„Stabilität und Vertrauen“

„Stabilität und Vertrauen“
(Tageblatt/Hervé Montaigu)

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Finanzminister Luc Frieden hielt am Mittwoch im Rahmen der ALFI-Konferenz für alternative Investmentfonds, "eine realistische Rede" über den Zustand Europas und den Finanzplatz Luxemburg.

„Wir durchleben eine sehr schwere Zeit. Wir sehen uns einer Vertrauens- und Stabilitätskrise ausgesetzt, die sowohl die Finanzinstitutionen als auch die Staaten selbst betrifft.“

Es war fast eine Blut-und-Tränen-Rede, die Finanzminister Luc Frieden am Mittwoch auf Einladung des Luxemburger Fondsverbandes ALFI vor einem Parterre von Sachkundigen einer Industrie hielt, die sich zwar im Umbruch befindet, der jedoch gerade in und durch Luxemburg neue Entwicklungsmöglichkeiten geboten werden.

Staatschuldenkrise

Das Blut und die Tränen galten allerdings nicht so sehr dem hiesigen Dienstleistungssektor – „der immer noch weiter wächst“, wie Frieden feststellte –, sondern eher den Ländern Europas, die tief in der Staatsschuldenkrise stecken.

In solch einer Krise müsse man schauen, was man tun könne, um die Investoren zu beruhigen, erklärte der Finanzminister. Damit die Leute an die Projekte glauben, die man habe, müssten kurz- und langfristig einige Sachen umgesetzt werden.
„Kurzfristig muss man die Länder, welche in ernsthaften Schwierigkeiten sind (Griechenland, Italien und Spanien), wieder auf die Weichen stellen.“

Solidarität ist keine Einbahnstraße

Die Politik wisse, was im Falle Griechenlands zu tun sei, meinte Luc Frieden: „Das Land muss aber auch begreifen, dass Solidarität keine Einbahnstraße ist, wo wir lediglich einem anderen Staat Geld geben.“
Von Griechenland sei eine sehr starke Verbindlichkeit nötig, um alle Forderungen so schnell wie möglich umzusetzen. Spätestens am Montag müsse von der Regierung ein Schreiben an die Euro-Finanzminister eingehen, das bestätige, dass man die Bedingungen, die im Zuge der Hilfen gestellt worden sind, akzeptiere.

In einer so tief verflochtenen monetären Union könnten Regierungen und Länder, die in Schwierigkeiten stecken, nicht mehr alleine agieren. Sie müssten in Partnerschaft agieren. „Um es etwas strikter auszudrücken. Sie müssen unter der Kontrolle anderer Regierungen arbeiten“, mahnte Luc Frieden. Die Zeit ist gekommen, wo „Regierungen, die eine finanzielle Unterstützung von anderen Ländern anfordern, akzeptieren müssen, dass sie unter einen gewissen Kontrollmechanismus gestellt werden.“

„Europäische“ Beamten in Athen

Luc Frieden stellt sich das so vor, dass (europäische) Beamte bei allen relevanten Ministerien permanent präsent sind. Nur so könne man das Vertrauen wieder aufbauen.
„Eine stabile Währung und solide öffentliche Finanzen gehen Hand in Hand“, unterstrich der Finanzminister.

Langfristig gesehen sei es notwendig, dass der europäische Stabilitäts- und Wachstumspakt nicht nur ein ratifiziertes Dokument bleibe, sondern auch umgesetzt werde. Dies gelte einerseits im Falle der Defizit-Obergrenze, andererseits aber auch für den maximalen Schuldenstand.

„Alle sind verantwortlich“

Europa befände sich momentan sowohl in einer Banken- als auch in einer Staatsschuldenkrise. „Ich weiß noch nicht, wer wofür verantwortlich ist. Ich glaube aber, dass wir alle verantwortlich für die Situation sind, in der wir stecken.“ Die Bankenkrise habe die Staatsschuldenkrise noch verstärkt, weil eine Handvoll Länder die Stabilitätskriterien bereits vor der Krise von 2008 nicht eingehalten hätten. Die Behandlung der Bankenkrise von 2008 hätte die Staatsschuldenkrise erst sichtbar gemacht. „Es wird kein einfacher Weg werden, aber man kommt nicht um solide geführte Staatsfinanzen herum, um das Vertrauen wieder aufzubauen.“

Stabilität und Vertrauen – neben der Berechenbarkeit – seien aber auch ein Schlüsselelement in Bezug auf Luxemburgs Attraktivität als eines der größten Finanzzentren Europas. „Die Regierung ist immer noch klar entschlossen, den Finanzdienstleistungssektor weiter aufzuwerten, zu entwickeln und ihn zu festigen.“ Man werde auch weiter in Kooperation mit der Industrie die nötigen Rahmenbedingungen entwickeln.

Ucits – ein weltweiter Erfolg

Trotz des schwierigen Umfelds sei es auch in den letzten Jahren gelungen, den Sektor auszubauen. Die Ucits seien jetzt schon ein weltweiter Erfolg. Die luxemburgische Regierung sei gewillt, mit der Umsetzung – als eines der ersten Länder – der AIFM-Direktive eine ähnliche Erfolgsgeschichte zu schreiben. „In diesem Markt wird Luxemburg in Zukunft eine Schlüsselrolle spielen.“

Darüber hinaus werde die Regierung dafür sorgen, dass alle Finanzinstitutionen auf einem sicheren Fundament stehen werden.

BIL-Deal vor Abschluss

„In den nächsten Tagen wird dieses Geschäft auf eine zufriedenstellende Art abgeschlossen werden.“ Mit dieser Aussage bei der ALFI-Konferenz bestätigte Luc Frieden, dass die Prozedur der Kontenüberprüfung der BIL durch die katarischen Investoren so gut wie abgeschlossen ist. „Die Verhandlungen zwischen den katarischen Investoren und der Dexia sind in ihrer finalen Phase. Wir warten auf grünes Licht der EU-Kommission.“