Remich unter Wasser: Die Reportage

Remich unter Wasser: Die Reportage

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Entlang der Mosel herrscht zurzeit Ausnahmezustand. Das Hochwasser, das mittlerweile einen Pegel von 674 cm in Stadtbredimus, 667 cm in Grevenmacher und 568 cm in Remich erreicht hat, steigt immer noch um 2 cm die Stunde.

Von Frank Goebel und Melody Hansen 

Entlang der Mosel herrscht zurzeit Ausnahmezustand. Das Hochwasser, das mittlerweile einen Pegel von 674 cm in Stadtbredimus, 667 cm in Grevenmacher und 568 cm in Remich erreicht hat, steigt immer noch um 2 cm die Stunde. In der Nacht von Sonntag auf Montag soll sich die Lage stabilisieren, sodass sich die Mosel im Laufe des Montags nach Angaben der Internetseite www.inondations.lu langsam zurückziehen wird.

Die Mosel ist zwar an vielen Stellen über ihre gewohnten Ufer geschwappt – als katastrophal ist die derzeitige Lage allerdings trotzdem nicht zu bezeichnen. „Das ist nur ein kleines bis mittleres Hochwasser, wie es alle zwei Jahre vorkommt“, sagt etwa Michel Schwachtgen von der Feuerwehr Bous-Remich-Stadtbredimus, räumt aber ein, dass jemand, der akut betroffen ist, das anders empfinden mag. Obgleich etwa in Remich nicht nur die Uferpromenade längst weit unter Wasser steht und sich das braun-graue Wasser auch hier und da Richtung Zentrum aufmacht, herrscht vor Ort doch so etwas wie Gelassenheit: Die gelegentlichen Besuche der Mosel sind viele Anwohner schon gewohnt und haben sich darauf eingestellt.

„Mit Sandsäcken kommt man nicht weit“

Etwas anderes bleibt auch kaum übrig, sagt Schwachtgen: „Mit Sandsäcken kommt man nicht weit, wenn man es mit einem Fluss wie der Mosel zu tun hat!“ Und auch das Abpumpen könne sogar kontraproduktiv sein und der Bausubstanz letztlich nur schaden. Immerhin ist ein Abflauen des Hochwassers absehbar: „Viel wird da nicht mehr kommen“, davon ist nicht nur Feuerwehrmann Schwachtgen überzeugt. Obwohl das Hochwasser wohl einigermaßen glimpflich abläuft, ärgert er sich doch über die Arroganz mancher Zeitgenossen gegenüber den Rettungskräften: „Wenn wir eine Straße sperren, wäre es schon wünschenswert, dass sich die Leute nicht an der Sperrung vorbeimogeln“, sagt er gegenüber dem Tageblatt.

Denn selbst wenn man den Fahrer nicht später aus seinem abgesoffenen Auto retten muss: Die Sperrungen haben durchaus ihren Sinn – und wer bis zum letzten möglichen Meter vorfährt, verursacht möglicherweise später eine chaotische Situation, wenn doch geräumt werden muss, mahnt der Feuerwehr-Chef – und merkt noch an, dass die gegenwärtige Situation im Ganzen hätte verhindert werden können: „Wenn der in der Planung befindliche Hochwasserschutz schon aktiv wäre, hätte Remich trockene Füße behalten!“

„Für uns ist es immer das Gleiche, wir sind daran gewöhnt. Das einzige Problem ist oft, dass die Bewohner, vor allem die Zugezogenen, keine Stiefel haben. Sie glauben dann, wir würden sie ihnen bringen“, so Guy von der lokalen Feuerwehr. „Ansonsten besteht unsere Aufgabe morgen früh darin, die Kinder mit unserer kleinen Gondel in die Schule zu bringen und das Brot für den Bäcker abzuholen. Vielleicht können wir morgen Nachmittag schon mit den Aufräumarbeiten beginnen, ich denke aber eher nicht. Keller auspumpen müssen wir später nur zwei, aus den restlichen läuft das Wasser von alleine wieder ab.“

Remicher sind daran gewöhnt 

Die meisten Bewohner in Remich sehen das Hochwasser und die damit verbundenen Schwierigkeiten allerdings eher gelassen und hatten genügend Zeit, sich darauf vorzubereiten. Die meisten haben ihr Auto in Sicherheit gebracht. Dabei sind alle Parkregeln außer Kraft gesetzt, sogar auf der Grünfläche nahe dem Seniorenheim „St. Joseph“ stehen unzählige Wagen. Nur wenige Fahrzeuge wurden im Wasser vergessen.

Wenn man den Berg hinab nach Remich fährt, ist der Weg nach rechts ins Zentrum hinein abgesperrt, sodass man nur noch über die Brücke Richtung Deutschland fahren kann. Wer von hier aus auf die Mosel herabschaut, dem wird erst einmal bewusst, wie hoch das Wasser gerade steht und wie reißend der Fluss ist. Das neue Bahnhofsgebäude sowie die Eispiste, die auf der „Esplanade“ in einem Zelt aufgebaut wurde, stehen knietief im Wasser und auch auf der deutschen Seite der Mosel sieht es nicht besser aus.

30 Zentimeter Wasser im Restaurant

José Machado, dem das „Café de la poste“ im Zentrum von Remich gehört, ist trotz allem ganz entspannt: „Die Mosel kommt immer wieder raus. Das mache ich schon zum 15. Mal mit. Ich bin seit 1992 hier und daran gewöhnt. Alles ist vorbereitet.“ Er hat alle empfindlichen Gegenstände auf Stühlen platziert, noch behielten seine Gäste trockene Füße.

So viel Glück hatte Sati Kailash nicht. Ihm gehört ein indisches Restaurant, das sich einige Meter weiter befindet, und auch er selbst wohnt mit seiner Familie in einem der betroffenen Häuser: „Hier bei uns ist es nicht so wie in anderen Ländern, in denen das Hochwasser unerwartet und über Nacht kommt. Wir konnten uns vorbereiten. Zwar haben wir die letzten Nächte nicht viel geschlafen und immer den Pegel online im Auge behalten, aber wir konnten alles früh genug aus dem Weg räumen.“ Die Reservationen fürs Wochenende musste Sati leider stornieren. Im Restaurant, das im Erdgeschoss liegt, stehen zurzeit 30 Zentimeter Wasser.