Stress durch Windturbinen: Keine Mindestabstände in Luxemburg

Stress durch Windturbinen: Keine Mindestabstände in Luxemburg

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Bei einigen Menschen verursacht der bloße Anblick von Windrädern Kopfschmerzen. Da hilft laut Gesundheitsministerium Aufklärung.

Windkraft kann krank machen – so lautet die Prämisse einer parlamentarischen Anfrage der ADR-Fraktion an Gesundheitsministerin Lydia Mutsch. Die Hypothese: Windräder hätten negative Effekte auf Mensch und Natur, untermauert der Abgeordnete Fernand Kartheiser mit exemplarischen Quellen.

Zum einen nennt er jüngst veröffentlichte Empfehlungen vom „Ärzteforum Emissionsschutz“. Dabei handelt es sich um eine Vereinigung von Windkraftgegnern aus dem hessischen Bad Orb. Vorstandsmitglied und scheinbar treibende Kraft hinter der Initiative ist der Zahnarzt Dr. Eckhard Kuck. Die breite Mehrheit der Ärzte in diesem Verein sind Allgemeinmediziner. Die Vereinigung setzt sich ein gegen den Bau von Windrädern in der Nähe von Siedlungen in der Region.

Anfrage bedient sich bei Windkraftgegnern

Teile der parlamentarischen Anfrage des ADR-Abgeordneten sind eins zu eins aus den Dokumenten dieser Vereinigung entnommen – samt Formatierung, dreifachen Fragezeichen und Verweisen auf ein Literaturverzeichnis, das in der parlamentarischen Anfrage aber fehlt.

In einem dieser Teile ist die Rede von der Arbeit der Amerikanerin Dr. Nina Pierpont. In ihrem Buch beschreibt sie das „Windturbinen-Syndrom“. Demnach führen Windturbinen beim Menschen u.a. zu Schlafstörungen, Herz-Kreislauf-Problemen, Kopfschmerzen, Depressionen und Tinnitus.

Macht der Infraschall krank?

Laut Pierpont macht der Infraschall, den Windkraftanlagen erzeugen, die Menschen krank. Die Arbeit von Pierpont wird vielfach kritisiert. Um ihre Hypothese zu belegen, befragte Pierpont lediglich 23 Personen am Telefon und erhielt Auskunft über 15 weitere Haushaltsmitglieder. Ihr wird weiterhin vorgeworfen, sie habe diese Personen über Werbung bei Anti-Windkraft-Gruppen gefunden. Ihre Schriften veröffentliche Pierpont im Selbstverlag, d.h. sie haben nicht die strenge Prüfung durch eine Peer-Review bestehen müssen, die wissenschaftliche Artikel normalerweise durchlaufen, bevor sie publiziert werden. Pierpont ist Kinderärztin.

In seiner Anfrage bezeichnet Kartheiser die Vereinigung „Ärzteforum Emissionsschutz“ als deutsche Ärztekammer und erweckt damit den Eindruck, es handele sich um die Bundesärztekammer oder eine der Landesärztekammern. Dem ist aber nicht so.

10-H-Regel bald auch in Luxemburg?

Kartheiser will von der Regierung wissen, ob die rezenten Feststellungen der „deutschen Ärztekammer“ zum Einfluss von Windkraftanlagen auf die Gesundheit der Menschen der Regierung bekannt sind und ob die Regierung bereit ist, den medizinischen Empfehlungen in Zukunft Rechnung zu tragen.

Außerdem will er in Erfahrung bringen, ob das Gesundheitsministerium eine Empfehlung für den Abstand von Windturbinen zu Siedlungen ausspricht, z.B. zehnmal die Höhe der Windkraftanlage. Diese sogenannte 10-H-Regel ist zum Beispiel in Bayern im Gesetz verankert. Sie ist allerdings umstritten, da sie vielerorts Windkraftanlagen verhindert und damit den Ausbau erneuerbarer Energien faktisch erschwert.

Als der Münchner Verfassungsgerichtshof 2016 das Gesetz bestätigte, sah die Bundestagsabgeordnete Eva Bulling-Schröter (Die Linke) schon den „Niedergang des Windkraftausbaus im Freistaat“.

Neutrale Studie aus Frankreich

Der Luxemburger Regierung sei durchaus bewusst, dass der Verband der deutschen Ärzte für Emissionsschutz vor den erneuerbaren Energien warnt und der deutsche Ärztetag (die Jahreshauptversammlung der Bundesärztekammer Anm. d. Red.) sich mit möglichen gesundheitlichen Auswirkungen beschäftigt hat.

In Frankreich habe die „Agence nationale de sécurité sanitaire de l’alimentation, de l’environnement et du travail“ (Anses) eine neutrale Studie zu dem Thema vorgelegt. Demnach sei es möglich, dass die nicht hörbaren tiefen Töne einer Windkraftanlage das Gleichgewichtsorgan stimulieren. Bei lauter Beschallung konnten auch Symptome nachgewiesen werden. Bei schwacher Lautstärke wie bei Windkraftanlagen konnte noch kein direkter Zusammenhang mit Symptomen festgestellt werden.

