Vom Space Mining zur Space Nation

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Es ist noch nicht lange her. Im Februar vergangenen Jahres hatte Wirtschaftsminister Etienne Schneider die Luxemburger Weltraum-Initiative gestartet. Seitdem ist viel passiert. Und es ist noch mehr geplant.

„Alles entwickelte sich viel schneller als je von uns erhofft“, so Etienne Schneider gegenüber dem Tageblatt. „Es gibt ein wahrhaft riesiges Interesse.“ Man habe mittlerweile sogar schon das Team erweitern müssen, um den Andrang von Unternehmen und Forschungszentren, die sich nun für Luxemburg interessieren, meistern zu können.
Mit dem Unternehmen Spire haben sich seit dem Start der Initiative sieben neue Space-Firmen in Luxemburg niedergelassen. Rund 100 potenzielle Interessenten stehen noch auf der Liste. „Fast täglich melden sich neue Firmen und Forschungszentren, die mit Luxemburg kooperieren wollen“, so der Minister. Der Erfolg sei geradezu „enorm“.

20 bis 25 Millionen Euro ausgegeben

Dabei hat die Initiative den Staat bisher nur wenig Geld gekostet. Rund 200 Millionen Euro waren für das Projekt vorgesehen – bisher „haben wir jedoch erst 20 bis 25 Millionen ausgegeben“, so der Minister. Teil dieser Summe ist dabei auch die Beteiligung, die Luxemburg an der US-Gesellschaft Planetary Resources eingegangen ist.
„Alles zu bezahlen, ist dabei nicht unser Ziel“, so Etienne Schneider weiter. „Wir schaffen die (gesetzlichen) Rahmenbedingungen, um Weltraum-Initiativen voranzubringen.“ Zudem helfe man den Firmen beim Aufbau einer Infrastruktur und bei der Forschung.

Doch da ohne Geld nichts geht, soll kurzfristig auch eine neue Finanzierungs-Initiative gestartet werden. Diese soll die Form einer öffentlich-privaten Partnerschaft annehmen und bei der künftigen Luxembourg Space Agency angesiedelt werden. An diesem Fonds würden sich private Investoren mit mehreren hundert Millionen Euro beteiligen. Hier angesiedelte Experten würden dann auswählen, in welche Weltraum-Unternehmen investiert werden soll. Vielleicht könnte schon in einigen Wochen mehr darüber gesagt werden, so der Minister.

Der nächste Schritt der Weltraum-Initiative findet bereits heute und morgen statt. Und zwar mit der zweitägigen „New Space“-Konferenz auf Kirchberg. Rund 60 Weltraumexperten aus aller Welt kommen nach Luxemburg. Hier werden sie über die künftigen Pläne für den Mond sowie über den Weg Richtung Mars diskutieren. Fachtreffen auf einem derart hohen Niveau habe es bisher nur in den USA gegeben, unterstrich der Minister gestern.

Ganz nebenbei sollen auf der Konferenz dann neue Geschäftsideen und Kooperationen entstehen. Das besondere an „New Space“ ist nämlich, dass es nicht um staatlich finanzierte Weltraumforschung, sondern um neue Möglichkeiten für den Privatsektor geht. Das wohl bekannteste „New Space“-Unternehmen ist SpaceX von Elon Musk. Der Visionär selbst wird jetzt zwar nicht in Luxemburg sein – dafür aber die Nummer zwei seines Unternehmens, Gwynne Shotwell.

Weltraumschrott als Geschäftsmodell

„Jedes Land versucht derzeit, sich in Zukunfts-Sektoren zu positionieren“, so Schneider weiter. „Aber fast jedes Land setzt auf die gleichen Sektoren. Wir brauchten also etwas anderes. Und im Weltraum sind wir nun Vorreiter. Dieses Terrain war noch nicht besetzt. Wir sind die Ersten in Europa und die Nummer zwei in der Welt (nach den USA).“ Die Strategie sei demnach von Erfolg gekrönt. „Wir sind nicht einer von vielen – sondern als Kleiner ganz groß.“ Und die Weltraummächte „wollen nun mit uns arbeiten.“

Und die Ideen gehen dem Minister dabei nicht aus. Er hat bereits das Thema Weltraumschrott als künftiges Geschäftsmodell ausgemacht. Weltraumschrott entwickelt sich nämlich zum Problem für den Sektor: Satelliten verbrauchen viel Treibstoff, um Kollisionen mit dem Müll zu verhindern – und das verringert die Lebensdauer der Satelliten und kostet somit viel Geld.

