Korruption und Eingriffe in die Justiz: Bukarest droht ein Rechtsstaatsverfahren

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Die Europäische Union sorgt sich wegen der Korruption in Rumänien und den Eingriffen in die Justiz. Brüssel droht dem Land nun sogar mit einem Rechtsstaatsverfahren. 

Von unserem Korrespondenten Eric Bonse, Brüssel

Schon der Start in den rumänischen EU-Vorsitz im Januar war schwierig. Doch nun kommt es ganz dicke: Wegen eklatanter Verstöße gegen europäische Grundwerte droht die EU-Kommission dem Balkanland mit einem Rechtsstaats-Verfahren. Die europäischen Sozialdemokraten haben die Zusammenarbeit mit der rumänischen Regierungspartei PSD schon auf Eis gelegt, die Liberalen könnten bald folgen.

Rumänien droht damit ein ähnliches Schicksal wie Ungarn und der dortigen Regierungspartei Fidesz. Allerdings mit einem Unterschied: In Ungarn war es Regierungschef Viktor Orban höchstpersönlich, der mit einer Schmutz-Kampagne gegen EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker für Ärger sorgte. Die konservative Europäische Volkspartei EVP hat Fidesz daraufhin im März nach langem Zögern suspendiert.

Geräuschloser EU-Vorsitz

In Rumänien dagegen hält sich die Regierung zumindest nach außen hin zurück. Den EU-Ratsvorsitz, der noch bis Juni dauert, führt sie ziemlich geräuschlos. Frontale Attacken auf Brüssel wie aus Ungarn hat es nicht gegeben. Das Problem sitzt tiefer, in der Innenpolitik. Die sozialdemokratische PSD versucht, in die rumänische Justiz einzugreifen und den Kampf gegen Korruption zu behindern.

Die Regierungspartei steht unter anderem wegen einer Amnestie für hochrangige Politiker in der Kritik, die wegen Korruption verurteilt wurden. Für massiven Unmut in Brüssel sorgt zudem der Streit um die rumänische Kandidatin Laura Codruta Kövesi für das neu geschaffene Amt des EU-Staatsanwalts. Mitten im laufenden Bewerbungsverfahren hat die Regierung gegen Kövesi Anklage eingeleitet. Der 45-Jährigen wird Korruption und Amtsmissbrauch vorgeworfen – dabei hat sich wegen ihres entschlossenen Kampfes gegen Korruption in ihrer Heimat einen Namen gemacht. Pikant ist das Ganze nicht nur für die PSD und die ihr verbundenen europäischen Sozialdemokraten, sondern auch für die EU-Kommission. Sie berät die Regierung in Bukarest nämlich im Kampf gegen Korruption.

ange zeigte sich die Brüsseler Behörde nachsichtig. Rumänien mache Fortschritte, hieß es. Erst nachdem die Konservativen von der EVP, die wegen Orban in die Defensive geraten waren, mit dem Finger auf Rumänien und auf die Sozialdemokraten zeigten, wachte die Kommission auf.

Timmermans: Keine Straffreiheit für Politiker

Eine Straffreiheit für hochrangige Politiker, die wegen Korruption verurteilt wurden, werde man nicht dulden, warnte Vizepräsident Frans Timmermans Anfang April.

Nun, wenige Tage vor Beginn der heißen Phase des Europawahlkampfs, soll plötzlich alles ganz schnell gehen. Die Unabhängigkeit der Justiz sei in Gefahr, die EU-Kommission werde nicht mehr lange tatenlos zusehen, erklärte EU-Justizkommissarin Vera Jourová am Montagabend im Europaparlament in Straßburg. „Wir wollen Taten sehen – besser früher als später“, fügte sie hinzu.

Für die Konservativen ist das aber noch nicht genug. Sie wollen, dass die Kommission ein Rechtsstaatsverfahren einleitet – genau wie gegen Ungarn. „Es ist höchste Zeit, dass auch gegen Rumänien ein Verfahren nach Artikel 7 des EU-Vertrags wegen Verletzung des Rechtsstaatsprinzips eingeleitet wird“, sagte die EVP-Europaabgeordnete Inge Gräßle.
Der Streit um die Grundwerte ist damit wohl endgültig im Europa-Wahlkampf angekommen. In dieser Woche endet die Legislatur des Europaparlaments, nach Ostern beginnt die heiße Phase.