/ Unternehmerin aus Leidenschaft
Claude Wolf
„Manchmal gelingt die Mischung auf Anhieb. Mitunter muss ich lange tüfteln, bis die Harmonie stimmt“. Gélua Naveh macht keine halben Sachen. Sie nimmt ihre Besucher gleich mit auf die Reise durch die Welt der Schokolade. Sie geht dabei nicht bis auf die Azteken oder Maya zurück.
Die Aufzucht und Verarbeitung der Kakaobohnen sei ein anderes Metier. Ihr Beruf ist die Verarbeitung der Schokolade mit Butter, Sahne, Zucker, Haselnüssen oder Mandeln, mit Blüten, Essenzen oder Gewürzen.
„Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt“, sagt die Unternehmerin. Bis übers Handgelenk taucht sie ihre Hände mitunter in die Schokolade. „Man muss sie spüren“, schmunzelt sie genießerisch.
Am Anfang war der Traum
Das Endergebnis ihrer Tüfteleien steht in einem Schälchen auf dem Schreibtisch. Ob Karamell oder Kaffee, Himbeeren, Pistazien, rosa Pfeffer, Ingwer, Chili, Veilchenblüten, jede Geschmacksrichtung wird erprobt, getestet, verkostet und immer wieder kommentiert.
Dafür hat die Unternehmerin in ihrem Atelier an der route d’Arlon in Strassen eine spezielle Produktionseinheit, wo sie experimentieren und die Pralinen quasi nach Maß herstellen kann. Für die größeren Quantitäten gibt es eine zweite, umfangreichere Herstellungslinie.
„Wir sind ein Handwerksbetrieb und keine industrielle Produktionseinheit“, betont Gélua Naveh mit Nachdruck. Industriell will sie nicht werden. Mit ihren acht Angestellten stellt sie pro Monat anderthalb Tonnen Schokoladenprodukte her. Davon gehen mehr als 80 Prozent ins Ausland, vornehmlich nach Marokko.
Von Haus aus ist die gebürtige Marokkanerin mit israelischem Pass Wissenschaftlerin, ihr Berufsweg begann in der Forschung. Als das Leben die dreifache Mutter nach Südafrika verschlug, verdiente sie dort ihr Geld an der Spitze einer erfolgreichen Kleiderfabrik.
Doch immer schon war Gélua Naveh eine begeisterte Köchin und Feinbäckerin mit einer ganz besonderen Vorliebe zur Schokolade. Als sie nach Europa kam ließ sie sich in Frankreich, der Schweiz und Belgien als „Chocolatière“ ausbilden. Bei Lenôtre in Paris bekam sie die Grundkenntnisse, es folgten weitere Lehrgänge, darunter auch an der renommierten „chocolate academy“ von Barry.
In Luxemburg fanden ihre Fähigkeiten bei „Luxembourg Accueil“ viel Anklang, ihre Ateliers waren beliebt und stets ausgebucht. Dazu kamen immer wieder Spezialaufträge. In ihrer Küche herumzubasteln entsprach jedoch nicht ihrem Unternehmergeist und so reifte die Idee, das Hobby zum Beruf zu machen.
2005 fiel die Entscheidung. „Wir haben von der Regierung eine wunderbare finanzielle Starthilfe bekommen“, schwärmen Gélua und David Naveh.
Aus Luxemburg in die ganze Welt
Der Finanzberater, dessen vielfältigen Aufträge den Weg der Familie vorzeichneten, ist heute Berater der Firma Genaveh und als solcher zuständig für die Logistik des Unternehmens, das als Lebensmittelhersteller strengen hygienische Vorgaben unterliegt.
Die fertigen Schokoladenprodukte müssen in einer genau geregelten Kühlkette zwischen 14 und 18 Grad Celsius gelagert und transportiert werden. In die Riege der einheimischen Konditoren wollte Gélua Naveh mit ihrem Unternehmen nicht eindringen. Sie wollte Schokoladenprodukte herstellen und diese so gut wie möglich verkaufen.
