Die vergessene Zuständigkeit der Familienministerin

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Der Streik im Pflegesektor ist am Donnerstag vom OGBL auf zwei weitere Häuser ausgeweitet worden. In den Pflegeheimen von Zitha-Senior im Bahnhofsviertel und auch in Petingen wurde die Arbeit eingestellt. Heute könnte jedoch ein Kompromiss gefunden werden: Die Regierung will sich mit dem Sozialkampf beschäftigen. Gegebenenfalls könnte sie weitere Gelder zur Verfügung stellen.

Besonders ein Regierungsmitglied fällt in diesem Zusammenhang auf: Familienministerin Corinne Cahen (DP). Denn ihr Ministerium ist das in erster Linie für die Pflegehäuser zuständige. Es stellt das sogenannte „agrément“ aus, eine Art Betriebserlaubnis für die Heime. Allerdings ging Cahen bislang vor allem auf Tauchstation. Die verschiedenen OGBL-Sprecher beklagen sich darüber, dass die Ministerin beziehungsweise ihr Ministerium sich noch nicht zum Streik geäußert habe. Cahen zeigte sich auch gegenüber dem Tageblatt nicht gerade kommunikationsfreudig und reagierte nur knapp auf unsere Nachfrage. (red)


Beendet die Regierung den Streik?

Der Streik im Pflegesektor wurde gestern vom OGBL auf zwei weitere Häuser ausgeweitet. Sowohl im Pflegeheim von Zitha-Senior im hauptstädtischen Bahnhofsviertel als auch in der Seniorenresidenz in Petingen wurde die Arbeit eingestellt. Heute könnte ein Kompromiss gefunden werden; die Regierung wird sich mit dem Sozialkampf beschäftigen und gegebenenfalls weitere Gelder zur Verfügung stellen.

Der Ministerrat steht vor der Entscheidung, den Konflikt mit einer zusätzlichen Geldspritze beenden zu können und scheint diese Lösung denn auch angesichts der zunehmenden Dramatik des Arbeitskampfes in Betracht zu ziehen.

Die Copas, der Dachverband der Pflegeinstitute, hat während einer Sitzung mit Sozialminister Romain Schneider vorgeschlagen, zusätzliche Gelder zur korrekten Bezahlung der Mitarbeiter im FHL-Vertrag an die Häuser zu überweisen. Ein Kompromiss könnte so aussehen, dass alle Institute, die Mitarbeiter im FHL-Vertrag haben, also auch jene, die den Vertrag berücksichtigten und das betroffene Personal seit Monaten entsprechend bezahlen, von den zusätzlichen staatlichen Geldern profitieren könnten. Dieser Vorschlag wird offensichtlich auch vom OGBL mitgetragen.

Ein Vorschlag zur Entspannung

Nora Back, Verhandlungsführerin der Gewerkschaft, findet ohnehin, dass sich die Regierung eher hätte einschalten müssen. Sozialminister Schneider habe immerhin eine Position und habe Mitglieder der „Cellule de la sécurité sociale“ zum Streikort gesandt, Arbeitsminister Nicolas Schmit habe die ITM nach Bettemburg geschickt; allerdings sei sie enttäuscht über die fehlende Reaktion aus dem Familienministerium (vgl. unten stehenden Rahmen). In Erwartung der Dinge, die da geschehen werden, lässt die Gewerkschaft nicht locker, im Gegenteil: Um halb zwölf begann am Donnerstag der Streik im Pflegeheim „Saint-Jean de la Croix“ der Zitha-Gruppe im Bahnhofsviertel. Während ihrer Schicht legten die FHL-Angestellten ihre Arbeit nieder und verließen unter dem Beifall ihrer per Bus hinzugekommenen streikenden Kollegen aus Bettemburg das Gebäude.

Es folgte eine kurze Ansprache von Nora Back, die für die Solidarität und den Mut jener, die seit Tagen Druck und Drohungen ausgesetzt seien, dankte, sowie die lang andauernde Begleitmusik zu Streiks sprich Pfeifkonzert und Trommelwirbel. Am Mittag, so kündigte sie an, werde ebenfalls im Petinger Zitha-Heim ab 14 Uhr gestreikt, und so kam es denn auch.

Somit befinden sich etwa 200 betroffene Angestellte der drei Häuser (Bettemburg, Luxemburg und Petingen) zurzeit im Ausstand und warten gemeinsam mit den Pflegebedürftigen auf eine Lösung. In Bettemburg, wo sich weiterhin die Streikzentrale befindet, fanden die „barrages filtrants“ des OGBL auch am Donnerstag mittels eines Abkommens mit der Polizei statt.

Im Zitha-Gebäude am „Rousegäertchen“ fiel im Übrigen eine der pflegebedürftigen Kundinnen des Heims, eine Frau, bei den Gewerkschaftern dadurch positiv auf, dass sie mit ihrem Rollstuhl vor den Eingang kam und sich demonstrativ solidarisierte …

Corinne Cahen: „Keine Verstöße gegen ‚agrément'“

Das Familienministerium ist das in erster Linie zuständige Ministerium für die Pflegehäuser, weil es das sogenannte „agrément“, also quasi die Betriebserlaubnis für die Heime, ausstellt. Die verschiedenen OGBL-Sprecher hatten sich darüber beklagt, dass sich das Ministerium bzw. die Ministerin noch nicht zum Streik geäußert hatte, dies im Gegensatz zu Sozialminister Romain Schneider und Arbeitsminister Nicolas Schmit.

Beamter des Ministeriums vor Ort

U.a. hatte Nora Back erklärt, ihrer Meinung nach müsse das Ministerium einschreiten, da aufgrund der fehlenden Personalkräfte eben die erwähnte Betriebsgenehmigung zumindest für das Bartringer Sodexo-Heim nicht mehr gelte.

Wir befragten am Donnerstag die Familienministerin hierzu. Corinne Cahen erklärte, sie habe sehr wohl einen Beamten ins Bettemburger Heim „an de Wisen“ gesandt, der versicherte, dass nicht gegen das „agrément“ verstoßen werde. Somit sei die Betriebserlaubnis nicht erloschen und es gebe auf dieser Ebene keinen Handlungsbedarf.

Allerdings, so räumte Cahen ein, müsse diese Erlaubnis bzw. deren Inhalte im aktuellen Text wohl kurzfristig überarbeitet werden.