Portugal: Der linke Erfolgsweg mit der „Klapperkiste“

Portugal: Der linke Erfolgsweg mit der „Klapperkiste“

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Von Portugals viel besungener Melancholie ist bei António Costa wenig zu spüren. Der 58-jährige Regierungschef des südeuropäischen Landes strotzt geradezu vor Optimismus. So sehr, dass die Portugiesen schon witzeln, dass der Sozialist Costa auch im Regen noch die Sonne zu sehen vermag.

Von Ralph Schulze

Es scheint ganz so, als ob Portugals Ministerpräsident viele Landsleute mit seiner Zuversicht angesteckt hat. Wenn sich die Meinungsforscher nicht täuschen, steuert der gelernte Anwalt und Ex-Bürgermeister Lissabons morgen auf einen klaren Wahlsieg zu. Sollte sich dies bestätigen, dürfte das berühmte Lächeln im Gesicht des Sozialisten, der einen sozialdemokratischen Kurs fährt, künftig noch breiter werden.

Als Costa vor vier Jahren in dem Euro-Krisenland an die Macht kam und das Ende der Austerität ankündigte, fürchteten die Sparkommissare in Brüssel, dass das mit einem Milliardenkredit gerettete Portugal wieder in die Pleite rutschen könnte. Doch dann kam alles anders: Das nach der Finanzkrise am Boden liegende Land blühte auf, die Wirtschaft brummt wieder und der Schuldenberg schrumpft.

Inzwischen bewundert ganz Europa den portugiesischen Erfolgsweg. Ein Aufstieg aus der Asche, der davon zeugt, dass Schuldensanierung und engagierte Sozialpolitik vereinbar sind. Und dass das Credo der internationalen Gläubiger-Troika, wonach ausschließlich schmerzhafte Spar-Axthiebe zum Erfolg führen, wohl doch nicht der Weisheit letzter Schluss war.

„Die Portugiesen haben wieder Hoffnung geschöpft“, sagt Costa. „In vier Jahren haben sie ihre Würde, ihr Selbstbewusstsein und ihre internationale Anerkennung zurückgewonnen.“ Das stimmt, im ganzen Land spürt man Aufbruchstimmung: Die Immobilienbranche boomt, Start-ups blühen auf, ausländische Investitionen fließen. Auch die Touristenzahl ist auf Rekordhöhe und signalisiert: Portugal ist Mode. Dabei war Costas Regierungsstart vor vier Jahren ziemlich holprig. Er hatte nicht einmal die Wahl gewonnen, sondern war hinter den Konservativen mit 32 Prozent auf Platz zwei gelandet. Doch nachdem der konservative Block nur wenige Tage nach der Regierungsbildung mangels Mehrheit im Parlament scheiterte, schlug die Stunde des António Costa. Er schaffte es, mit seinem positiven Pragmatismus ein Mitte-links-Bündnis zusammenzuzimmern.

Seitdem regiert Costa in Portugal mit einer sozialistischen Minderheitsregierung, im Parlament gestützt von zwei kleineren linken Parteien – der kommunistisch-grünen Demokratischen Koalition und dem Linksblock. Eine wackelige Konstruktion mit schwierigen Partnern, weswegen die Portugiesen diesen Regierungspakt „geringonça“, Klapperkiste, nannten.

Spielraum für Sozialpolitik geschaffen

Doch die „Klapperkiste“ hielt bis zum Ende durch. „Alle haben verantwortlich gehandelt“, lobte Costa seine politischen Mitfahrer. Sein Mitte-links-Bündnis kann zudem Erstaunliches vorweisen: Das Wachstum lag in den letzten zwei Jahren über dem EU-Schnitt, die Arbeitslosenquote halbierte sich auf 6,2 Prozent, Steuern sanken. Das Etatminus fiel derweil in 2018 auf beispielhafte 0,5 Prozent, was signalisiert, dass auch unter Costa gespart wurde.

Unter dem Strich blieb sogar noch Spielraum für soziale Wohltaten. Costa setzte die Mindestlöhne herauf und eliminierte mehrere von der Troika zuvor durchgesetzte Sparschritte: Die Bevölkerung erhielt zum Beispiel vier gestrichene Feiertage wieder, die Beamten bekamen die 35-Stunden-Woche zurück. Im Wahljahr 2019 verteilte der Vorzeigesozialist Costa dann noch ein paar zusätzliche Geschenke: Er senkte mit millionenschweren Subventionen die Tarife für die Monatsabos des Nahverkehrs. Und er brachte ein Gesetz zur Mietendeckelung auf den Weg.

Als Lohn darf sich der Regierungschef außergewöhnlicher Popularitätswerte erfreuen, von denen andere sozialdemokratische Spitzenpolitiker in Europa nur träumen können. Den letzten Umfragen zufolge kann António Costa bei der Parlamentswahl mit 35-37 Prozent der Stimmen rechnen, die konservative PSD wird bei 29-30 Prozent gesehen – Rechtspopulisten spielen in Portugal keine Rolle.

Zusammen mit den beiden linken Partnern dürfte es für den sozialistischen Musterknaben António Costa also wieder reichen, um eine absolute Mehrheit zu erreichen und mit seiner „Klapperkiste“ weiterzufahren.


Lesen Sie dazu auch den Kommentar von Armand Back.

Wahlen in Portugal: Linkes Wunder, so ein Quatsch

Fred Reinertz Barriera z.Z London
6. Oktober 2019 - 7.55

Herr Costa hat hervorragende Arbeit geleistet, und sein Land wieder auf den rechten Erfolgsweg gebracht, die Wähler in Portugal wissen das zu schätzen und werden ihm ihr Vertauen geben...eine Erfolgsstory von der unsere italienischen, griechischen und spanische Freunde mal lernen sollten damit der ganze Club Med Verein mal zu einem Wachstumspol wird ....