„Mir war bewusst, dass es mit dem Traum allein nicht getan war und ich meine Produktion an den Kunden bringen muss“, sagt die Geschäftsfrau nüchtern. Zugute kamen ihr ihre Reiselust und ihre internationale Erfahrung: Als sie gleich bei ihrer ersten Teilnahme am Pariser „Salon du Chocolat“ 600 Kilogramm ihrer süßen Köstlichkeiten verkaufte, war der Damm gebrochen.
Mittlerweile kommt sie auf fünf Teilnahmen und zwei Ehrenpreise. Präsent war das Haus Genaveh in den letzten Jahren auch auf den Schokoladen-Salons in Japan und China. „Die Krise hat uns vor neue Herausforderungen gestellt“, sagt das Ehepaar.
Die asiatischen Märkte sind für europäische Hersteller interessant, weil die aufstrebende Mittelschicht auf westliche Produkte aus ist. Die Geschmäcker sind jedoch unterschiedlich.
Die asiatische Kundschaft isst fast nur Bitterschokolade, Milchprodukte kennt und verträgt sie nicht gut. „Die Asiaten lieben Show-Cooking. Allein deshalb ist unsere Anwesenheit wichtig“, sagt Gélua Naveh, die vor mehr als 800 Zuschauern in Schanghai „schau-kochte“.
Der Erfolg blieb nicht aus. „Wir müssen an diesen Märkten dranbleiben“, sagt das Ehepaar und spricht im gleichen Atemzug von den Schwierigkeiten beim Handel mit China.
Hilfe kam wiederum von der Regierung, die Wege ebnete und Türen öffnete. In China will das Luxemburger Atelier so weit wie möglich selbständig und ohne Zwischenhändler arbeiten. Die internationale Tätigkeit darf die persönliche Kreativität nicht beeinträchtigen.
Der direkte Kontakt zum Kunden ist wichtig. Seine Erwartungen müssen in die Produktion einfließen.
Hier lastet alles auf den Schultern der Unternehmerin. Sie ist bei Genaveh die Kreative, sie erfindet die neuen Pralinen, die sie aus 200 Zutaten aus aller Welt zusammensetzt. Zurzeit laufen Versuche rund um den Kaffeegeschmack, sowie eine Kombination von Tee und Blumen.
„Der Teegeschmack unterstreicht die Essenzen der Blume“, so Gélua Naveh. Hat ihre jeweilige Erfindung von der Belegschaft und vom wichtigsten Vorkoster David Naveh grünes Licht bekommen, geht sie in die Produktion.
Drei Tage sind notwendig, um aus dem Basisprodukt Schokolade eine Praline zu machen. Am ersten Tag werden die Zutaten vermischt und zu einer festen Masse geformt, die am zweiten Tag ruhen muss, bevor sie geschnitten und am dritten Tag dekoriert und verpackt wird. Die achtköpfige Belegschaft von Genaveh ist mit allen Etappen der Verarbeitung vertraut.
Ausgebildete Mitarbeiter findet die Chefin allerdings selten, die meisten hat sie selbst mit der Schokoladenherstellung vertraut gemacht. Der jüngste Rekrut ist ihr eigener Sohn, den sie jedoch eher als Nachfolger seines Vaters sieht, als für sich selbst.
„Ich werde wohl weiterarbeiten, bis meine Enkelin für die Nachfolge bereit ist“, sagt sie über das kleine Mädchen, das ihrem Empfinden nach die Schokolade spürt und deshalb die Geschichte des 2005 begonnenen Abenteuers weiterschreiben wird.
Frohe Ostern: Das Geschäft mit der Schokolade ist saisonal, selbst wenn eingeschworene Liebhaber das ganze Jahr über an der süßen Verführung festhalten.
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