Fit durchs Treppensteigen

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Gewichte drücken im Fitnessstudio, ein Dutzend Kilometer auf dem Fahrrad zurücklegen oder im Schwimmbad eine Bahn nach der nächsten ziehen: Wer Sport macht, fühlt sich besser und bleibt fit.

Doch vielen Menschen fällt es schwer, den inneren Schweinehund zur regelmäßigen Dosis Sport zu verpflichten. „Die erzwungene Sporteinheit ist gar nicht unbedingt erforderlich“, sagt Professor Wolfgang Schlicht vom Institut für Sport- und Bewegungswissenschaft an der Universität Stuttgart. Rund 150 Minuten moderate körperliche Aktivität pro Woche seien für die Erhaltung der Gesundheit Minimum. Doch diese könne man auch im Alltag erreichen, beispielsweise durch einen flotten Fußmarsch zur Arbeit: „Wer sich im Alltag viel und bewusst bewegt, steigert sein körperliches und seelisches Wohlbefinden ganz nebenbei.“

Von acht bis fünf im Büro, danach am Küchentisch und schließlich vor dem Fernsehgerät: „Viele Menschen verbringen den Tag überwiegend sitzend“, beklagt Schlicht. Das Dauersitzen sei aber eine der größten Gesundheitssünden: „Nicht nur Knochen und Gelenke altern schneller, auch das Herz-Kreislauf-System ist einem wesentlich höheren Erkrankungsrisiko ausgesetzt.“ Schlicht forscht mit seinem Team seit mehreren Jahren, welche Wirkung ein aktiver Alltag auf die Gesundheit hat. „Wir wissen, dass es allein schon eine enorme gesundheitliche Verbesserung bringt, wenn man beim Fernsehen jede halbe Stunde aufsteht und sich kurz bewegt.“ Der menschliche Körper sei nicht für das Sofa gemacht, ist Schlicht überzeugt: „Sitzen macht auf Dauer krank.“

Treppe statt Fahrstuhl

In Haushalt und Beruf soll alles so reibungslos und einfach wie möglich ablaufen: „Oft ist das Leben so eingerichtet, dass man mit dem geringsten körperlichen Einsatz die größtmögliche Wirkung erzielt.“ Doch genau andersherum sollte es sein: „Verkomplizieren Sie Ihr Leben wieder, nutzen Sie möglichst viele Gelegenheiten, sich zu bewegen“, rät Schlicht. Statt ins Auto zu steigen, könne man mit dem Fahrrad zur Arbeit oder zum Einkaufen fahren oder zu Fuß gehen: „Steigen Sie bei öffentlichen Verkehrsmitteln einfach eine Haltestation später ein oder früher aus.“ Sinnvoll sei es auch, immer die Treppe statt des Fahrstuhls zu nehmen. „Treppensteigen ist eine einfache, aber gesundheitlich sehr effektive Alltagsaktivität.“ Ein Schrittzähler motiviere zur zusätzlichen Gehstrecke: „Wir empfehlen mindestens 10.000 Schritt pro Tag.“

Beim Zähneputzen auf einem Bein stehen, beim Kochen am Herd mit den Füßen wippen oder die Schnürsenkel im Stehen zubinden: „Die ganzen kleinen zusätzlichen Bewegungen sind einzeln betrachtet natürlich Pipifax“, sagt Schlicht, „aber in der Menge haben sie eine große Wirkung.“ Auch auf das Wohlbefinden: „Ein aktiver Alltag reduziert Stress, sorgt für bessere Laune und Ausgeglichenheit.“ Anstatt sich mit schlechter Laune zum anstrengenden Work-out zu schleppen, könne ein aktiver Alltag eine gute Alternative sein: „Wir wissen aus unseren Studien, dass die regelmäßige und fortlaufende Bewegung jeden Tag einen sehr großen gesundheitlichen Nutzen erzielt.“ Denn: Ein aktiver Alltag stärkt die Muskulatur, fördert die Durchblutung, stärkt die Ausdauer und Koordination: „Besonders Menschen der Generation 50plus sollten ein aktives Alltagsbewusstsein entwickeln, um den natürlichen Alterungsprozessen entgegenzuwirken.“

Im Stehen Telefonieren

Effektive Arbeitsabläufe haben bei Menschen, die im Büro arbeiten, eine hohe Priorität: „Das sollte aber nicht zulasten der Bewegung gehen“, sagt der Sportwissenschaftler und gibt Tipps: „Stellen Sie den Drucker so weit weg, dass Sie in jedem Fall aufstehen müssen, um das Papier zu holen, und anstatt Kollegen in anderen Etagen nur anzumailen oder anzurufen, gehen Sie lieber direkt hin.“ Mit ein wenig Fantasie ergeben sich unzählige Möglichkeiten, die Bequemlichkeit auszutricksen: In der Mittagspause nicht direkt in die Kantine , sondern erst eine Runde um den Block gehen, immer nur im Stehen telefonieren, jede bearbeitete Akte einzeln ins Archiv tragen. Schlicht weiß: „Am Anfang ist die verstärkte Aktivität noch etwas ungewohnt, aber bald möchte man sie nicht mehr missen.“