„Hirnlose Gewalt“

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Am Dienstag wurde der Prozess wegen Totschlagversuch gegen die beiden zur Tatzeit, am 30. Juni 2011, 18-jährigen Z. und L. vor der von Prosper Klein präsidierten Kriminalkammer fortgesetzt.

Die von Jean-Paul Frising vertretene Staatsanwaltschaft wirft ihnen versuchten Totschlag an einem damals 51-Jährigen vor, den sie zwei Tage vorher zufällig kennengelernt hatten.

Anfangs der Sitzung am Dienstag gab ein Ermittler der Spurensuche Einblicke in die Untersuchung des Tatortes, an dem kein frisch Erbrochenes gefunden worden war, wie der Beschuldigte Z. angab – wohl um im Nachhinein Mitgefühl vorzutäuschen, wie der Vorsitzende befürchtete. Beide Angeklagten waren blutbefleckt, wiesen selbst aber keine Wunden auf.

Der beschuldigte Z. wies am Dienstag auf eine Stelle am Tatort hin, wo er sich erbrochen habe, die zufällig nicht fotografiert worden war. Jean-Paul Frising wies den Beschuldigten auf zwei seiner Aussagen hin, er habe sich dort erbrochen, wo er seine Jacke ausgezogen habe, und diese Stelle sei ausgiebig fotografiert worden. Die Rechtsmedizinerin Dr. Bellmann, die das Opfer untersucht hatte, sprach von schweren Blutergüssen in doppelter Striemenform mit offenen Wunden, die durch das Kabel verursacht worden waren. Der Rücken des Opfers war mit Schürfwunden und Blutergüssen übersäht, das Gesicht blau-rot gefärbt. Die Serie von Rippenbrüchen könnte von Fußtritten stammen.

Der Vorsitzende wollte wissen, ob sich die massive Gewaltanwendung über mehrere Minuten hingezogen habe, was die Gutachterin bestätigte. Die Zeugin sprach von sehr starken Schmerzen, denen das Opfer während und nach der Tat ausgesetzt gewesen sei.

Entrüstung

Dann trat der Vater des beschuldigten L. in den Zeugenstand, um seine Entrüstung über die Tat seines Sohnes zu bekunden. Er führte die Tat auf die zerrütteten Verhältnisse zurück, die nach seiner Scheidung von der Mutter des Jungen geherrscht hätten. Er habe sich lange nicht darum gekümmert, wolle das aber wieder gutmachen, so der Zeuge, der von Verbesserungen im Benehmen seines Sohnes sprach.

Die beiden Angeklagten wurden dann vor den Vorsitzenden zitiert, der wissen wollte, warum sie derart „hirnlos“ auf ein wehrloses Opfer eingedrescht hätten, das darüber hinaus kein Geld bei sich gehabt habe. Die Antworten zeugten von selektiver Amnesie, die bei hemmungslosen Gewalttätern zu grassieren scheint. Beiläufig entschuldigten sie sich, was Prosper Klein aber als Gewissenserleichterung abtat.

Der Vorsitzende bedauerte, dass sie nicht von ihrem Opfer abgelassen hätten, als sie merkten, dass bei ihm nichts zu holen sei. Er bezeugte ihnen, enormes Glück gehabt zu haben, dass der herzschwache Mann während der hemmungslosen Aggression keinem tödlichen Infarkt erlegen sei, ansonsten hätten sie lebenslange Haft riskiert.

Der Verteidiger von L., Me Philippe Stroesser, wies auf das junge Alter und das eintragsfreie Strafregister seines Klienten zur Tatzeit hin. Außerdem sei die Initiative zur Tat von Z. ausgegangen. Wenn auch ohne Erfolg, so habe L. mehrmals den Abbruch der Tat angeregt.

Am Mittwoch (01.10.14) wird der Prozess voraussichtlich abgeschlossen.