Krankenversicherung in Luxemburg: ein Armutszeugnis

Krankenversicherung in Luxemburg: ein Armutszeugnis

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Der Jahresbericht der Vereinigung „Médecins du Monde“ liest sich wie ein Armutszeugnis. In ihm wird die Zahl der Personen, die sich von der Organisation behandeln lassen und gesundheitliche Erstversorgung erhalten, aufgelistet. Dahinter verbergen sich Schicksale von Menschen, die unsichtbar sind. Meistens.

Sie sind unsichtbar, weil sie ohne Papiere in Luxemburg leben, zum überwiegenden Teil keinen festen Wohnsitz haben und unterhalb der Armutsgrenze leben. 784 sind es 2017. So viele Menschen haben die Dienste der Hilfsorganisation in dem Jahr in Anspruch genommen, darunter sind 79 Personen aus Esch/Alzette, wo die NGO eine Niederlassung hat. 2.144 Behandlungen stehen dahinter. Das heißt, jeder der Patienten war mindestens dreimal in einer der drei Praxen von „Médecins du Monde“. Mit 70 Prozent aller Behandelten suchen die meisten die Niederlassungen in Luxemburg-Stadt auf. Sie kommen zu der Organisation, weil sie nicht krankenversichert sind und entweder auf der Straße oder bei anderen Familien oder in einer staatlichen Einrichtung leben. Die Wenigsten, nur 13 Prozent, haben nach Angaben der Hilfsorganisation eine eigene Wohnung.

97 Fachleute aus den Bereichen Medizin und Psychologie sowie Sozialarbeiter gewährleisten die unentgeltliche Betreuung zu den Sprechzeiten, die in Esch im „Centre médical“ in der rue d’Audun donnerstags zwischen 10.00 und 12.00 Uhr stattfindet. 605 Besuche waren es dort im Jahr 2017.

„Ich wusste nicht, dass so viele Menschen nicht krankenversichert sind“

Vielen der freiwilligen Mitarbeiter wird es am Anfang ähnlich ergangen sein wie Jean-Claude. „Ich wusste nicht, dass so viele Menschen nicht krankenversichert sind“, sagt der „Accueillant social“ in einem Zitat im Geschäftsbericht. Ähnliches erzählt auch Alain Schaeffer, einer der freiwilligen Ärzte der Hilfsorganisation, im Imagefilm der NGO. „Dass so viele Menschen in prekären Verhältnissen in einem reichen Land wie Luxemburg leben, hat mich am meisten geschockt“, sagt er vor laufender Kamera.

Deshalb ist die Versorgung und Begleitung derer, die zu den „Médecins du Monde“ kommen auch nur das eine. Das andere sind Forderungen an die Politik, um die Verhältnisse zu ändern. Sie werden angesichts stetig steigender Patientenzahlen, ein Ende ist nicht abzusehen, immer notwendiger. 2015, im Jahr der Gründung der Niederlassung der weltweit agierenden NGO in Luxemburg, waren es 227 Patienten, ein Jahr später bereits 620 und 2017 mit 784 Patienten mehr als das Dreifache der Nachfrage im Gründungsjahr.

Die Hilfsorganisation schreibt das dem Fakt zu, dass ihr Angebot nun bekannter ist. Hinzu kommt, dass auch immer mehr Menschen mit CNS-Karte am Ende des Monats die Kosten für den Arzt nicht mehr vorstrecken können. „Die Armut in Luxemburg steigt“, sagt Marc Gerges, Vizepräsident der NGO.

Die Forderungen der NGO

Die erste und wichtigste Forderung ist die, den Zugang für Menschen zu erleichtern, die ohne festen Wohnsitz im Großherzogtum leben. Andere europäische Länder sind da weiter. In Frankreich beispielsweise springt die „Aide médicale de l’Etat“ (AME) für Personen ein, die sich seit drei Monaten ununterbrochen auf französischem Staatsgebiet aufhalten. So wird es im Jahresbericht der NGO zitiert. In Belgien ist es die „Aide médicale urgente“ (AMU), die für Personen ohne Papiere oder Asylbewerber einspringt.

Eine weitere wichtige Forderung der NGO ist die nach einer besseren Ausstattung der Sozialämter, um die Anträge sozial schwacher Personen auf Kostenübernahme ärztlicher Leistungen zu beschleunigen, sowie die generelle Kostenübernahme für diese Menschen im Falle eines Arztbesuches. Dieser Personenkreis muss bislang einen Antrag auf Kostenübernahme stellen. Luxemburg gehört neben Belgien, Frankreich und Schweden zu den vier Ländern der 28 EU-Mitgliedstaaten, in denen der Patient ärztliche Leistungen vorfinanzieren muss.

Dazu hatte es zuletzt erst im Februar dieses Jahres eine öffentliche Aussprache in der Chamber gegeben. Grund war der Erfolg der Petition Nr. 922, die in kürzester Zeit die erforderliche Zahl an Unterschriften zusammenbrachte, um damit die Ohren der Politik zu erreichen. Darin fordert die Petitionärin, eine frisch gebackene Mutter aus Luxemburg, die Einführung der Kostenübernahme durch die Krankenkassen bei ärztlichen Leistungen hier im Land. Getan hat sich – auch wegen des Widerstands der Ärztevereinigung – bisher nichts. Last but not least fordert die Hilfsorganisation einen kostenfreien Zugang für Kinder, die in Luxemburg leben, zur ärztlichen Versorgung, vor allem zu den Vorsorgeimpfungen.

Kay
21. Mai 2018 - 22.16

Das erinnert mich an die sonnigen Zeiten, als die CSV sich in christlicher Selbstauflösung noch um jedes Schäfchen gekümmert hat. Nicht...

Theo
16. Mai 2018 - 18.22

Ier ee Geld ausgëtt, muss een et fir d'éischt verdéngen.

SM
16. Mai 2018 - 16.18

Hinsichtlich Armutsbekämpfung in Luxemburg geschieht von der Gambia-Regierung so gut wie gar nichts! Die Gambia-Regierung sonnt sich lieber in Wachstums- und Investitionsrekorden als etwas Nachhaltiges gegen die Prekarität im Lande zu unternehmen!

robespierre
16. Mai 2018 - 14.44

Schrecklech Zoustänn!!! dat ass also Luxusbuerg. Amplaatz sech den scheinen Männchen machen an op Fotoen ze grinsen oder Galadinner ze veranstalten,sollten eis Politker emol hai eppes machen.Mais alles emmer scheinschwetzen,doran sin se gudd. Dat hai ass e gudden Artikel,,well d'Leit mussen sech wieren..soss geht dat d'Baach an.