Die Schere klafft weit auseinander

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Man muss nicht in die weite Welt blicken, um soziale Ungleichheiten und prekäre Lebensverhältnisse zu erkennen: Der jüngste Statec-Bericht zu Luxemburg liest sich alles andere als rosig.

Die Vereinten Nationen begehen heute den internationalen Tag für die Beseitigung von Armut. Man muss jedoch nicht in die weite Welt blicken, um soziale Ungleichheiten und prekäre Lebensverhältnisse zu erkennen: Der jüngste Statec-Bericht zu Luxemburg liest sich alles andere als rosig.

Da hilft auch kein Nation Branding: Obschon es vielen Luxemburgern nicht schlecht geht, öffnet sich ein weiter Graben zwischen den ärmsten und den reichsten Bürgern hierzulande. 2016 mussten zehn Prozent der finanziell schwächsten Menschen in Luxemburg mit 984 Euro pro Monat auskommen. Zum Kontrast: Die zehn reichsten Prozent kamen auf 7.891 Euro pro Monat, um ihr Leben zu meistern.

Ungleichheit in Luxemburg

Dieser Eindruck verdeutlicht sich, blickt man auf das Gesamteinkommen der Haushalte in Luxemburg. Zehn Prozent der Menschen mit der niedrigsten Lebensqualität besitzen laut Statec nur drei Prozent der Gesamtmasse der Haushaltseinkommen. Für zehn Prozent der Vermögenden ergibt sich hingegen ein anderes Bild: Sie kommen auf satte 24 Prozent der Gesamtmasse der Haushaltseinkommen.

Alleine aus diesen Zahlen geht bereits deutlich hervor, dass sich eine Ungleichheit mit Blick auf die Einkommensverteilung der Volkswirtschaft Luxemburgs ergibt. Das Resultat dieser weit auseinanderklaffenden Schere ist eine Verschlechterung der Lebenssituation vieler in Luxemburg lebenden Menschen. Diese Entwicklung erklärt sich durch eine Verstärkung von Phänomenen wie dem Armutsrisiko – oder ganz einfach durch das tatsächliche Abrutschen in die Armut.

Jeder Fünfte von Armut bedroht

Besonders bitter ist in dieser Hinsicht die Tatsache, dass Armut kein statisches Phänomen ist, sondern sich dynamisch entwickelt. Diese Dynamik lässt sich etwa an folgenden Erkenntnissen der Statec-Studie „Travail et cohésion sociale“ nachvollziehen. Sechs Prozent der Menschen, die 2013 nicht vom Armutsrisiko bedroht waren, sind 2016 in die Armut abgedriftet. Dafür sind wiederum 28 Prozent der Menschen, die 2013 vom Armutsrisiko bedroht waren, diesem 2016 entkommen. 30 Prozent der Luxemburger haben zwischen 2013 und 2016 mindestens eine Armutsphase erlebt.

Konkret lässt sich auch feststellen, dass 2015 jeder Fünfte in Luxemburg von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht war. Unter sozialer Ausgrenzung leidet jemand laut EU-Definition, wenn er mindestens von einer der drei folgenden Dimensionen betroffen ist: Einkommensarmut, starke materielle Entbehrung, schwache Arbeitsintensität in einem Haushalt.

Prekäre Arbeitsverhältnisse

Der Statec-Bericht liefert auch Antworten, weshalb in einem Land wie Luxemburg, das eine vergleichsweise niedrige Arbeitslosigkeit hat (6,3%), dennoch viele Menschen von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht sind. Obschon letztes Jahr 13.000 neue Arbeitsplätze geschaffen wurden, was einem Wachstum von 3,1 Prozent entspricht, sagt diese Zahl wenig über die Güte der besagten Jobs aus. Und gerade hier zeigt sich, weshalb Beschäftigung zwar das wichtigste Mittel bleibt, um Armut zu entkommen, sie jedoch je nach Arbeitsbedingungen nicht zwingend ein Faktor ist, der vor Armut schützt.

Der Statec-Bericht verdeutlicht, dass die klassischen Arbeitsverhältnisse dabei sind, aufgeweicht zu werden. Dies jedoch nicht zum Positiven, sondern versehen mit einer Vielzahl von Faktoren, die keine Faktoren für höhere Lebensqualität sind. Ein Beispiel hierfür sind befristete Arbeitsverträge. Es braucht nicht besagte Studie, um zu verstehen, dass diese Form von Arbeitsverträgen Menschen unter Druck setzt.

Ein weiterer Faktor für diese Form von prekären Arbeitsverhältnissen ist nicht neu, aber dafür nicht weniger schlimm: Wer samstags oder sonntags arbeitet, weiß, was dies für Familie, Freunde und Hobbys bedeutet. Das Gleiche gilt für Nachtarbeit oder nicht beständige Arbeitszeiten.

