Porsche und VW bangen um ihr Eheglück

Porsche und VW bangen um ihr Eheglück
(dpa-Archiv)

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Die Braut strahlt: Bei Porsche läuft es so gut wie nie. Die Schwaben haben sich für ihren Partner VW erfolgreich aufgehübscht und glänzen im operativen Geschäft. Doch die Altlasten ihrer Holding bedrohen den Hochzeitskurs.

Ferdinand Porsche brachte Ende der 1930er Jahre den VW-Käfer zur Serienreife und ebnete Volkswagen damit den Weg zum Welterfolg. Heute, gut 70 Jahre danach, soll sich der Kreis wieder schließen: Die kleine Sportwagenschmiede Porsche und der Weltkonzern aus Wolfsburg sollen einen gemeinsamen Autoriesen formen.

Doch der Weg in die Ehe steht unter keinem guten Stern. Die Hürden für das komplette Verschmelzen der längst eng verbandelten Partner werden einfach nicht kleiner. Die einstige Schlammschlacht – bei der sich die Schwaben tatsächlich anmaßten, VW schlucken zu wollen – hat eine schwere Hypothek hinterlassen. Gibt es nun nur eine „Ehe light“?

Sportwagengeschäft boomt

Die beiden Verlobten harren schon lange der Dinge: Die Porsche SE als Holding hält die Mehrheit an der Porsche AG mit dem operativen Sportwagengeschäft. Und das brummt so gut wie nie. Zudem steht unter Porsches Konzerndach inzwischen gut die Hälfte der Volkswagen AG. Die Wolfsburger wiederum halten ihrerseits 49,9 Prozent der Porsche AG.

Hintergrund dieser Verbandelung ist Porsches Übernahmedebakel. Von 2008 an hatten der damalige Porsche-Chef Wendelin Wiedeking und sein Finanzvorstand Holger Härter VW ganz übernehmen wollen, sich dabei mächtig verhoben und Schulden von 11,4 Milliarden Euro aufgetürmt. Inzwischen ist die Lage befriedet, beide Unternehmen wollen einen „integrierten Automobilkonzern“ – mit Porsche als zehnter Marke unter VW-Dach und dem Potenzial zum weltweiten Autobauer Nummer eins.

Die Übernahmeschlacht

Doch die Spätfolgen der Übernahmeschlacht lasten wie ein Schrecken der Vergangenheit über dem Eheversprechen. Bei der Halbjahresbilanz der Porsche-Holding am Dienstag war das wieder offensichtlich: VW hatte Ende 2009 die 49,9 Prozent der Porsche AG übernommen und dafür 3,9 Milliarden Euro lockergemacht – um die Schulden des Partners zu mildern. Denn bei aller Liebe: Einen Partner, der mit Milliarden in der Kreide steht, wollen sich die Wolfsburger nicht aufhalsen.

Im Zuge des Deals räumten sich beide Seiten Kaufoptionen ein: VW könnte Ende 2012 den Rest der Porsche AG übernehmen. Vereinbarungen dieser Art müssen in den Bilanzen bewertet werden. Damals 2009, zu den dunklen Zeiten der Wirtschaftskrise, waren die Bedingungen ganz andere. Inzwischen boomen Weltwirtschaft und Automobilbranche. Für Porsche heißt das: In den Büchern müssen die VW-Kaufrechte im Wert korrigiert werden – und zwar mit minus 1,64 Milliarden Euro. Auf der Gegenseite bei VW führte das zum positiven Gegenteil.

Cayenne-Junior

Die Porsche SE spricht von „verbesserten gesamtwirtschaftlichen Konjunktur- sowie Branchenaussichten“ und „der Einplanung einer weiteren Baureihe“ (Cayenne-Junior). Das habe die Wertberichtigungen ausgelöst. Im Klartext heißt das: Die aktuelle Konstellation ist für Porsche ein wenig wie ein Fluch. Denn kurioserweise macht sich erfolgreiches Wirtschaften in den Büchern auch gegenteilig bemerkbar.

Doch diese Rechenspielchen – bei denen es nicht um das bare Geld in der Kasse, sondern um Vorhersagen geht – sind nicht die einzigen Sorgen bei den Stuttgartern. Anleger in den USA und Deutschland klagen auf Wiedergutmachung für die Verluste der Übernahmeschlacht. Auch Ermittlungen wegen des Verdachts auf Untreue gegen Wiedeking und Härter werden Porsche zufolge „länger dauern als geplant“. Dennoch bekräftigte der Konzern am Dienstag, dass die Chancen für eine Verschmelzung noch in 2011 „unverändert bei 50 Prozent“ lägen. Ein Sprecher sagte, dass auch die Wolfsburger das nach wie vor so sähen.

„Ehe light“

Für Ende 2011 sind Aktionärsversammlungen geplant, bei denen beide Seiten die Hochzeit absegnen könnten. Dennoch heißt es bei Porsche: „Kommt es zu wesentlichen Verzögerungen des Verschmelzungsprozesses (…), sinkt nach Einschätzung des Vorstands auch die Wahrscheinlichkeit eines Gelingens der Verschmelzung insgesamt.“

VW hatte jüngst Entscheidungen für September in Aussicht gestellt. Falls alle Stricke reißen, könnten die Verlobten Plan B ergreifen: VW übernimmt die Porsche AG komplett und lässt die Holding draußen. Diese „Ehe light“ könnte frühestens Ende November 2012 gelingen.