Frühwarnsystem im Test

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Das plötzliche Aufwachen während einer Operation ist zwar ein seltenes, für den Patienten aber meist schreckliches Ereignis. Forscher arbeiten nun an einem neuen System, dass rechtzeitig Alarm schlagen soll.

Ab und zu werden Patienten mitten in der Operation wach – ein Horrorszenarium, das nicht nur psychologische Schäden hinterlässt, sondern auch die Operation gefährdet. Forscher am Universitätsklinikum in Halle haben jetzt einen Ansatzpunkt gefunden, um die Gefahr des Aufwachens zu verringern. Bislang haben sie ihre Hypothese erst bei 23 Patienten getestet und ihre Erkenntnisse im „Journal of Neurosurgical Anesthesiology“ veröffentlicht. Nun wollen sie ein Forschungsprojekt dazu starten.

Neurochirurg Professor Christian Strauss und Anästhesist Professor Michael Bucher haben die Methode zusammen mit einem fünfköpfigen Team entwickelt. „Das vorzeitige Erwachen aus der Narkose ist eine Urangst des Menschen“, sagt Bucher. Doch allgemein sei dies über alle Patienten gesehen ein sehr seltenes Ereignis mit einer statistischen Wahrscheinlichkeit von 1 zu 14 000. „Allerdings kann sich die Wahrscheinlichkeit bei bestimmten Risikopatienten und Risikoeingriffen möglicherweise auf bis zu 1 von 100 Patienten erhöhen“, sagt Bucher.

Ein Zufall

Er uns seine Kollegen beobachteten das Wirkungsprinzip für das geplante Verfahren durch Zufall. Zur Überwachung von Operationen an der Schädelbasis werden standardmäßig Elektroden, ähnlich dünn wie Akupunkturnadeln, in die Schlund- und Rachenmuskulatur eingebracht. «Immer etliche Minuten vor dem geplanten Aufwachen der Patienten aus der Narkose bemerkten wir eine Aktivitätszunahme», sagt Bucher.

Daraufhin entwickelten die Forscher eine spezielle Software, mithilfe derer eine lückenlose Computerüberwachung während der Operation gewährleistet werden soll. «Bei den ersten Tests wurden Aktivitäten des Patienten etwa 12,3 Minuten vor einem möglichen ungewollten Aufwachen des Patienten registriert», sagt Neurochirurg Julian Prell, Entwickler und Mitglied der Forschergruppe. Diese Zeit reiche für Gegenmaßnahmen.

Studie soll Ende 2012 beginnen

Der Beginn der Studie ist für Ende 2012 geplant. Insgesamt sollen 178 Patienten bei unterschiedlichen Operationen über zwei Jahre lang mit dem neuen Verfahren überwacht werden. Geeignet scheint es bei allen Operationen, bei denen keine Medikamente zur Ausschaltung der Muskulatur während des Eingriffs erforderlich sind. «Wir wollen ein Verfahren entwickeln, bei dem der Aufwand so gering wie möglich ist. Das Kontrollsystem sollte robust und möglichst einfach zu bedienen sein,» sagt Strauss.

Deshalb sollen im Rahmen der Studie die Elektroden statt in Rachen und Schlund im Gesichtsbereich angelegt werden. „Das ist praktisch bei jeder Operation möglich und einfach zu handhaben“, sagt Strauss. Bis zu sechs Nadeln werden an bestimmte Punkte wie Mundbereich, Nasenfalte und Augenwinkel angebracht und mit dem Monitor eines Elektromyogramms verbunden.

„Das ist ein vielversprechender Forschungsansatz und dringt weit in das Fachgebiet der Anästhesie vor“, sagt der Direktor der Anästhesiologischen Klinik am Universitätsklinikum im bayrischen Erlangen, Professor Jürgen Schüttler. „Kopf-, Gesichts- und Halsmuskulatur sind sicherlich mögliche Indikatoren, um die Narkosetiefe von Patienten zu analysieren.“