VerbraucherKreislaufwirtschaft als Norm

Verbraucher / Kreislaufwirtschaft als Norm
Zu seiner eigenen Zukunft wollte sich Etienne Schneider auf der Pressekonferenz nicht äußern Foto: Editpress/Jean-Philippe Schmit

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In Zukunft soll jeder Gegenstand einen Materialausweis bekommen, eine Art Eintrittsschein in die Kreislaufwirtschaft. Die dazugehörige Industrienorm wird in Luxemburg ausgearbeitet und soll eines Tages internationaler Standard sein.

Das Großherzogtum hat die Kreislaufwirtschaft wiederentdeckt. Damit „aus dem Schlagwort auch eine Realität wird“, hat Wirtschaftsminister Etienne Schneider eine neue Initiative „ausgeheckt“. Zusammen mit Ilnas und Akteuren aus der Privatwirtschaft arbeitet das Ministerium an der Standardisierung einer Industrienorm, die eines Tages die sinnvolle Weiterverwertung der Gegenstände, die im Müll landen, ermöglicht.

„Es geht nicht um klassisches Recycling“, sagt der Minister und erinnert an die grauen, blauen und grünen Tonnen, die jeder Verbraucher vor der Tür stehen hat. Die Kreislaufwirtschaft ziele eher auf die direkte Wiederverwertung der Objekte ab, ohne dass die Materialien aufwendig wiederaufbereitet werden müssen – so wie es bei Altglas oder Altpapier der Fall ist.

„Abfall ist im Grunde nur ein Rohstoff ohne Identität“, sagt Christian Tock, Beamter im Wirtschaftsministerium. Wenn man wüsste, aus welchen Rohstoffen der Abfall bestünde, über welche Materialeigenschaften er verfügt, dann sei eine Weiterverwertung um einiges einfacher, sagt er. Als Beispiel führt er einen Sitzstuhl an, der aus einem Materialmix besteht.  Wie bei jedem Gegenstand kommt der Tag, an dem er seinen Zweck nicht mehr erfüllt, nicht mehr gebraucht oder er durch ein neueres Modell ersetzt wird. Wenn die Entsorgung ansteht, stellen sich eine Reihe Fragen, die dieser neue Ausweis nun beantworten soll.

Klarheit über die Materialeigenschaften

Aus welchem Material besteht der Stuhl? Wie viel davon kann recycelt werden? Ist er etwa kompostierbar? Was kann wiederaufbereitet und wiederverwendet werden? Zu den Akteuren aus der Privatwirtschaft, die an der Ausarbeitung dieser neuen Industrienorm teilnehmen, gehört auch das schwedische Möbelkaufhaus IKEA, „nicht IKEA Arlon“, so Tock stolz. Doch nicht nur Einrichtungshäuser erkennen den Nutzen eines solchen Ausweises, sei es für sich oder die Kunden. Auch Unternehmen aus anderen Bereichen, wie etwa der Bauwirtschaft, wollen die Kreislaufwirtschaft in ihre Produkte integrieren.

Das Unternehmen Astron Buildings ist auf den Bau von Industriehallen spezialisiert. In Diekirch werden Bauteile aus Stahl und Beton gebaut, aus denen Bürogebäude, Lagerhallen oder Parkhäuser entstehen. René Oly, der Innovationsmanager des Unternehmens, vergleicht die Stahlträger und Betonplatten mit dem Baukastensystem der dänischen Firma Lego. „Man kann die Teile zusammensetzen, um ein Parkhaus zu bauen“, so Orly. Wenn das Parkhaus nicht mehr gebraucht wird, kann man es wieder in seine Einzelteile zerlegen und für den Bau anderer Gebäude verwenden, „dann wird ein Bürogebäude daraus“.

Möglich sei dies nur, wenn die einzelnen Bauteile und deren Eigenschaften bekannt sind. Der neue Materialpass soll dies ermöglichen. Ohne einen solchen sei dies nur schwer machbar. „Dann müsste z.B. die Stahlqualität jedes einzelnen Teiles analysiert werden“, sagt Orly. Dies sei in der Realität zu teuer und käme auch nicht zur Anwendung, der Stahl wird vom Rest getrennt, eingeschmolzen und zu einem neuen Träger gewalzt. Wenn aber von Beginn an Klarheit über die Materialeigenschaften herrsche, könne der Träger direkt wieder in den Einsatz kommen, so Orly. Die Weiter- und Wiederverwendung würde so nicht nur vereinfacht und verbilligt, sondern in vielen Fällen erst ermöglicht.