Laurence Zenner: „Mein Beruf ist meine Passion“

Laurence Zenner: „Mein Beruf ist meine Passion“

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CFL Cargo ist ein luxemburgischer Global Player im innereuropäischen Frachtgeschäft. Seit Anfang dieses Jahres leitet erstmals eine Frau das Unternehmen. Wir unterhielten uns mit Generaldirektorin Laurence Zenner (46) über ihren Beruf, der für sie viel mehr als ein simpler Broterwerb, nämlich eine Passion ist.

Tageblatt: Sie arbeiten bereits seit vielen Jahren im luxemburgischen Bahnwesen. Doch die CFL war nicht Ihr erster Arbeitgeber, oder?

Laurence Zenner: Nein. Meine berufliche Karriere begann 1995 bei der damaligen „Comercial Intertech“, der heutigen „Lindab“ in Diekirch. Als Studentin im Bauingenieurswesen hatte ich bereits die Gelegenheit, diesen Betrieb zu besichtigen, und da er mir gefiel, lag es nahe, dort ins Berufsleben zu starten. Nach vier Jahren wurde mir jedoch der Wechsel zur CFL vorgeschlagen. Von familiärer Seite her habe ich übrigens einen Eisenbahnerhintergrund: Sowohl mein Vater als auch mein Großvater mütterlicherseits arbeiteten bei der Bahn. Somit bin ich schlussendlich in ihre Fußstapfen getreten.

Was brachte Sie eigentlich dazu, den Beruf des Bauingenieurs zu ergreifen?

Ich konnte mich seit jeher für Mathematik und Physik begeistern, wollte jedoch beruflich nichts zu Theoretisches tun. Außerdem kannte ich einige, die ein Studium als Bauingenieur absolvierten und die mir eigentlich nur Positives darüber erzählten, so dass ich mich dazu entschied, ebenfalls diesen Weg einzuschlagen. Zur Bautechnik gehörte im Studium übrigens auch schon der Aspekt des Transportwesens.

Als ich bei der CFL mit meiner Arbeit begann, das war im Bereich Infrastruktur, war ich jedoch vor allem für Bauprojekte zuständig. Ich habe so etwa an den Studien rund um die Neubaustrecke mitgewirkt oder aber auch am Vorprojekt zum neuen Bahnhof in Ettelbrück.
Auch an der Ausarbeitung des ersten Terminals im Bettemburger Güterbahnhof konnte ich mitwirken. An allen Bauprojekten der Luxemburger Bahn, die zurzeit umgesetzt werden, war ich so direkt oder indirekt beteiligt.

Ihre Karriere bei der Bahn führte Sie zunächst durch eine ganze Reihe verschiedener Bereiche.

Ja, anfangs befasste ich mich nur mit reinen Bauprojekten, später kam auch die Infrastruktur dazu, vor allem die Gleisinstandhaltung. So unterstanden mir eine Zeit lang die Mannschaften, die für die Instandhaltung der Bahngleise zuständig waren. Danach wechselte ich in die „Division voie“, wo es eher um die Planung neuer Gleisbauprojekte ging. Später dann wurden mir drei Bereiche – Gleisbauprojekte, Bauprojekte und Instandhaltung – anvertraut. Diese Aktivitäten wurden damals unter dem Namen „Pôle infrastructure“ zusammengefasst. Nach einiger Zeit, es war 2012, kam es dann zu strukturellen Veränderungen innerhalb der CFL. Der Bahnbetrieb und die Infrastruktur wurden zusammengelegt in der Direktion „Gestion infrastructure“. Ich war dann während gut zwei Jahren zuständig für die Planung der Ressourcen, sowohl was das Personal als auch die Technik anging. Als Marc Wengler dann CFL-Generaldirektor wurde, wechselte ich in das Amt der Generalsekretärin.

Was Sie denn auch taten. Doch wie kamen Sie schließlich zur CFL Cargo?

Vier Jahre lang habe ich, bevor mir dieser Posten angeboten wurde, als Generalsekretärin gearbeitet und war die letzten zwei ebenfalls zuständig für das operationelle Qualitätsmanagement, wobei es vor allem um den Personenverkehr und die damit zusammenhängende Infrastruktur ging. Die Hauptpunkte waren die Pünktlichkeit der Züge, das Ausarbeiten der neuen Fahrpläne, die vor Kurzem in Kraft traten, und die Information des Kunden. Als dann mein Vorgänger bei CFL Cargo, Marc Polini, in den Ruhestand treten wollte, fragte man mich, ob mich die Leitung der Gruppe interessiere. Ich ließ mir etwas Zeit zum Überlegen und kam zum Ergebnis, dass mich das Angebot sehr interessiert und ich die Herausforderung angehen würde.

