Gestraffte Demokratie

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Präsident Emmanuel Macron hat Großes vor mit seinem fünfjährigen Mandat an der Spitze des Staates und mit Frankreich. Welcher andere Ort als Schloss Versailles konnte einen besseren Rahmen abgeben für die großen Ankündigungen, die er der Republik, ihren Politikern und ihren Bewohnern machen wollte? Zwar vermied Macron am Montag allzu viele Details über seine Absichten, doch seine institutionellen Reformvorschläge haben es auch so in sich. Um ein Drittel soll die Zahl der Abgeordneten in der „Assemblée nationale“ reduziert werden, idem für den Senat, Frankreichs zweite Kammer. Der Präsident will den legislativen Prozess beschleunigen. Gesetzesprojekte könnten gleich in den Parlamentsausschüssen verabschiedet werden.

Frankreichs traditionelle Politikerkaste glänzt seit Jahren nicht gerade durch Transparenz, Aufrichtigkeit gegenüber dem Wähler und Bescheidenheit im Umgang mit öffentlichen Geldern, wenn es um das persönliche Wohlbefinden geht. Dass der neue Herr im Elysée-Palast ihr nun einen Schlag verpasst, Auswüchse zurückschneiden will, dürfte zweifelsohne auf Zustimmung breiter Wählerkreise stoßen. Endlich bringt jemand die Courage auf, den Politikbetrieb gehörig aufzumischen.

Alles gut demnach? Ist die Parlamentsmaschine in Frankreich zu verschwenderisch, wegen ihrer Größe zu behäbig, zum Selbstbedienungsladen für politische Karrieristen geworden? Kann sein. Die von Macron gewünschte Abmagerungskur allein als innerfranzösische Angelegenheit abzutun, wäre dennoch zu einfach. Ähnliches könnten Zeitgenossen auch von Luxemburgs gesetzgebender Institution, der Chamber, behaupten. Denn die sogenannte Politikverdrossenheit, ja sogar der Hass, der Politikern insbesondere in den sozialen Medien bisweilen entgegenschlägt, hat auch in Luxemburg bisher nicht gekannte Ausmaße angenommen. Nicht wenige wünschen sich, zumindest verbal, radikale Einschnitte im Politikbetrieb.

Macron nun will die legislative Arbeit effizienter gestalten, die Prozeduren entschlacken, die Entscheidungswege verkürzen, „lean“, schlankes, Management wie in der Privatindustrie. Bloß, dass das Verfassen von Gesetzesprojekten und deren Verabschiedung Entscheidungen einer anderen Qualität sind als solche über das nächste Spülmaschinen-Modell oder die Zahnbürste der neuen Generation. Gesetze regeln das Zusammenleben in der Gesellschaft, betreffen alle ihre Mitglieder. Parlamentsbeschlüsse richten sich nicht nur an den einen oder anderen „Kundenkreis“. Also sollten möglichst viele Bürger in den Entscheidungsprozess eingebunden werden, und sei es über ihre gewählten Vertreter.
„Effizientere“ Parlamentsarbeit bedeutet jedoch gestraffte Diskussionsphasen, reduzierte Beratung mit außerparlamentarischen Akteuren wie etwa Gewerkschaften, Patronatsvertretern, Nichtregierungsorganisationen und anderen. Wird deren Mitspracherecht begrenzt, setzen sich in fine die besseren, weil finanzstärkeren Lobbys durch.

Mit seinen Vorschlägen sägt Frankreichs Präsident an der parlamentarischen Demokratie. Gleichzeitig stärkt er die Exekutive, die Regierung, und damit das Präsidentenamt. Eine Entwicklung, die unter anderen Voraussetzungen bereits in anderen EU-Mitgliedsländern zu beobachten ist. Auch wenn man Macron nur beste Absichten unterstellen mag, sollte man angesichts des Tempos und der Tiefe seiner geplanten Reformen der gesetzgebenden Prozesse skeptisch bleiben. Paris ist nicht weit. Und Luxemburgs politische Elite hat schon immer einen besonderen Blick auf die „Grande Nation“ geworfen.

Vert solitaire
5. Juli 2017 - 13.01

De franséischen President Putron, schéngt sain russeschen Amtskolleg als grousst Viirbild ze gesin and dierft demnaechst dann och en "KGB" opsetzen fir seng Zieler ze erreechen. Di naechst franséisch Revolutioun steet virun der Dir. 1789 ass nëtt mi wait (2017, Mount August, den néngten Daag!).

Jean Bodry
5. Juli 2017 - 12.01

Wann den Emmanuel Macron gären Keeser vun Frankräich geet! Muss hien déi demokratescht gewielten Ëmwelt esou weit wéi méiglech ofbauen! Déi stéieren de Keeser bäi sengen Entscheedungen!!

Marius
5. Juli 2017 - 9.29

Das verkündete Reformprogramm von gestern, kommt daher aus wie ein laues Lüftchen und steht in keinem Verhältnis, mit den während Macrons Wahlkampf angekündigten Massnahmen zur Rettung der grande Nation. Dem Herrn Philipp, mit seiner stoischen Fassade mangelt es an konkreter Ausstrahlung von Lebensfreude und Kommunikationsfähigkeit. Also der falsche Mann an der richtigen Stelle. Investitionen von 50 Milliarden aus der Druckerpresse, denn Frankreich ist die meisten EU Staaten Pleite, Senkung der Unternehmersteuer und Abbau der Staatsschulden durch Inflation und neue Schulden. Einige andere Reförmchen wurden angekündigt für 2022. Von nationaler Sicherheit, Migration und Integration kein einziges Wort. Eine "déjà vu" Ankündigung, wie sie von vorhergehenden Regierungen praktiziert wurde. Frankreichs nächste Revolution könnte im Chaos enden. Darauf sollten sich die "citoyens" schon mal einstellen.

MartaM
5. Juli 2017 - 8.42

Gestraffte Demokratie eher gelinde gesagt.Durch die Hintertür wird die Demokratie langsam abgeschafft, immer mehr wird der Bürger, der Arbeitnehmer seiner Rechte enthoben.Hand in Hand stärken Deutschland, Frankreich, der Lobbyistenverein EU die neoliberalen Kräfte. Die Politiker als Marionetten des kapitalistischen Systems ,unter dem Vorwand von Wirtschaftskrisen, oft selber , bewusst verschuldet, schaffen langsam die sozialen Errugenschaften ab.Viele Bürger, Arbeitnehmer verblendet durch den Konsum beklatschen ihre Totengräber noch.