Jobmesse: Luxemburger Mangelware

Jobmesse: Luxemburger Mangelware
(Tageblatt/Alain Rischard)

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In einem gut gefüllten Kongresszentrum auf dem Kirchberg stellten sich am Freitag unzählige Bewerber ihren potenziellen Arbeitgebern vor. Luxemburger traf man kaum.

Wer sich in eine der langen Schlangen auf der Moovijob-Arbeitsmesse stellte, musste Geduld mitbringen. 2.700 Arbeitssuchende hatten sich über Internet angekündigt. Unzählige Interessenten waren spontan gekommen.

„Die Stände sind nicht genug besetzt“, sagen Neslym und Kevin. Die Schüler aus Frankreich warten bereits seit einer Viertelstunde am Stand des Stromversorgers Enovos und sind immer noch 20 Meter von einem Gespräch entfernt. Die Stände von Enovos, Goodyear und Auchan sind die Hauptattraktion der Messe. „Außerdem sind nicht viele Industriebetriebe hier“, sagt Neslym.

Hochmotivierte Bewerber

Die beiden jungen Männer suchen keine Arbeit. Sie wollen sich über ihre Zukunftsperspektiven informieren und ob es in Luxemburg möglich ist, eine Berufsausbildung teils in der Schule, teils im Betrieb zu machen. Einen Lebenslauf haben sie nicht dabei.

Hinter ihnen steht eine junge Frau und vertreibt sich die Zeit in der Schlange mit Kreuzworträtseln. Sie ist nicht auf Arbeitssuche. Jedenfalls nicht für sich selbst. Ihr Ehemann, ein Marketingexperte, sucht Arbeit und sie hilft ihm, Lebensläufe zu verteilen. 30 Stück haben die beiden mitgebracht. Mit seiner Bewerbungsmappe hat der Marketing-Mann sich redlich Mühe gegeben. Ein professionelles Layout, passende Visitenkarten und sogar Kugelschreiber mit Namen und Adresse verteilt das Paar. An Motivation fehlt es den Bewerbern, die den Weg auf den Kirchberg gefunden haben, nicht.

Viele offene Stellen

An offenen Stellen mangelt es je nach Branche ebenfalls wenig. Aber es gibt offensichtliche Missverhältnisse. Der Finanzdienstleister EFA zum Beispiel hat sechs Posten ausgeschrieben. „Wir haben schon viele Lebensläufe bekommen“, sagt eine Mitarbeiterin am Stand. Der Tag ist erst zur Hälfte vorbei. „Viele Lebensläufe entsprechen nicht den Profilen, die wir suchen. Aber wir behalten sie, um sie später vielleicht zu verwenden.“

Die Informatikfirma Sogeti will sogar 140 Personen einstellen. „Unter den Lebensläufen, die wir bekommen haben, sind zehn, die interessant aussehen. Daraus resultieren weitere Gespräche“, sagt Audrey Wind. An ihrem Stand ist die Wartezeit recht kurz. „In der IT-Branche sind wir bekannt“, sagt Wind. „Aber diese Messe ist breiter aufgestellt, weniger spezifisch. Deshalb gibt es auch diesen Andrang bei den Zeitarbeitsfirmen. Sie bieten ein breiteres Tätigkeitsfeld an“, erklärt sie.

„Immer optimistisch bleiben“

Ein Elektrotechniker wartet am Stand der Zeitarbeitsfirma Start-People. Er sucht schon seit ein paar Monaten nach Arbeit und bewirbt sich an mehreren Ständen, auch wenn sie nicht direkt in sein Profil passen. „Man muss immer optimistisch bleiben“, sagt er zwar, sein Gesichtsausdruck verrät jedoch, dass ihm das schwerfällt. Er sucht überall: in Frankreich und in Luxemburg. Hätte er aber die Wahl, würde er eine Arbeit in Luxemburg der in Frankreich vorziehen. Dafür würde er sogar umziehen. Näher an die französisch-luxemburgische Grenze. Vielleicht sogar nach Luxemburg.

Auffällig ist, dass kaum Luxemburger den Weg auf den Kirchberg gefunden haben. Selbst am Stand des Pflegedienstes „Hëllef doheem“, der ja vor allem luxemburgische Senioren betreut, warten Grenzgänger. Potenzielle Grenzgänger.

Berufliche Umorientierung

Die 33-jährige Erzieherin Andrea arbeitet noch in Deutschland. Die junge Frau betreut in einem Heim Erwachsene in ihrem Alltag. In ihrer Freizeit spielt sie Volleyball in Luxemburg; ihr Mann arbeitet bereits im Großherzogtum. Nun will sie sich beruflich – und geografisch – umorientieren, sagt sie.

Auch das Arbeitsamt ist mit einem Stand auf der Messe vertreten. Das Team der Adem berät zu ganz verschiedenen Themen: Von Lehrverträgen bis zu Beihilfen zu Firmengründungen erkundigten sich die Besucher der Messe zu allem Möglichen, erzählen die Männer am Adem-Stand. Auch hier lassen sich viele Grenzgänger beraten: „Sie fragen, ob sie sich bei uns einschreiben können.“
Das ginge noch nicht, lautet die Antwort. Das Arbeitsamt sei momentan geografisch nur für Einwohner von Luxemburg zuständig. Nicht-Einwohner könnten sich auf dem Arbeitsamt jedoch die anonymen Stellenangebote ansehen und ihre Bewerbung abgeben. Das Arbeitsamt reiche diese dann an das Unternehmen weiter, erklärt das Adem-Team.