Sprachen und Gesundheit

Interessant ist wiederum die Erkenntnis, dass Teilzeitarbeit tendenziell zunimmt. In Luxemburg ist sie jedoch weniger ein von Arbeitgebern gefördertes Phänomen. Laut Statec entscheiden sich die Menschen hierzulande vor allem freiwillig für den Schritt zur Teilzeitarbeit. Die meisten Menschen wählten diese Arbeitsform aus familiären Gründen. Hinzu kommt, dass mehr Luxemburger Teilzeit arbeiten (22,2%) als Ausländer (16,5%).
Wie so oft geht das Statec jedoch über die rein deskriptive, vereinfachende statistische Untersuchung hinaus.

Mit Blick auf die aktuelle Sprachendiskussion scheint vor allem eine Erkenntnis von zentraler Bedeutung zu sein: Der Multilinguismus bietet den Menschen in Luxemburg die Möglichkeit, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Zwei Drittel der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter beherrschen vier oder mehr Sprachen. Luxemburger, deren Eltern immigriert sind, beherrschen die meisten Sprachen: 4,9 im Durchschnitt im Vergleich zu 3,9 bei der restlichen Bevölkerung. Gerade dies deutet darauf hin, dass das Armutsrisiko sinken kann, wenn die nötige Sprachkompetenz hierzulande vorhanden ist. Die Mehrsprachigkeit öffnet gesellschaftliche und somit auch berufliche Türen.

Nicht weniger interessant ist die Tatsache, dass die Anzahl der Menschen in gutem Gesundheitszustand mit dem Einkommen und dem Bildungsniveau steigt. Das Statec zieht hieraus mehrere Schlussfolgerungen: Der Anteil der übergewichtigen Menschen sinkt mit einem höheren Bildungsniveau. Menschen mit einem höheren Einkommen treiben mehr Sport. Je höher das Einkommen und der Bildungsgrad, desto weniger rauchen Menschen regelmäßig. Über diesen Kennwert wird wohl so mancher Intellektueller gerne streiten.

Laird Glenmore
18. Oktober 2017 - 9.40

Josiane man kann nicht alle Arbeitslosen über einen Kamm scheren, es gibt welche die würden lieber jetzt als morgen arbeiten gehen, aber es gibt natürlich auch die Sozialschmarotzer die wiesie sagen den ganzen Tag auf der Couch liegen oder schon um 6,30 h halb besoffen vor Delhaize auf den Bänken herumlungern. Das ist aber nicht das gros der Gesellschaft, leider werden die anständigen immer mit diesen in einen Topf geworfen. Wichtig wäre auch mal zu wissen wo die eingesparten Gelder ( Allocation Vie cher oder Index ) der Gemeinden hingeflossen sind schließlich finanzieren wir das ja auch mit unseren Steuergeldern,

Josiane
17. Oktober 2017 - 21.07

Wann d'Ënnerschichte fëmme, saufen an op der Couch leien fir Reality-TV ze kucken, amplaz no hirer Gesondheet ze kucken, wiem seng Schold ass dat dann?

Hannes
17. Oktober 2017 - 20.51

Richtig eine Petition um diese index Anpassungen nachzuholen

Serenissima, en Escher Jong
17. Oktober 2017 - 20.49

Richtig Herr Koch, die 3 gestohlenen Indexanpassungen sind auch schuld dass die Schere immer mehr auseinander klafft.. von wegen zunehmender Verarmung der Bevölkerung......denn für die kleinen und mittleren Einkommensgruppen sind die gestohlenen Indexanpassungen viel Geld aber für die Hochverdiener nur zusätzlich mehr Knete die sie ja gar nicht brauchen..; die Indexanpassungen sollten nachgenommen werden aber mit einer Deckelung und Ausschluss der Hochverdiener dann würde die Schere nicht weiter auseinander gehen so wie jetzt...! Der Statec kann es ja genau berechnen..gegebenenfalls...wo die Grenze zu setzen ist...

KOCH JACQUES
17. Oktober 2017 - 19.58

UND DANN FEHLEN DIE LETZTEN 3 INDEX ANPASSUNGEN WELCHE VON DER REGIERUNG GESTOPPT WURDEN,DIES GESCHEHEN IN DER SOGENANNTEN KRIESE, DIESE FEHLEN IN DEN GEHAELTERN SOWIE IN DEN RENTEN UND PENSIONNEN, NIEMAND SPRICHT MEHR DAVON.

René Charles
17. Oktober 2017 - 15.28

Man vergleiche Mindestlohn und Mindestrente in Luxemburg mit diesen Leistungen in den Nacbarländern. Ausserdem: Auch bei unseren Nachbarn gibt es Mietwucher und Spekulationspreise. Warum ist Bauen z.B. in der Grenzregion um Luxemburg jn allen 3 Nachbar-Ländern viel teurer geworden? Auch hjier bestimmt die Nachfrage den Preis. Ergo...

