fraktion konstituieren kann ohne ein finanzielles Risiko einzugehen.

Bayrou hat gut lachen

Zu den Gewinnern zählt auch das Zentrum mit der „Modem“ Partei, die nicht mehr existent war. Der vielfache Ex-Präsidentschaftskandidat François Bayrou hatte Emmanuel Macron unterstützt, als er erkannte, dass er der Mann der Zukunft war. Die Unterstützung hatte er sich mit 52 Wahlkreisen bezahlen lassen, von denen Modem 42 gewann. Die 932.227 Stimmen tragen dem wieder auferstandenen Zentrum in den kommenden fünf Jahren 1,32 Millionen pro Jahr ein. Zusammen mit den 7,92 Millionen pro Abgeordneten, kann das unter finanziellen Schwierigkeiten leidende Zentrum sich nun finanziell regenerieren.  Das Zentrum befindet sich in einem Ermittlungsverfahren wegen vermuteter fiktiver Arbeitsverhältnisse im Europaparlament.

Zu den Verlierern gehören die traditionellen Parteien. Die konservativen Republikaner sind von 200 auf 113 Abgeordnete abgestürzt, die sich nun in Pro-Macronisten und harte Opposition gespalten haben. Die Partei verliert mit 39,75 Millionen Euro die Hälfte der Dotationen.

Sozialisten verlieren 80 Prozent

Den eigentlichen Krach aber erleben die Sozialisten. Unter François Hollande 2012 mit 280 Abgeordneten in die Nationalversammlung eingezogen, sind sie jetzt nur noch 39. Summiert man die Verluste bei Wählern und Abgeordneten, häuft sich ein Minus der Staatsfinanzierung von 90,35 Millionen. Die Sozialisten verlieren über 80 Prozent ihrer Finanzierung. Die Folge: Die Partei wird in Marseille ihren Immobilienbesitz für drei Millionen Euro verkaufen. In Paris verdichten sich Gerüchte, dass der Hauptsitz der Partei in der rue Solferino zu verkaufen sei. Das 3.000 Quadratmeter große Palais soll 50 Millionen Euro kosten. Bitter dürfte der Absturz der Sozialisten allerdings für die Mitarbeiter werden. Auf die über 100 Angestellten der Partei soll ein Sozialplan zukommen. Im Gegensatz dazu sucht „En marche!“ ein Gebäude und Mitarbeiter.