Jeunesse Esch: Vor 50 Jahren gelang Guy Allamano ein „Hattrick“ im UEFA-Pokal

Jeunesse Esch: Vor 50 Jahren gelang Guy Allamano ein „Hattrick“ im UEFA-Pokal

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Es ist fast 50 Jahre her, dass die Jeunesse im UEFA-Pokal ein weiteres Kapitel Luxemburger Fußball-Geschichte schrieb. Mittendrin, statt nur dabei: Guy Allamano.

Von Guy van Hulle

Am 18. September 1969 traf die Jeunesse auf dem Galgenberg im UEFA-Pokal auf die Nordiren vom FC Coleraine. Esch siegte mit 3:2 und es war der damals erst zwanzigjährige Rechtsaußen Guy Allamano, der dem Spiel seinen Stempel aufdrückte. Die Gäste führten zur Pause mit 1:0, doch mit drei Treffern drehte Allamano das Spiel quasi im Alleingang. Zwar kein lupenreiner Hattrick, denn die drei Treffer wurden vom 2:2 der Nordiren „unterbrochen“, doch immerhin ein Dreierpack mit Seltenheitswert für Luxemburg auf internationalem Parkett. Das Tageblatt blickte mit Allamano auf den denkwürdigen Tag zurück.

Tageblatt: Welche Erinnerungen haben Sie an das Spiel gegen Coleraine?

Guy Allamano: Als wir zur Halbzeit 0:1 zurücklagen, forderte unser französischer Trainer Gilbert Legrand uns auf, doch endlich mal aufs Tor zu schießen. Zumal wir mit Daniel Drouet und Pit Langer gleich zwei schussgewaltige „Kanoniere“ in unseren Reihen hatten und der Ball auf dem nassen Rasen schnell Fahrt aufnahm. Gesagt, getan. Ich merkte gleich nach dem Tee, dass der nordirische Keeper Mühe hatte, den glitschigen Ball festzuhalten und war demzufolge dann auch gleich zur Stelle, um abzustauben. Dem Ausgleich ließ ich noch zwei weitere Tore auf ähnliche Weise folgen, sogar eins per Kopf, wobei ich jedes Mal die von den Nordiren schlecht abgewehrten Bälle nach Schüssen aus der zweiten Reihe verwertete.

Die Zahl der Spieler mit einem Dreierpack in nur einer Spielhälfte im Europapokal dürfte nicht allzu groß sein, einmal abgesehen von Zlatan Ibrahimovic und natürlich dem Niederkorner Vic Nürenberg, der 1956 für Nice drei Tore nach dem Wechsel gegen Real Madrid erzielte. Eine fürwahr erstaunliche Parallele in einem Abstand von gerade mal 13 Jahren, oder?

Ich bin mir bewusst, dass dies auch heute noch Seltenheitswert hat. Es war ein Highlight in meiner 18-jährigen Fußballer-Karriere bei der Jeunesse. Dem Verein, dem ich immer treu blieb und mit dem ich sieben Mal Meister wurde und dreimal das „Doublé“ holte. Im Rückspiel gegen die hart einsteigenden, aber dennoch fairen Nordiren hatten wir dann „näischt ze radetten“ und verloren 0:4. Dass der Unparteiische O’Neill hieß, hatte übrigens nichts mit der Niederlage zu tun, auch er blieb „fair-play“.

Drei Tore im Europapokal, weckte das keine Begehrlichkeiten bei anderen Vereinen?

Ich spielte noch weitere zehn Jahre bei der Jeunesse und ließ mich auch nicht von Pokalsieger Hautcharage abwerben, gegen den wir vorher im Pokalendspiel 1:4 verloren hatten. Bei meinen Mitspielern beeindruckten mich Norbert Reiland – ein Klassespieler mit viel Technik und Übersicht – sowie Jeannot Schaul und Keeper René Hoffmann am meisten. Da ich noch jung und leichtfüßig war, setzten mir überharte Verteidiger wie zum Beispiel der bartlose „Eisenfuß“ oder etwa der Bonneweger „Gummi“ schwer zu. Noch schlimmer war es, als mir ein Spieler vom Escher Lokalrivalen abseits vom Spielgeschehen im Vorbeigehen mit voller Absicht einen Kopfstoß verpasste und mir dabei das Nasenbein brach …

Wie war Ihre Reaktion?