Wie viele Personen beschäftigt Ihr Unternehmen eigentlich und wo überall ist CFL Cargo aktiv?

Bei der gesamten Gruppe CFL Cargo arbeiten rund 700 Personen. Wir verfügen über Filialen in Deutschland, Frankreich, Dänemark und Schweden. Auch das Atelier in Petingen, das heute „CFL Technics“ heißt, wo der Unterhalt der Waggons und auch der Dieselloks, die wir betreiben, durchgeführt wird, gehört zu dem Unternehmen. Allein dort arbeiten rund 200 Personen.

Wir pflegen ebenfalls Partnerschaften mit schweizerischen, österreichischen und italienischen Bahntransportunternehmen, da die Entwicklung der europäischen Nord-Süd-Achse für CFL Cargo vorrangig ist. Die Kunden des CFL-Frachtbereiches sind in ganz Europa angesiedelt. Auch gibt es derzeit erste Sondierungen über eine mögliche Ausdehnung unseres Angebotes bis nach China. Dank unserer Filialen sind wir heute bereits in der Lage, Transporte völlig autonom bis zur polnischen Grenze durchführen zu können.

Wie lange besteht CFL Cargo und worin liegt das Kerngeschäft?

CFL Cargo wurde 2006 gegründet, als es zur Liberalisierung des Güterverkehrs in Europa kam. Es handelte sich um eine gemeinsame, privatwirtschaftliche Eisenbahngesellschaft von CFL und ArcelorMittal. Der Stahlproduzent war zu jener Zeit auch der wichtigste Kunde der Gruppe. Auch heute noch ist ArcelorMittal zu einem Drittel am Aktionariat beteiligt. CFL Cargo arbeitet ebenfalls eng zusammen mit allen weiteren Akteuren im Frachtwesen – unter anderem mit den Schwesterfirmen CFL Intermodal und CFL Logistics –, um die gesamte Logistikkette abzudecken und dem Kunden die bestmöglichen Leistungen anbieten zu können, von der Lagerung über den Transport bis zur Auslieferung auf dem Schienen- und Straßennetz.

Das Kerngeschäft von CFL Cargo selbst liegt dabei darin, Güterzüge zu fahren und den Instandhaltung von Loks und Waggons zu gewährleisten. Es liegt uns am Herzen, gemeinsam mit den anderen Akteuren, mit denen wir zusammenarbeiten, dem Kunden ein Angebot unterbreiten zu können, das genau auf ihn zugeschnitten ist.

Nun sind Sie seit vier Monaten im Amt. Was sind derzeit Ihre Prioritäten?

Die stehen ganz im Zeichen der Kontinuität. Ein großes Projekt, an dem wir zurzeit intensiv arbeiten, ist das Sicherheitssystem ETCS, das europäische System zur Geschwindigkeitskontrolle. Wir haben eine Flotte an Dieselloks gemietet, die mit diesem System ausgestattet sind, und die wir nun in Betrieb nehmen. Derzeit wird daher die Belegschaft im Umgang mit ETCS geschult. Ein weiteres wichtiges Vorhaben betrifft die Filiale CFL Technics in Petingen. Es soll ein weiteres Atelier in Bettemburg entstehen, in welchem Reparaturen an den Waggons und einzelne Eingriffe an den Lokomotiven durchgeführt werden können. Die Planung hierzu steht kurz vor dem Abschluss.

Sie sind Generaldirektorin eines großen Unternehmens, bleibt Ihnen eigentlich noch Zeit für Familie und Hobby?

Hobbies? Ich lese gerne – unter anderem skandinavische Krimis, gehe gerne schwimmen und mag Spaziergänge inmitten der Natur. Aber mein Job ist gleichzeitig meine Passion!
Mein Mann und ich teilen uns unsere familiären Aufgaben auf, so dass mir in der Regel auch ausreichend Zeit bleibt, mich mit den beiden Kindern zu beschäftigen und das Familienleben zu genießen. Nur zum Schwimmen, Lesen und Spazierengehen fehlt es mir augenblicklich etwas an Zeit. Schließlich ist das hier alles doch noch recht neu für mich. Die Prioritäten derzeit heißen Beruf und Familie.