Als der Zahnarztbesuch noch Folter war

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Unsere Zähne begleiten uns durchs Leben. Eine Ausstellung im Medizinhistorischen Museum der Uni Zürich widmet sich der Zahnpflege und -behandlung von der Antike bis zur Gegenwart.

Zahnärzte haben ein Imageproblem: Was von ihnen im Gedächtnis bleibt, sind der Schmerz, der den Zahnarztbesuch herbeizwingt, und das Gefühl des Ausgeliefertseins während der Behandlung. Von der Erleichterung danach spricht kaum jemand. Dabei können Patienten sich heute glücklich schätzen, denn früher erforderte der Besuch beim Zahnarzt wahrlich Mut.

Die ältesten Belege für Zahnbehandlungen reichen rund 4000 Jahre zurück. Mit einer Rezeptur aus Mischbier, Salz und Sesamöl versuchten die Mesopotamier, dem von «Dämonen» hervorgerufenen Schmerz zu Leibe zu rücken. Im Mittelalter sollten Gaben und Gebete zur heiligen Apollonia unseren Vorfahren Linderung verschaffen, Schluckbildchen mit ihrem Abbild vor Zahnerkrankungen bewahren. Die Sorge kam nicht von ungefähr: Bis in die Neuzeit hinein bedeutete Zahnbehandlung vor allem, kranke Zähne auszureissen. Fahrende Zahnbrecher und Schmiede setzten das Hebeeisen an – und mit etwas Glück erwischten sie auch den richtigen Zahn. Nicht selten brachen sie dabei Teile des Kiefers heraus und verursachten tödliche Infektionen. Erst bessere anatomische und bakteriologische Kenntnisse brachten Fortschritte.

Mittels Tretbohrer und Plomben konnten Zahnärzte zum Ende des 19. Jahrhunderts immerhin schadhafte Zähne reparieren – eine wirksame Betäubung aber fehlte. Erst ab 1847 kam in der Schweiz die Äthernarkose zum Einsatz; seit 1884 ist eine Lokalanästhesie mittels Spritze möglich. Patienten mit Spritzenphobie half das allerdings wenig. Doch für sie besteht seit kurzem die Möglichkeit, Narkosemittel mit Hochdruck ins Gewebe zu pumpen. Das zeigt, dass neben der Verbesserung von Zahnbehandlung und -ersatz heute auch die Schmerzlinderung im Zentrum der Forschung steht – damit der Besuch beim Zahnarzt in guter Erinnerung bleibt.

tageblatt.lu / 20 Minuten