Dreesen
17. Oktober 2017 - 14.39

Vor 20 jahren habe ich in Belgien ( Antwerpen) mit einem Luxemburger ( Delphi) zusammen gearbeitet, der mir sagte das es noch viel Armut in Luxeemburg gibt, voral die Immo-Preise die bis zu 40% zu hoch angesetzt sind und die Foodpreise in bestimmte Supermärkte,die 20% Ermässigung ( reklame) auf Produkte geben und dabei noch viel zu Teuer sind. Aber die Luxemburger sind es selbst Schuld ( feige),denn die bezahlen alles weil sie sich keine blösse geben wollen. Der Lux-Staat geht da auch nicht frei aus.Das luxemburger Estäblischment mit seinen Seilschaften bestimmt die Politiek.

Laird Glenmore
17. Oktober 2017 - 14.00

Das Problem könnte man auch lösen indem Firmen Leute mit Berufserfahrung einstellen und nicht nur Universitätsabgänger. Menschen die ein leben lang in ihrem Beruf gearbeitet haben und durch was auch immer ihren Job verloren haben bekommen keine Arbeit mehr weil sie zwischen vierzig und fünfzig Jahre alt sind man stellt lieber Arbeitnehmer unter dreißig Jahre ein die auch ein Diplom haben und ein vielfaches von dem Kosten was ein ein Arbeitnehmer mit Berufserfahrung kostet. Wenn man die Annoucen der sogenannten Headhunter liest wird einem Übel, da werden Menschen gesucht die Uni Abschluß haben drei oder vier Sprachen fließend sprechen 5 -10 Jahre Berufserfahrung haben sollen aber nicht älter als fünfundzwanzig oder dreißig Jahre alt sein, das funktioniert nicht, selbst wenn solche Schulabgänger diese Voraussetzungen nicht haben bekommen sie einen tollen Job durch Relationen weil der Vater einen kennt der einen kennt. Ich für meinen Teil würde als Arbeitgeber lieber einen 40 oder 45 jährigen einstellen denn der weiß was zu machen ist in seinem Beruf. Noch ein großes Problem ist die Digitalisierung in manchen Berufen die Arbeitnehmer überflüssig machen, d.h. im Klartext die Gesellschaft macht sich selber kaputt und letztendlich müssen Familienväter Arbeitslosengeld oder RMG bekommen und fallen leider durch diesen Umstand der Allgemeinheit zu lasten, was man durch vernünftiges Agieren verhindern könnte. Es kommt einem fast so vor wie in einer wegwerf Gesellschaft wo man ab eine´m bestimmten Alter nicht mehr dazu gehört, und als Mensch zweiter Wahl behandelt wird.

marek
17. Oktober 2017 - 12.06

@ Jaja Marek, meine Vorfahren waren nicht gebildet, so wie die Eltern so der Sohn. Aber man brauch keine Angst vorm Finanzamt zu haben, weil man mit Verbrechertum nichts zu tun hat.

Jaja Marek,
17. Oktober 2017 - 9.19

Wahrscheinlich letzterses Marek, und sicherlich hasst du auch noch von deinen paar Kröten Steuern bezahlt damit die Oberen Wege nutzen dürfen um daran vorbei zu kommen

marek
17. Oktober 2017 - 8.19

wer arm ist sollte trotzdem lächeln. Ein neutraler Gesichtsausdruck verrät viel über einen. Die Frage ist nur ob reiche sorglosere Gesichter, Falten haben! Die Ungleichheit in unserer Gesellschaft wächst und wächst, ein Produkt unserer Elite das gewollt ist, wie sollte Kriminalität sonst einen Schein haben! " Menschen mit einem höheren Einkommen...."da frage ich mich wirklich warum ein E. Schneider oder Serge Allegreza so dick sind! Wahrscheinlich ist das dem Wohlstand geschuldet, oder? Auch ich bin von der Altersarmut betroffen, frage mich nur was ich falsch gemacht habe bei 43 Jahre Arbeit? Vielleicht war ich wirklich eine dumme Sau die nicht gebildet ist, oder waren es die Dienstgeber die dich ein Lebtag lang über den Tisch gezogen haben!

Marius
17. Oktober 2017 - 8.00

Jedes Jahr zur selben Zeit erzeugt die Luxemburger Presse Alarmstimmung, stets das gleiche Gedöns über das Problem mit der Armut in Luxemburg. Würde diese Statistik unterbleiben, würde es nicht einmal ihnen Herr Sabharwal auffallen, dass es in Luxemburg eine verdeckte Armut gibt. Ich bin täglich in unserer Hauptstadt unterwegs und in Kontakt mit Menschen aus vielen Ländern, doch bis heute kannte ich nur Einzelfälle die finanziell in Schwierigkeiten geraten waren. Alles nur halb so schlimm?