„Aus mit Europa“

„Aus mit Europa“
(Yoan Valat)

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Frankreich ist im Krieg. Staatspräsident Hollande sucht seine Partner auf Staatsebene. Premier Manuel Valls macht Stimmung vor der ausländischen Presse.

Die Sprache hat sich verändert in Frankreich. Seit der Aussage von Staatspräsident François Hollande, dass Frankreich sich im Krieg befindet, wird das Wort Krieg so häufig benutzt, wie vorher das Wort Krise. Und während Staatspräsident Francois Hollande durch die Welt reist, um die Mächtigen von einer Kriegs-Allianz gegen den Islamischen Staat zu überzeugen, macht im Inland Premierminister Manuel Valls Stimmung.

Die Strategie ist dabei klar. So wie im Finanzbereich die wichtigsten Korrespondenten empfangen wurden, um sie von der Ernsthaftigkeit der Defitit-Reduzierung zu überzeugen, ging Manuel Valls auf die ausländische Presse zu, um die französische Position nach den Attentaten des 13. November mit nun 130 Toten zu präzisieren. Die Grundaussage: Frankreich verlangt eine strikte Kontrolle der Außengrenzen und eine Begrenzung der Aufnahme von Flüchtlingen. Europa soll sagen, dass es reicht.

Grenzen schließen

„Wenn wir das nicht machen, dann werden die Völker sagen, ‚Es reicht‘. Dann ist es Aus mit Europa. Der französische Premierminister ist ein Mann der deutlichen Sprache, hat das Image des Machers und gilt als der Mann, der sagt und tut, was Staatspräsident Hollande nur denkt, aber nicht sagt. Der französische Druck auf Deutschland wächst. Manuel Valls sagte in Richtung der deutschen Kanzlerin Angelas Merkel, dass er es nicht gewesen sei, der „Willkommen“ gesagt habe. Es gelte nun, andere Lösungen zu finden.

Nach Ansicht Frankreichs müssten die Flüchtlinge in Nachbarländern von Syrien untergebracht werden. Da zwei der Terroristen über Griechenland aus Syrien eigereist waren, ist das Flüchtlingsthema in Frankreich tabu. Frankreich hat ein Kontingent von 30.000 zugesagt. Zum Vergleich: In Deutschland haben sich 900.000 registrieren lassen. Ganz Europa wirft mittlerweile der deutschen Kanzlerin ihre Asylpolitik vor. Frankreich hat dabei noch ein besonderes Problem: Es stehen Regionalwahlen vor der Tür. Die rechtspopulistische Formation Front National macht Stimmung gegen alles, was nach Ausländern aussieht und will die Grenzen schließen.

„Asymetrischer Krieg“

Frankreichs Politiker aber stehen statt einer klaren Kontra-Politik hypnotisiert wie das Kaninchen vor der Schlange und wissen nicht, wie sie mit der Bewegung umgehen sollen. „Wir befinden uns in einem Krieg,“ wird Valls nicht müde, zu betonen. Es ist kein klassischer Krieg mit klaren Fronten. Es ist ein so genannter „asymetrischer Krieg“, in dem Feind zwar benannt ist, aber kleine Truppe im herkömmlichen Sinne hat. Valls hat das gegenüber dem deutschen Wirtschaftsminister Siegmar Gabriel gesagt, als der mit Frau und Kind zum Besuch seines Kollegen Emmanuel Macron nach Paris kam, Blumen an der Musikhalle Bataclan niederlegte und dann überraschend von Staatspräsident Hollande und Premier Valls empfangen wurde.

Frankreich wirbt um Deutschland als Gefährten in dieser Auseinandersetzung. In Deutschland aber hat in der französischen Deutlichkeit bisher nur Staatspräsident Gauck geredet, der das Wort Krieg am Volkstrauertag in den Mund nahm. Die französische Situation mit dem 13. November ist vergleichbar mit der amerikanischen des 11. September. Frankreich ist, wie die USA damals, ins Mark getroffen. Frankreich will, wie die USA damals, Krieg führen um den Terroristen zu zeigen, dass es sich nicht besiegen lässt.

Valls fordert

Die französische Situation mit dem 13. November ist vergleichbar mit der amerikanischen des 11. September. Frankreich ist, wie die USA damals, ins Mark getroffen. Frankreich will, wie die USA damals, Krieg führen um den Terroristen zu zeigen, dass es sich nicht besiegen lässt. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel ist in derselben Situation wie einst Gerhard Schröder. Der hatte klar und deutlich nach Washington verkündet, dass es keine deutschen Soldaten im Irak geben werde. Angela Merkel hatte in einer ersten Reaktion gesagt, dass Deutschland an der Seite Frankreichs stünde und volle Unterstützung gewähren würde. Aber sie wird sicher nicht die erste Kanzlerin nach dem zweiten Weltkrieg sein, die deutsche Soldaten in einen Kampfeinsatz schickt.

Als solche wird sie nicht in die Geschichte eingehen wollen. Nur kann sie das so deutlich ihren „französischen Freunden“ nicht sagen. Deutschland hat überdies bereits über 2.000 Soldaten weltweit in UN Missionen eingesetzt. das ist in Frankreich wenig bekannt. Valls will Deutschland hingegen überzeugen, droht auch ein wenig und weist darauf hin, dass Deutschland, wie auch Italien, nicht vor ähnlichen Anschlägen gesichert seien. Deutschland hat sich bereit erklärt, 670 Soldaten nach Mali zu schicken, um die Franzosen dort zu entlasten. „Wenn der französische Staatspräsident uns bittet, ihm zu helfen, werden wir darüber nachdenken“, sagt die deutsche Kanzlerin.

Sie gibt gleichzeitig zu, dass man DAESH bekämpfen müsse, verkleidet ihr „Nein“ zu Kampfeinsätzen deutscher Soldaten aber diplomatisch. Die deutsche Bevölkerung hat sich in einer Umfrage zu 52 Prozent gegen einen Kampfensatz von Soldaten ausgesprochen. Und: Auch Angela Merkel hat ein Wahljahr vor sich. Sie spielt in der Flüchtligsfrage bereits mit ihrer Wiederwahl. Einen Kriegseinsatz deutscher Soldaten in Syrien wird sie nicht vertreten können.

Anders als Francois Hollande, der die Medien und die französische Bevökerung mit Ausnahmezustand und Krieg gegen DAESH hinter sich weiß. Aus dieser Position heraus fordert er vor Journalisten über die Entlastung in Afrika hinaus von Deutschland Solidarität ein. Deutlicher kann der Graben zwischen Deutschland und Frankreich derzeit nicht werden.

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