Todesfalle Mittelmeer

Todesfalle Mittelmeer
(AFP)

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"Das Mittelmeer wird zum Massengrab" titelte das Tageblatt am Donnerstag dieser Woche. Das Hauptaugenmerk der Außenpolitiker liegt zurzeit zwar eher auf Problemen wie den Bürgerkriegen in der Ukraine oder in Syrien und Irak.

Doch in Afrika läuft ein Drama ab, das vom menschlichen Leid her diesen Kriegen in keiner Weise nachsteht. Millionen von Afrikanern sehen in ihrem Dasein in ihrer Heimat definitiv keinen Sinn mehr.

Die allumfassende Armut und eine totale Perspektivlosigkeit führen dazu, dass eine rasch wachsende Zahl von Menschen bereit ist, ihr Leben zu riskieren, um der Hoffnungslosigkeit zu entrinnen. Durch Satellitenfernsehen wird den Fluchtkandidaten vorgegaukelt, dass Europa das Land ist, wo Milch und Honig fließen, und wo man selbst als Arbeitsloser im Vergleich zum Dasein in einem afrikanischen Elendsviertel in Saus und Braus leben kann.

Es ist erschreckend, zu sehen, wie diese Leute das wenige mühsam zusammengekratzte Geld, das sie besitzen, an mafiöse Schleuserbanden übergeben, nur um im Gegenzug in absolut seeuntüchtigen Nussschalen über das Mittelmeer gebracht zu werden.

Keine Aussicht auf Besserung

Man sollte nicht vergessen, dass das Mittelmeer, selbst wenn es gegenüber Atlantik oder Pazifik winzig erscheint, absolut tückische Wetterlagen aufweisen kann, die sich für ein überladenes Fischerboot innerhalb von wenigen Minuten als fatal erweisen können.

Doch was tun? Eines ist klar: Man löst die Probleme der Dritten Welt nicht, indem man die Dritte Welt nach Europa holt. Die meisten dieser Flüchtlinge verfügen über keinerlei „marketable skills“ und sind damit auf Anhieb dazu verdammt, auch in Europa ihr Dasein am alleruntersten Ende der sozialen Hackordnung zu fristen. Der in unserer ach so hochzivilisierten Gesellschaft weit verbreitete Rassismus trägt ein Übriges dazu bei, dass sich diese Leute hier sobald nicht wie zu Hause fühlen werden.

Man muss also die Lage in Afrika selbst verbessern, damit diese Menschen von vornherein nicht auf die Idee kommen, ihr Heil in der Emigration zu suchen. Diese Einsicht ist Jahrzehnte alt. Nur hat bisher noch keiner herausgefunden, wie das praktisch bewerkstelligt werden sollte.

Afrika ist ein potenziell sehr reicher Kontinent, doch leider lässt in den meisten dieser Länder eine bis auf die Knochen korrupte „Elite“ den größten Teil dieses Reichtums in den eigenen Taschen verschwinden.

Für die große Mehrheit der Bevölkerung bleibt, auch ein gutes halbes Jahrhundert nach der Entkolonialisierung, oft nur die Aussicht auf ein Leben, das gelebt zu werden sich nicht lohnt.

Und während man Bürgerkriege etwa auf militärischem Wege zu einem Ende bringen kann, so ist für die afrikanische Elendskrise keinerlei Lösung in Sicht. Afrika droht für einen Großteil seiner Bewohner definitiv zum Kontinent der Hoffnungslosigkeit zu werden.

Francis Wagner