/ Top Manager sollen die Bank verlassen
Rund um den 70. Jahrestag der Landung alliierter Truppen in der Normandie fanden eine Reihe internationaler Foren und Rundtisch-Gespräche statt. Unter den Teilnehmern sollten sich Jean-Laurent Bonnafé, Generaldirektor der Bank und Baudoin Prot, Präsident des Verwaltungsrates befinden. Beide sagten ihre für den 5. Juni geplante Anwesenheit in der Normandie ab. Die US-Wirtschaftszeitung Wall Street Journal berichtete, dass der Vorsitzende des Verwaltungsrates der BNP Paribas, Baudoin Prot, sein Amt aufgeben wird. Die französische Presse schreibt, dass die Bank sich möglicherweise von Vorstandsmitglied Georges Chaudron de Courcelles (64), trennen werde.
Auf beide Personen konzentriert sich die Frage, ob die BNP Paribas mit der New Yorker Finanzaufsicht einen Handel über eine Strafe von acht bis zehn Milliarden Dollar aushandeln kann. Baudoin Prot fungierte als Generaldirektor der Bank in der Zeit, als das Finanzinstitut von 2002 bis 2009 Rohstoffgeschäfte finanzierte, die in Dollar mit dem Iran, dem Sudan und mit Kuba abgewickelt wurden. Die Geschäfte umgingen ein US-Embargo gegen die drei Länder. Baudoin Prot ist auch der Mann, der die BGL in der Phase des Zusammenbruchs der Fortis Gruppe in langen Verhandlungen mit der luxemburgischen Regierung übernahm und als BGL BNP Paribas in die BNP Paribas integrierte. Prot soll den Artikel im Wall Street Journal am Vorabend der Veröffentlichung zu einer Stellungnahme erhalten haben. Er gab keine Stellungnahme ab. Georges Chaudron de Courcel ist für das Firmengeschäft bei der BNP Paribas zuständig. Er ist aber auch Vorsitzender des Verwaltungsrates der BNP Paribas in Genf. Von dort aus wurden die Geschäfte abgewickelt, die die Bank in Schwierigkeiten gebracht haben. Laut der französischen Zeitung „Le Monde“ haben die Vereinigten Staaten noch nicht offiziell verlangt, dass Chaudron de Courcel und Baudoin Prot ihre Posten aufgeben.
Krisenstimmung
Hinter der Kulisse soll bei der größten französischen Bank Krisenstimmung herrschen. Eine in den französischen Medien immer häufiger herausgestellte falsche Strategie im Umgang mit der New Yorker Finanzaufsicht und mit Staatsanwalt Cyrus Vance setzt die Bank unter Druck. Hinzu kommt, dass in den USA wenig Verständnis dafür herrscht, dass der französische Staatspräsident François Hollande und Außenminister Fabius über die politische Schiene versuchen, auf die Gespräche Einfluss zu nehmen. Außenminister Fabius schwingt dabei die schwerste Keule: Er droht, das transatlantische Handelsabkommen, über das derzeit Europa und die USA verhandeln, platzen zu lassen, falls die BNP Paribas zu einer Strafe verurteilt wird, die tatsächlich zwischen acht und zehn Milliarden US Dollar liegt.
Frankreich hat sichtlich nicht verstanden, dass in den USA gewählte Staatsanwälte die Unabhängigkeit der Justiz wahren und die Einmischung der Politik in Justiz-Verfahren nicht geduldet wird. Präsident Barrack Obama hat daher auch in Gesprächen mit François Hollande Einmischungen zurück gewiesen. Es sei nicht die Kultur seines Landes, dass der Staatspräsident der Justiz seine Meinung mitteile, ließ er Hollande abblitzen und fügte an, dass das in anderen Ländern möglicherweise anders sei.
Zwei Systeme
Es treffen zwei Systeme aufeinander: Die Staatsauffassung aus Frankreich kollidiert mit der Gesetzes-Auffassung in den USA. Auch die Kulturen sind anders: In Verfahren dieser Art spielen die betroffenen amerikanischen Unternehmen Transparenz und kooperieren mit der Justiz. Das zahlt sich – je nach Sachverhalt – in geringeren Geldstrafen aus. Und: Das amerikanische System geht davon aus, dass man in Verhandlungen langwierige Prozesse vermeiden kann. Die BNP Paribas aber – das ist der Vorwurf, der ihr in den USA gemacht wird – soll mauern. Schlimmer noch: Sie soll zugesichert haben, nach 2009 keine Geschäfte dieser Art mehr zu machen, sie aber dennoch fortgeführt haben. Ihr wird nun vorgeworfen, gelogen und die Justiz getäuscht zu haben. Ihr wird weiter vorgeworfen, Dokumente gefälscht zu haben, damit die Finanzaufsicht diese Unternehmungen nicht entdeckt.
Die BNP Paribas befindet sich in noch anderer Hinsicht in einer schwierigen Situation. Während sich etwa Bank of America oder JP Morgan Chase in Zivilverfahren hohe Geldstrafen mit der Regulierungsbehörde vereinbarten, befindet sich die französische Großbank in einem Strafverfahren. Der New Yorker Staatsanwalt Cyrus Vance bearbeitet das Verfahren gegen die Pariser Bank.