Das „Windturbinen-Syndrom“ sei eine Gruppe von Beschwerden wie Kopfschmerzen oder Tinnitus, die die Betroffenen an sich selbst beobachten. Obwohl diese Symptome mit Sicherheit störend für die Betroffenen seien, so zitiert die Gesundheitsministerin aus der Anses-Studie, sei kein exklusiver kausaler Zusammenhang mit den Windkraftanlagen nachweisbar.

Symptome ohne Stimulus

Es gebe eine Reihe von qualitativen Studien, darunter eine von 2004*, die zeigen, dass der persönliche Angstzustand der betroffenen Personen die Symptome auslöse – sogar wenn gar kein Stimulus vorliege. Hier spricht man von einem Nocebo-Effekt. Die Schlussfolgerung sei also, dass die Präsenz der Windkraftanlage die Symptome auslöse, ohne dass bislang ein direkter kausaler Zusammenhang gefunden sei.
Bislang habe das Gesundheitsministerium keine Empfehlungen gegeben, die einen Einfluss auf den Bau oder Betrieb von Windkraftanlagen haben.

Das Gesundheitsministerium unterstütze allerdings mehrere Vorgehensweisen. Zum einen sollen bei der Festlegung von Lärmobergrenzen bei Windkraftanlagen besonders tiefe Töne (Infraschall) mitberücksichtigt werden (Gewichtungsfilter C soll benutzt werden). Untersuchungen zeigen, dass es bei Anlagen, bei denen so vorgegangen wurde, weniger oft zu Klagen der Anwohner kommt.

Misstrauen ist der größte Auslöser von Stress

Des Weiteren soll die Bevölkerung aufgeklärt werden. Immerhin sei das Misstrauen der Bevölkerung der wichtigste Auslöser von Stress und den damit verbundenen Symptomen. Deswegen sei es wichtig, die Anwohner zu informieren und ihnen Berichte zu den Emissionen der Anlagen zur Verfügung zu stellen. Diese müssten aktuell und wissenschaftlich hinterlegt sein, um Desinformation zu „widerstehen“, die die Menschen in den Medien lesen können. Bestenfalls sollen alle Betroffenen informiert werden und nicht nur die Einwohner der Gemeinde, auf deren Boden die Anlage errichtet wird. Die Anlagen müssten zudem systematisch überwacht werden, da u.a. metereologische Faktoren zu extremen Schwankungen der Effekte führen.

Aufgrund der guten Modelle und Kontrollmechanismen sei ein Mindestabstand nicht nötig, glaubt Lydia Mutsch. Eine weitere Studie** zeige aber, dass der visuelle Eindruck von Windkraftanlagen der größte Auslöser von Misstrauen und Stress ist. Außerdem fehle es bei der Messung tiefer Töne noch an Normen. Hier sei weitere Forschung nötig, sagt die Ministerin.

* Crichton et. al., The Link between Health Complaints and Wind Turbines: Support for the Nocebo Expectations Hypothesis, 2004

** Pederson et al., Perception and Annoyance Due to Wind Turbine Noise: a Dose-Response Relationship, 2004

Ouni Neid
21. August 2018 - 20.24

Viel effektiver wie “Bestenfalls sollen alle Betroffenen informiert werden und nicht nur die Einwohner der Gemeinde, auf deren Boden die Anlage errichtet wird“ ist die Vorgehensweise die im Ausland regen Anklang findet: die finanzielle Beteiligung der Anreiner in Form einer Kooperative. Die Konsumenten werden zu Erzeugern und sind massgeblich - und zwar in jeder Form- beteiligt an dem Projekt. Der Blick wird demnach ein ganz anderer. Psychologie mittels Gemeinschaftssinn. Enovos wäre dagegen. Die Gesellschaft tut es gut.

Eva-Paule
21. August 2018 - 18.58

Diese Windräder helfen keinem. Das ist pure Lobbyarbeit und eigentlich nur gut für den Bauer der diese auf der Wiese stehen hat

J.C. KEMP
21. August 2018 - 18.15

Also dat déi Dénger nët lautlos sin, och nët 500m weit ewech, kann ech bestätegen, nodems ech op engem Camping op der englescher Ostküst iwwernuecht hun. Do ass permanent esou e wumm-wumm-wumm Geräisch, wat wierklech nët ze iwwerhéieren ass.

Marc
21. August 2018 - 16.29

ech sinn den Sonndech durcht d'Eisleck gefur, eng Verschandelung vun der Natur, grässlech dei riesen Apparater. Ech bedaueren dei Leit zudeifst dei esou eppes virun hiren Diren stoen hunn.