Die Zauberlehrlinge

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Wenn „Black Adder“ (dargestellt von Rowan Atkinson) sich mal wieder besonders schlau dünkt, reibt er die Hände und sagt mit verschwörerischem Grinsen: „I have a cunning plan.“ Daran unmittelbar und notwendigerweise anschließend nimmt das Desaster „du jour“ seinen unvermeidlichen Lauf.

Ähnlich geht es immer wieder jenen Politikern, die „too smart for their own good“ – also schlauer als es ihre Intelligenz erlaubt – sein wollen.

Francis Wagner fwagner@tageblatt.lu

Unsere amerikanischen Freunde heckten einst den really „cunning plan“ aus, afghanische Obskurantisten als „Freedom Fighter“ gegen die gottlosen Sowjets zu fördern. Viel zu spät merkten sie, welche Nattern sie da an ihrem Busen genährt hatten. Doch sie sollten in diesem Ressort nicht die einzigen bleiben.

Die ich rief, die Geister, ich werd sie nicht mehr los: In der London Review of Books vom 3. April vollzieht Peter Neumann nach, wie der syrische Despot Baschar al-Assad wiederholt überschlau sein wollte, indem er die zerstörerischen Energien der in seinem eigenen Lande heranwachsenden Islamisten-Szene auf die Feinde seines Regimes im benachbarten Ausland umlenken wollte.

Der Fluch der bösen Tat

Syrien wurde dergestalt zum Haupteinfallstor jener Dschihadisten, die im Irak erst gegen das sunnitische Regime Saddam Husseins agierten und später alles daransetzten, die amerikanischen Besatzer wieder aus dem Lande hinauszubomben. Wobei sie tatsächlich ja etliches Geschick an den Tag zu legen wussten.

Resultat von Baschars „cunning plan“: Ganze Heerscharen von salafistischen Schlachtergesellen lernten im Irak, wie man Sprengfallen baut, Hinterhalte legt, Hälse abschneidet und was das Berufsbild des obskurantistischen Mordbuben darüber hinaus heute noch so verlangt. Und dann kehrten sie nach Syrien zurück, um mit selbstmörderischer Kraft die Hand zu beißen, die sie einst fütterte.

Doch ein Studium der Ophthalmologie schützt offensichtlich vor Blindheit nicht: Nach seinem Reinfall im Irak versuchte Assad, die nur unzulänglich beanspruchten kreativen Energien „seiner“ Bärtigen auf den Libanon umzulenken: Der Wille und die Fähigkeit, im Levantestaat mörderischen Mist zu bauen, ist ja nun eine der ganz wenigen Kompetenzen, die niemand – und schon gar nicht seine eingefleischtesten Gegner – diesem Despotenclan jemals ernsthaft abstreiten wollte. Und, bingo: einmal mehr trug der „cunning plan“ im Wesentlichen dazu bei, den Todfeinden des Regimes im eigenen Lande Auftrieb zu geben.

Doch auch im Westen gab es schon ähnliche „too clever by half“ Zauberlehrlinge: Etwa jene Linkspolitiker, welche die Umtriebe der extremistischen Rechten billigend in Kauf nahmen, um die demokratische Rechte nach rechts zu treiben und den dergestalt freiwerdenden Platz in der Mitte besetzen zu können. Auch hier hat sich der Fluch der bösen Tat noch längst nicht zu Ende gerächt …