Ich versuchte trotz allem, immer fair zu bleiben – zu fair, wie manche meinten.

Gab es damals im Luxemburger Fußball Geld zu verdienen? Oder allgemeiner gefragt, was war der Unterschied zu heute?

Eine Prämie gab es damals nur bei gut besuchten Heimspielen, wir waren also von der Zuschauerzahl abhängig. Tiefer Boden und etwas Schnee konnten uns nicht davon abhalten, recht guten Fußball zu spielen, das nur nebenbei. Am Tag darauf ging es dann wieder zur Schicht und nicht etwa zum „Kiné“. Wir waren Amateure und spielten im Europapokal als Proleten gegen Profis. Ich kam mit knapp achtzehn in die erste Mannschaft, absolvierte 500 Spiele und wurde dafür geehrt. Zusammen mit Gilbert Simonelli – unsere Väter spielten schon in der ersten Mannschaft – bestritt ich meine ersten Spiele in der Nationaldivision. In bester Erinnerung bleiben mir die Partien 1973 gegen Liverpool, als das Hinspiel 1:1 ausging. Genauso wie das Spiel bei Fenerbahçe vor beeindruckender Kulisse. Anders gegen die Bayern, wo wir 1975 in München (1:3) vom Schiri arg veräppelt wurden, der André Zwally ein weiteres, absolut reguläres Tor aberkannte.

Das Ende Ihrer Spielerkarriere war weniger schön …

Mit 27 war leider Schluss, als ich zwei Tage nach dem Spiel gegen Ferencvaros Budapest einen Herzinfarkt erlitt. Das traf mich urplötzlich, da ich mich zu dieser Zeit auf dem Zenit meiner Karriere wähnte. Nach meiner Genesung musste ich eine viel ruhigere Fußballkugel schieben und durfte nur noch in der „Herrenmannschaft“ unter der Obhut meines Leibarztes und Mitspielers Dr. Poli Peters auflaufen, der übrigens vor wenigen Wochen verstorben ist. Ihm verdanke ich viel, genauso wie unserem früheren ungarischen Trainer Lajos Subits, der auf mich den stärksten Eindruck machte und uns so manches beibrachte.

Trotzdem blieben Sie dem Fußball und der Jeunesse erhalten.

Ja, dem Fußball blieb ich erhalten, indem ich Jugendtrainer wurde und eine ganze Reihe von Spielern heranzog, darunter auch den späteren Gymnasialschullehrer Jeff Ludovicy, der in seiner Rolle als neuer Präsident der Jugendkommission pädagogisch vorgehen dürfte. Schade nur, dass das von Raymond Ruffini, René Hoffmann und mir ausgearbeitete Projekt einer Art Fußballschule „avant la lettre“ beim Vorstand keinen Anklang fand und von all diesen wenig zukunftsorientierten „Experten“ abgelehnt wurde, woraufhin ich dann sehr enttäuscht das Handtuch warf und den Jugendtrainerposten abgab.

So ging ich auch nicht mehr zu den Spielen, selbst wenn ich nach wie vor in der „Hiel“ beheimatet bin. Ich bin einfach mit der heutigen Vereinspolitik nicht einverstanden. Als echter Jeunesser verkauft man seine Seele nicht so wie zum Beispiel in der letzten Saison mit den vielen Leihgaben aus Düdelingen.

Inzwischen habe ich mich aber besonnen, nicht zuletzt dank der hervorragenden Ergebnisse der Juniorenmannschaft sowie der neu aufgestellten Jugendkommission. Demnach bin ich fest gewillt, mich in dieser Saison wieder unter die Zuschauer zu mischen … Schön wäre es dennoch, wenn aus den Reihen der heutigen Jugendspieler der eine oder andere talentierte Spieler den Sprung in die erste Mannschaft schaffen könnte. Ob dieser Traum in Erfüllung gehen wird, wage ich mit all meiner Erfahrung als jetzt fast siebzigjähriger „Grenzer“ allerdings zu bezweifeln …