„In Japan ist alles kompliziert“

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Cargolux baut seine Präsenz in Japan aus: Weshalb das über 20 Jahre gedauert hat und ob die chinesisch-japanische Rivalität Luxemburg Probleme bereitet, erzählt Paul Helminger, Präsident des Cargolux-Verwaltungsrats, im Tageblatt-Interview.

Tageblatt: Cargolux hat ein Abkommen mit „Nippon Cargo Airlines“ unterzeichnet. Wie wichtig ist der neue Standort Narita?

Paul Helminger: Wir sind als Cargolux seit sehr langer Zeit in Japan präsent und blicken auf eine mehr als 20-jährige Geschichte zurück. Im Laufe der Zeit sind wir von der Peripherie weiter ins Zentrum von Japan gerückt. Wir hatten den Flughafen von Narita immer im Blick.

Weshalb?

Weil wir vor allem Konsumgüter nach Japan transportieren. Das gilt besonders für die Gegend rund um Tokio. Wir hatten Narita deshalb immer als Ziel, weil die geografische Nähe zu Tokio uns hilft, Kunden näher an uns zu binden. Bis vor kurzem hat das aber nicht geklappt. In Japan ist alles sehr kompliziert. Es dauert immer sehr lange, um Fortschritte zu verbuchen.

Wieso hat es im Fall Narita so lange gedauert?

Es gab unterschiedliche Argumente. Mal gab es keine Slots … Aber das Hauptargument war eigentlich, dass es keine Gegenseitigkeit gebe.

Das heißt?

Es gebe keine japanischen Unternehmen, die an Luxemburg interessiert wären. Die beiden Probleme haben sich gelöst, nachdem wir im Oktober ein „Memorandum of Understanding“ (MoU) unterschrieben haben. Es handelt sich aber noch immer nicht um ein wirkliches Luftfahrtabkommen. Es ist eine Absichtserklärung, durch die wir Landerechte in Narita erhalten haben.

Cargolux Italien ist aber bereits in Narita präsent.

Ja, Cargolux Italien hat ein richtiges Luftfahrtabkommen mit den Japanern. Von Italien aus gibt es zweimal pro Woche Flüge nach Narita. Wir haben aber mit „Nippon Cargo Airlines“ (NCA) einen Partner gefunden, der seine Dienste Richtung Westeuropa verstärken will. Sie fliegen nicht nach Luxemburg, aber dafür nach Frankfurt-Hahn. Wir sind zur Schlussfolgerung gelangt, dass es für beide Seiten wegen der Häufigkeit der Flüge positiv wäre, wenn wir uns gegenseitig Kapazitäten zur Verfügung stellen würden.

Was heißt das konkret?

Wenn ich mir das von unserer Seite aus anschaue – also das Zusammenspiel von Cargolux Italia, Cargolux und dem Mitvorsitzenden Nippon Cargo Airlines –, heißt das, dass wir jetzt drei bis vier Mal pro Woche in Narita Fracht für Cargolux hochladen. Darum ist es uns gegangen. Wir haben unser Ziel erreicht. Wir hoffen aber, dass sich diese Situation noch weiterentwickeln kann.

Der japanische Markt bleibt kompliziert. Respektiert Japan Luxemburg eigentlich?

Die Japaner sind gerade dabei, Luxemburg zu entdecken – nicht nur in der Luftfahrt. Es gibt Erfolgsstories wie den japanischen Roboterhersteller Fanuc, der seinen Hauptsitz schon lange in Luxemburg hat. Das ist ein großartiges Beispiel für eine hervorragende Entwicklung unserer Beziehungen.

Inwiefern?

Die Präsenz von Fanuc in Luxemburg wird in Japan anerkannt. Das haben wir während der Staatsvisite eindeutig bemerkt. Wir müssen deshalb die Chancen nutzen, die sich jetzt bieten, weil die Japaner unser Land gerade für sich entdecken und die Beziehungen ausbauen wollen.

Luxemburg pflegt auch exzellente Handelsbeziehungen mit dem aufstrebenden China. Wieso auf die komplizierten Japaner setzen?

(lacht) China und Japan unterscheiden sich zunächst, was ihre Handelskultur angeht, radikal von uns. Und die beiden Staaten unterschieden sich radikal voneinander. Es ist deshalb für Luxemburg ein ständiger Drahtseilakt. Zum Beispiel wäre es undenkbar, dass wir den japanischen Markt von Hongkong oder Schanghai aus beliefern würden. Das umgekehrte Szenario wäre genauso unmöglich. Jeder hat eben seine eigene Herangehensweise.

Wie viel Konfliktpotenzial birgt diese zweigleisige Strategie Luxemburgs?

Ich muss daran erinnern, dass es Märkte gibt, in denen wir die beiden Herangehensweisen kombinieren können. Wir haben mit Cargolux z.B. die sogenannte „fünfte Freiheit“: Dies gilt sowohl für China als auch für Japan.

Sie können also Fracht von China nach Japan befördern, in Japan erneut Fracht aufnehmen, um sie in einen weiteren Staat zu fliegen?

Ja, wir kombinieren das zum Beispiel mit Fracht, die wir vom chinesischen Zhengzhou über das japanische Komatsu in die USA fliegen. Das ist für uns sehr interessant, weil wir das Flugzeug in Zhengzhou nie ganz vollgeladen kriegen. Das Gleiche gilt für die USA und Komatsu. Deshalb können wir von Zhengzhou nach Komatsu und von Komatsu nach Chicago fliegen. Wir können aber keine Ware zwischen Zhengzhou und Komatsu und umgekehrt transportieren.