Vance ist auch der Staatsanwalt, der das Verfahren gegen den ehemaligen Chef des Internationalen Währungsfonds, Dominique Strauss Kahn, im Jahre 2011 führte. Strauss Kahn war damals beschuldigt worden, ein Zimmermädchen in einem New Yorker Hotel zum Sex gezwungen zu haben. Das Strafverfahren wurde später eingestellt. Im Zivilverfahren soll es mit dem Zimmermädchen eine finanzielle Einigung gegebven haben. Das Risiko für die Bank besteht darin, dass, wenn es mit der Regulierungsbehörde keine Einigung gibt, von der Regulierungsbehörde eine Entscheidung gibt, die nur auf dem Klagewege aufgehoben werden kann. Die Bank muss dann zusätzulich damit rechnen, auch in einem Strafverfahren belangt zu werden. Die New Yorker Finanzaufsicht aber droht dem französischen Finanzinstitut auch, ihr für eine gewisse Zeit das Recht zu nehmen, Dollargeschäfte zu machen. Das käme dem zeitweiligen Entzug einer Banklizenz in den USA gleich. Der BNP Paribas droht daher insgesamt der Absturz von der größten Bank Europas in die Liga einer einfachen französischen Bank. Der Aktienkurs ist um etwa 13 Prozent abgestürzt. Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg hat die Kunden der Bank verunsichert, als er vom Tod der Bank im falle der Strafe in höhe von bis zu zehn M;illiarden US Dollar sprach. Ein Strafverfahren würde sich gegen die verantwortlichen Vorstandsmitglieder jener Zeit richten.
Luxemburgs Erfahrung
Luxemburg hat eine entsprechende Erfahrung. Im Kartellverfahren gegen die Cargolux hatte der damalige Vorsitzende des Verwaltungsrates, Marc Hoffmann, mit den US Behörden eine Geldstrafe in dreistelliger Millionenhöhe ausgehandelt und Immunität für Vorstandsmitglieder im Falle eines Strafverfahrens. Die Immunität galt allerdings nicht für den Generaldirektor und das Vorstandsmitglied für Marketing. Beide wurden in den USA zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, die sie auch verbüßten.
Wie man eine solche Situation im Bankenbereich managed, zeigt der Credit Suisse. Er bekannte sich schuldig und erreichte in den Verhandlungen mit der New Yorker Finanzaufsicht, dass er an seinem Management festhalten darf. Stattdessen mussten neun andere Mitarbeiter entlassen werden. Der Chef der Finanzaufsicht der Metropole am Hudson River, Benjamin Lawsky, fordert mittlerweile nicht nur, dass zwölf Mitarbeiter entlassen werden, sondern dass es auch personelle Konsequenzen im Management gibt. Lawsky fordert weiter ein Schuldeingeständnis der BNP Paribas, das die aber (noch) nicht zu geben bereit zu sein scheint.
US-Gesetzgebung
Warum ist die BNP Paribas überhaupt in eine solche Situation geraten? Die USA haben in ihre Gesetzgebung Bestimmungen aufgenommen, wonach alle Geschäfte, die in Dollar abgewickelt werden, oder in den USA oder über die USA abgewickelt werden, mit den Bestimmungen amerikanischer Verordnungen und Gesetze übereinstimmen müssen. Die Verträge, die das Institut abgewickelt hat, liefen in US Dollar. Nach US Recht hat die Bank damit gegen amerikanisches Recht verstoßen. Frankreichs Außenminister Laurent Fabius setzt mit einer seiner Drohungen hier auch an. Er wolle, sagte er, zukünftig die Bedeutung des US Dollar als weltweite Handelswährung zurückdrängen. Für sein Land dürfte das nicht einfach sein. Frankreich hat ein Außenhandelsdefizit, importiert also als es ausführt. Das dürfte nur schwierig zu realisieren sein. Airbus verkauft seine Flugzeuge in der US Währung und internationale Konzerne wie ArcelorMittal – in Frankreich stark vertreten – erstellen ihre Bilanz in US Dollar.
Die Summe von bis zu zehn Milliarden US-Dollar Strafe (7,3 Milliarden Euro), die in Frankreich hohe Wellen schlägt, ist nicht die höchste Geldstrafe, die in den USA von einer für eine Bank. JPMorgan Chase zahlte 13 Milliarden US Dollar, Bank of America zwölf. BNP Paribas würde mit acht bis zehn Milliarden auf dem dritten Platz landen. Insgesamt haben zehn Banken im vergangenen Jahr an die US-Behörden im Rahmen von Vergleichen 75 Milliarden US-Dollar gezahlt.
Noch aber sind die verschiedenenen Strafen gegen BNP Paribas ist die Geldstrafe gar nicht ausgesprochen. Während im Vordergrund Säbelgerassel zu hören ist, wird im Hintergrund weiter verhandelt.
(Helmut Wyrwich / Tageblatt.lu)
- Was Jugendliche im Internet treiben: Bericht zeigt Nutzungsverhalten auf digitalen Geräten - 8. Februar 2023.
- Kritik am FDC: Die „schmutzigen“ Investments des „Pensiounsfong“ - 7. Februar 2023.
- Ein Plan für mehr Naturschutz in Luxemburg - 3. Februar 2023.