Europas Grenzschützer brauchen mehr Zeit: „Frontex“ wächst nur langsam

Europas Grenzschützer brauchen mehr Zeit: „Frontex“ wächst nur langsam
Warnende Worte von EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos gestern in Brüssel. Foto: EPA

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Die Reform der europäischen Migrationspolitik ist ins Stocken geraten. Die EU- Grenzschutzagentur Frontex werde wohl erst 2027 auf 10.000 Einsatzkräfte anwachsen, hieß es am Freitag beim Treffen der EU-Innenminister in Brüssel. Im Juni war noch von 2020 die Rede. Auch die Asylreform kommt nicht voran. Beim EU-Gipfel in der kommenden Woche in Brüssel droht der Offenbarungseid.

Von unserem Korrespondenten Eric Bonse, Brüssel

Ursprünglich war geplant, dass das Gipfeltreffen ein Signal des Aufbruchs gibt. Mit Blick auf die Europawahl 2019 wollten die EU-Chefs weitreichende Reformen verkünden. Doch schon am Dienstag konnten sich die Finanzminister nur auf kleine Schritte für die Eurozone einigen. Nun müssen auch die Innenminister zurückstecken. Sie werden die selbst gesteckten Ziele nicht erreichen.

Die Aufstockung auf 10.000 Grenzschützer bis 2020 „sprengt die Dimension des Machbaren“, sagte Österreichs Innenminister Herbert Kickl. Etwas optimistischer äußerte sich der deutsche Innenminister Horst Seehofer. „Wir sollten uns beeilen, müssen aber bei unseren Zeitzielen realistisch bleiben“, sagte er. „2025 wäre für mich ein machbarer Zeitplan, um die 10.000 zu erreichen.“ Dass die Aufstockung stockt, hat mehrere Gründe. Zum einen weigern sich Staaten mit EU-Außengrenzen wie Ungarn oder Italien, Frontex zusätzliche Rechte einzuräumen und mehr EU-Grenzschützer aufzunehmen. Sie sehen darin einen Eingriff in ihre Souveränität. Zum anderen kommt der Ausbau teuer. In Brüssel ist von zusätzlichen Milliarden-Beträgen die Rede, genaue Schätzungen fehlen.

Gegen Kontrollen an EU-Binnengrenzen

Das Hauptproblem ist aber, dass sich die meisten Regierungen nicht in der Lage sehen, in nur zwei Jahren tausende zusätzliche Grenzschützer bereitzustellen. Dazu wäre selbst Deutschland kaum fähig, räumte Seehofer ein. Andere Länder wie Frankreich sind vollauf damit beschäftigt, hunderte neue Zollbeamte einzustellen – wegen des Brexits und möglicher neuer Grenzkontrollen. Wenn Frontex nicht schnell aufgestockt wird, könnte die EU einer neuen Flüchtlingskrise wie im Jahr 2015 nicht gewachsen sein, warnte EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos. Außerdem forderte er Deutschland und andere EU-Staaten auf, die Kontrollen an den EU-Binnengrenzen bald aufzugeben. Seehofer ließ sich darauf jedoch nicht ein. Erst wenn der Außengrenzschutz gewährleistet sei, könne man auch die Binnenkontrollen beenden.

Keinen Fortschritt gab es in der Debatte über eine Reform des EU-Asylrechts. Die Verteilung von Flüchtlingen und die Reform des Dublin-Systems ist weiter strittig. Deshalb hat die EU-Kommission vorgeschlagen, diese beiden – zentralen – Fragen aus dem Asylpaket auszuklammern und zu vertagen. Seehofer zeigte sich dazu in Brüssel bereit. Ihm wäre eine gemeinsame EU-Asylpolitik natürlich lieber, sagte der CSU-Politiker. „Ansonsten muss man darüber reden, ob man das Asylpaket öffnen kann.“

In schweres Fahrwasser ist auch der Plan geraten, Flüchtlinge künftig nicht direkt in der EU aufzunehmen, sondern zunächst in Auffanglagern nach Nordafrika zu schicken. Bisher hat sich noch kein Staat bereit erklärt, ein „regionales Ausschiffungszentrum“ zu beherbergen. Auch die EU-Gespräche mit dem Militärregime in Ägypten brachten keine greifbaren Ergebnisse.