Im Juni waren Sie in China, um das Joint Venture zwischen Cargolux und der chinesischen HNCA (Henan Civil Aviation and Investment Co.) abzuschließen. Das Dossier scheint ein wenig zu stocken …

Wegen des Nationalkongresses der Kommunistischen Partei Chinas gab es eine lange Funkstille. Danach kam wieder Bewegung in unsere Beziehungen mit HNCA. Es wird wieder diskutiert. Den Machtkampf, der in Zhengzhou stattgefunden hat, scheint HNCA-Präsident Zhang Mingchao mehr oder weniger für sich entschieden zu haben. Jetzt haben wir auch wieder einen Gesprächspartner.

Stimmt es, dass er jüngst sogar in Luxemburg war?

Ja, er war letzte Woche mit einer großen Delegation in Luxemburg. Er hat das „Sale-Lease-Back“-Problem, von dem wir dachten, wir müssten zum ersten Mal eine Entscheidung ohne HNCA treffen, gelöst. Die Chinesen sind also jetzt wieder der Aktionär, der sie nun einmal sind, und voll dabei. Das ist eher ein positives Zeichen.

Dennoch: Gibt es konkrete Fortschritte beim Joint Venture, das teilweise umstritten ist?

Beim Joint Venture sehen wir immer noch nicht klar. Ich glaube auch nicht mehr wirklich daran, dass wir 2018 loslegen werden. Ich muss aber auch ehrlich sagen, dass der frühe Start eher das chinesische als unser eigenes Interesse widerspiegelt. Wir sind sehen einen frühen Start nicht negativ, aber ein späterer Zeitpunkt stört uns auch nicht.

Aber?

Aber wir haben jetzt unsere Arbeit geleistet und das Ganze ist nicht unsere erste Priorität. Die Struktur steht und die juristische Grundlage ist bereit. Mir müssen aber die Erlaubnis auf chinesischer Seite erhalten, damit das Joint Venture funktionieren kann. Der ganz große Wandel, bei dem wir uns wirklich überlegen müssen, wie weit wir mitmachen können und wollen, ist die chinesische „One Belt, one Road“-Initiative. Das ist ein gigantisches Projekt.

Luxemburg spielt bei dieser Initiative bislang wenig bis kaum eine Rolle.

Die paar Eisenbahnverbindungen zwischen Luxemburg und China sowie die Dual-Hub-Strategie von Cargolux zwischen Luxemburg und Zhengzhou sind bislang das einzige, das läuft. Die Chinesen sehen das ebenfalls so.

Wie sieht HNCA-Präsident Zhang Mingchao das Potenzial der Initiative für Luxemburg?

Seine 20-köpfige Delegation, die letzte Woche in Luxemburg war, hat zum Beispiel über Tourismus, Passagierflugzeuge und Finanzkooperation gesprochen. Das gehört alles zur „One Belt, one Road“-Strategie. So etwas kann einem schon ein wenig Angst machen.

Vor was fürchten Sie sich?

Es gibt sicherlich Chancen für uns. Wir als Luxemburger müssen herausfinden, wo diese Chancen liegen. Wir müssen aber aufpassen, dass wir nicht überfordert werden. Die Chinesen haben ganz große Erwartungen. Unsere Zusammenarbeit ist bislang ein Erfolg, weil Luxemburg diesen Erwartungen gerecht werden konnte. Deswegen darf es nicht dazu kommen, dass sich eine gewisse Enttäuschung breitmacht, weil wir auf einmal nicht das liefern können, was die Chinesen sich erwarten.

In welchen Bereichen könnte Luxemburg überfordert sein?

Der Logistik-Teil ist geklärt. Hier sehe ich weniger ein Problem. Die Chinesen müssen sich aber jetzt um die Frage der Passagierflüge kümmern. Ich sehe die Luxair nicht wirklich nach Zhengzhou fliegen.

Die Stadt ist nicht gerade eine Tourismusattraktion …

Ja. Was Luxemburg hinkriegen muss, ist die Frage des Flughafens. Wenn auf dem Findel ein Airbus A330 oder A340 mit 350 Chinesen bei uns im Schengen-Raum ankommt, sind unsere zwei Polizisten, die die Passagiere nach ihrer Ankunft kontrollieren, leicht überfordert. Wir haben mittlerweile die Frage der mobilen Visa geklärt. Ich glaube, wir müssen eine Lösung finden, damit die Überprüfung direkt in Zhengzhou stattfindet, bevor die Chinesen nach Luxemburg in den Schengen-Raum kommen.

Sie fürchten sich also, dass Luxemburg unvorbereitet sein könnte.

Es sind einfach praktische Fragen, die wir klären müssen, bevor es heißt, „In sechs Monaten kommen wir!“, und die Chinesen dann in Luxemburg wie in New York landen wollen, die Menschen dann aber ein bis zwei Stunden in der Schlange stehen müssen. Wir haben bislang eine exzellente Kooperation, aber wir müssen vorsichtig genug sein, uns nur auf Dinge einzulassen, die wir auch wirklich können.

Muller Guy
1. Dezember 2017 - 1.29

Et as fir d'Cargolux jo bestemmt net méi schwéier wéi fir aner net Japanesch Cargo-Gesellschaften an Japan Fouss ze fassen. Den Problem leit bei der Cargolux Peiffen-Spetzt. Fir Täschen deck voll ze kréien vergeuden Sie all hier Energie.