Spielt EZB-Chef Trichet wieder den Feuerwehrmann?

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Wie lange schaut sich die Europäische Zentralbank (EZB) den Flächenbrand an? Griechenland, Irland, eventuell bald Portugal oder gar Spanien - je mehr sich die Schuldenkrise in der Eurozone ausbreitet und das Vertrauen in den Euro schwindet, umso größer wird der Druck auf die Notenbanker, Farbe zu bekennen.

Immer lauter werden die Stimmen, die der EZB nahelegen, ihr von Beginn an heftig umstrittenes Staatsanleihen-Ankaufprogramm auszuweiten, um endlich Stabilität in die Bondmärkte zu bringen. Doch ob sich der EZB-Rat unter Führung von Jean-Claude Trichet bei seiner Zinssitzung am Donnerstag dazu durchringen kann, ist ungeachtet des am Wochenende geschnürten Hilfspakets für Irland offen.

Kontrovers dürfte die Debatte hinter verschlossenen Türen des EZB-Rats im 36. Stock des Frankfurter Euro-Towers auf jeden Fall werden. Schließlich wäre eine Ausweitung des Programms eine 180-Grad-Kehrtwende. Denn die EZB will ja eigentlich seit Monaten aus ihrer Politik des billigen Geldes aussteigen. Fest steht nur eins: Der Leitzins, der seit Mai 2009 historisch niedrig bei einem Prozent liegt, wird bleiben, wo er ist. Die Teuerung in Europa ist nämlich derzeit wirklich nicht das Hauptproblem der EZB.
Siehe auch:
Eurogruppe gibt grünes Licht für Irland-Rettung

EZB zu allem bereit?

Die Zentralbank hatte bereits im Frühjahr damit begonnen, Papiere von Problemländern wie Griechenland und Portugal zu kaufen und diese Staaten damit indirekt gestützt. Volkswirt Jacques Cailloux von der Royal Bank of Scotland fordert nun angesichts der Eskalation der Schuldenkrise, dass die Notenbanker noch einen Schritt weitergehen: „Die EZB sollte ihr Programm aufstocken und auf spanische Papiere ausweiten“ – erstens um neuen Brandherden vorzubeugen und zweitens um Entschlossenheit zu demonstrieren.

Marie Diron von Oxford Economics plädiert ebenfalls dafür, dass die EZB eine aktivere Rolle spielt, um die Krise in Europa unter Kontrolle zu bringen: „Die EZB muss zeigen, dass sie bereit ist zu handeln und dabei keine Instrumente ausschließt.“ Elga Bartsch von Morgan Stanley ist überzeugt, dass die EZB dem Überschwappen der Krise von der Peripherie auf das bislang stabile Kerneuropa nicht tatenlos zusehen wird: „Der nächste Schritt wäre eine weitere Lockerung der Geldpolitik durch die EZB. Aber soweit ist es noch nicht.“ Zunächst müssten die Finanzminister ihr Gewicht einsetzen, um die Krise zu lösen.

Wer stopft Finanzloch?

Geht es nach Bundesbank-Präsident Axel Weber, wird sich der EZB-Rat nicht an wie auch immer gearteten Rettungsaktionen beteiligen. Weber ist überzeugt, dass der Rettungsschirm für die vier Schmuddelkinder Europas ausreicht, ohne dass die EZB eingreifen müsste. Zwar rechnete er kürzlich vor, dass im schlimmsten Fall gut 145 Milliarden Euro fehlen würden, um nach Griechen, Iren und eventuell den Portugiesen auch noch die Spanier vor dem Bankrott zu bewahren. Doch selbst diese Lücke werde wohl von den Staaten gestopft. Beobachter erwarten mit Spannung, ob sich Trichet und die anderen Ratsmitglieder dem Deutschen anschließen.

Nach Meinung von Luxemburgs Zentralbankgouverneur Yves Mersch hat die Flucht Irlands unter den Schirm der anderen Euro-Länder für die EZB einen Vorteil: „Wir können nur begrüßen, dass wir nun ein Programm haben, das zu Stabilität in Irland führen wird und uns erlaubt, unsere schrittweise und umsichtige Exit-Strategie fortzusetzen.“ Sein finnischer Kollege Erkki Liikanen betonte hingegen: Durch ihren schrittweisen Ausstieg halte sich die EZB die Möglichkeit offen, den Exit falls nötig zu stoppen oder sogar umzukehren.

Einen kleinen Schritt in Richtung Ausstieg könnte die Zentralbank ungeachtet der Lage in Irland und anderen Ländern wagen, meint Commerzbank-Experte Michael Schubert. Angesichts der robusteren Verfassung vieler Banken liege es nahe, dass die EZB ihnen nicht mehr unbegrenzt Liquidität gibt. „Wir erwarten, dass sie bei den Drei-Monats-Geschäften die Vollzuteilung beendet.“ Den Ausstieg aus ihrer Rundumsorglos-Politik hatte die EZB im Frühjahr allerdings schon einmal geplant – und musste diese Pläne dann wegen der Griechenland-Krise begraben.

Reuters