„Et wor emol e Kanonéier“ – Der Einfluss der Artillerie auf das Stadtbild Luxemburgs

„Et wor emol e Kanonéier“ –  Der Einfluss der Artillerie auf das Stadtbild Luxemburgs

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Zu einer Festung gehören unter anderem Festungsmauern und Kanonen: Beide sind dazu gedacht, die Stadt im Ernstfall zu verteidigen. Das „Musée Dräi Eechelen“ zeigt in seiner neuesten Ausstellung, wie Kanonen und vor allem die dazugehörige Logistik das Bild der Stadt Luxemburg maßgeblich beeinflussten. 

Dass Waffen auch in Friedenszeiten gefährlich sein können, mussten die Einwohner der Stadt Luxemburg am 26. Juni 1807 erfahren, als der Blitz in den Turm auf Verlorenkost einschlug, in dem Munition gelagert war. Die Explosion von 224 Pulverfässern forderte nicht nur 32 Menschenleben und 120 Verletzte, sondern zerstörte auch große Teile des Grund-Viertels. 1863, also kurz vor der Schleifung der Festung, gab es in der Stadt rund 70 Pulverlagerstätten. Erst durch die Schleifung der Festung 1867 wurden diese Lagerstätten unnötig und die Gefahr verschwand aus der Stadt. Doch auch ohne solche Ausnahmefälle haben Kanonen und vor allem ihre notwendige Logistik das Bild der Stadt Luxemburg geprägt.

INFO

„Et wor emol e Kanonéier“ –
L’artillerie au Luxembourg
Musée Dräi Eechelen,
5, Park Dräi Eechelen,
Luxemburg
Täglich 10.00-18.00 Uhr
Mi. 10.00-20.00 Uhr
Mo. geschlossen
Die Ausstellung dauert bis zum 22. März 2020.

In seiner neuesten Ausstellung „Et wor emol e Kanonéier“ zeigt das „Musée Dräi Eechelen“ den Teil der Geschichte unserer Hauptstadt, der sich rund um die Kanonen dreht. Den Namen „Gibraltar des Nordens“ verdiente sich Luxemburg wegen seiner Wehrfähigkeit, und diese wiederum verdankte es auch seinen Kanonen. Von den 170, die es noch im 18. Jahrhundert besaß, haben bis heute nur drei überlebt. Eine davon wurde nun von den Petruskasematten an das Museum „Dräi Eechelen“ ausgeliehen und erwartet die Besucher gleich im Eingangsbereich. Eine zweite, die ebenfalls in der Ausstellung zu sehen ist, hat übrigens ihren letzten Schuss am Geburtstag von Großherzog Jean (6. Januar 1921) abgegeben, als ihm zu Ehren 101 Salutschüsse abgefeuert wurden.

Von den fahrbaren Gestellen, auf welche die Kanonen montiert waren – die Lafetten –, ist heute nur noch eine einzige erhalten, da das Holz, aus dem sie bestanden, nicht so wetterbeständig ist wie das Metall, aus dem die Kanonen gegossen sind. Als Holz für die Lafette, so erfährt man, ist übrigens Esche verwendet worden, das die nötige Härte und zugleich Biegsamkeit besitzt.

Schweres Geschütz

Die Kanonen, die mehrere Hundert Kilogramm wiegen können, benötigen spezielle Vorrichtungen, um sie von den Lafetten zu heben. Der Besucher der Ausstellung erfährt, dass die Haken an der Decke hierfür angebracht wurden und nicht, wie es heute der Fall ist, um die Beleuchtung des Museums zu befestigen.

Dass es nur noch drei Kanonen aus der Festungszeit Luxemburgs gibt, ist darauf zurückzuführen, dass die meisten Kanonen 1867 eingeschmolzen wurden, als das Land durch den Londoner Vertrag für neutral erklärt wurde und die Festung geschleift wurde.
Um Kanonen zu transportieren, brauchte es nicht nur die bereits erwähnten Lafetten (für jede Kanone zwei bis drei), sondern auch Pferde. Und dieser Fuhrpark musste irgendwo untergebracht werden. So waren in den Erdgeschossen der Kasernen „Rham“, „Marie-Thérèse“ und „Saint-Esprit“ hierfür Stallungen untergebracht.

Arsenale und Wagenhäuser prägten das Stadtbild

Das Gleiche galt für die benötigte Munition, Kanonenkugeln und Pulver. Nicht zu vergessen die Soldaten, welche die Kanonen bedienten. Die Lafetten und alles weitere notwendige Material waren in Zeug- (Arsenale) und Wagenhäusern untergebracht, die das Bild der Stadt einst prägten. Von all dieser gesamten Infrastruktur ist heute jedoch nicht mehr viel zu sehen.

Neben Kanonen und sonstigen Waffen zeigt die Ausstellung historische Schriftstücke, darunter drei Briefe, die den Wert der luxemburgischen Kanonen aus dieser Zeit unterstreichen. In den Briefen bat der Herzog von Burgund, Karl der Kühne (1433-1477), seinen Verbündeten Claude von Neufchâtel-Burgund, damaliger burgundischer Befehlshaber in Luxemburg, ihm die luxemburgischen Kanonen für die Belagerung von Nancy (Winter 1476) zur Verfügung zu stellen. Claude weigerte sich, die Kanonen blieben hier und Karl erlitt eine Niederlage, die ihn sein Leben kostete.