„Wir setzen uns nun bei den Vereinten Nationen für ein neues Regelwerk ein“, so Schneider. Man wolle die Weltraumunternehmen (gesetzlich) dazu verpflichten, den von ihnen verursachten Müll zu entsorgen. Das mögliche Geschäftsmodell sieht so aus: Ein Müllentsorgungs-Unternehmen im Weltraum. Und der eingesammelte Schrott könnte zudem im Orbit wiederverwendet werden. Technisch sei es machbar, so der Minister. Und bei den Vereinten Nationen werde mittlerweile „ganz aktiv“ am Thema gearbeitet.

Fast zwei Prozent der nationalen Wirtschaftsleistung

Dass viele der neuen Luxemburger Weltraumunternehmen eigentlich kaum mehr etwas mit Rohstoff-Abbau im All zu tun haben, stört dabei niemanden. Das wahre Space Mining wird wohl erst in 10-15 Jahren konkreter. Bis dahin jedoch hat Luxemburg einen neuen Wirtschaftssektor entwickelt und wird demnach weniger abhängig von den Schwankungen der Finanzmärkte sein.

Und dass der Weltraumsektor bereits heute für fast zwei Prozent der nationalen Wirtschaftsleistung (hauptsächlich SES) steht, „ist enorm und wird in der Welt gesehen“, so Schneider. Es sei der wohl höchste Wert der Welt und er wird wohl in Zukunft noch weiter steigen.

„Luxemburg ist mehr und mehr mit Weltraum gleichzusetzen“, unterstreicht Peter Platzer von Spire. Auch dank dieser Initiative hebe sich das Land von den meisten anderen deutlich ab.


Das neue Luxemburger Space-Unternehmen: Spire

Seit diesem Mittwoch zählt Luxemburg ein Weltraum-Unternehmen mehr. Dabei handelt es sich um die US-Firma Spire. Mit Rohstoff-Abbau im Weltraum hat sie eigentlich nichts zu tun – nur dass das Unternehmendurch diese Initiative auf Luxemburg aufmerksam wurde.

Spire ist eigentlich bereits zu groß, um als Start-up zu gelten. Vom US-Magazin Forbes wird es dennoch zu den aussichtsreichsten 25 US-Start-ups gezählt. Das fünf Jahre alte Spire beschäftigt heute bereits rund 130 Mitarbeiter an seinen Standorten in den USA und in Glasgow (Großbritannien), wo es die Satelliten baut.

Zudem hat die Gesellschaft bereits 52 ihrer Satelliten in den Weltraum befördert – davon sind derzeit 40 aktiv. Das Besondere an den Satelliten von Spire ist ihre Größe: Sie sind gerade mal etwa so groß wie eine Flasche Wein oder ein Schuhkarton. Langfristig plant die Gesellschaft, rund 100 dieser Satelliten im Orbit zu platzieren.

Luxemburg wird Aktionär

Mit diesen Satelliten können dann die Bewegungen von Schiffen und Flugzeugen weltweit verfolgt werden. „Doch der Bereich, in den wir die meisten Hoffnungen setzen, sind Wettervorhersagen“, so der Geschäftsführer von Spire Global, Peter Platzer. Und im Gegensatz zu den wahren Space-Mining-Firmen verdient Spire bereits heute Geld mit den gesammelten Daten. Bis zum Ende dieses Jahres rechne er sogar damit, Gewinne zu erwirtschaften, so der gebürtige Österreicher auf Nachfrage.

250 neue Jobs

Spire möchte seinen Europasitz nun nachLuxemburg verlegen. Hier sollen Bereiche wie Dienstleistungen, Geschäftsentwicklung sowie die Verarbeitung der von den Satelliten gesammelten Daten angesiedelt werden. Das Unternehmen will die neuen Möglichkeiten nutzen, die der künftig in Luxemburg angesiedelte Supercomputer HPC bieten kann. Luxemburg wird sich derweil auch am Kapital der Muttergesellschaft, Spire Global, beteiligen. Insgesamt 15 Millionen Euro investiert der Luxemburg Future Fund, der die Diversifizierung der nationalen Wirtschaft unterstützt, in die Gesellschaft. Hinzu kommen noch rund zehn Millionen Euro, die das Wirtschaftsministerium der Gesellschaft für Forschungsprojekte in Luxemburg zur Verfügung stellen wird.

Innerhalb von fünf Jahren will Spire hierzulande 250 Jobs schaffen. Ab Freitag werden die ersten rund 20 Stellenangebote auf der Webseite spire.com/careers ausgeschrieben werden, fügt Peter Platzer hinzu.