Hohe Kosten und Unsicherheit über Zukunft

Hohe Kosten und Unsicherheit über Zukunft
(Tageblatt-Archiv/Christian Muller)

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Im August 2013 übersprang die Anlage in allen europäischen Investmentfonds die Rekordsumme von neun Billionen (9.000 Milliarden) Euro. Und dennoch ist Unsicherheit spürbar.

Wie ist die Situation auf dem europäischen Investmentfonds-Markt? Im zu Ende gehenden Jahr stieg die Summe der angelegten Gelder um 4,1 Prozent an. Das sind 369 Milliarden Euro. Getrieben wurde das Wachstum durch Anlagen in Aktienfonds und in Rentenfonds. Mit Abflüssen mussten die Geldmarktfonds leben.

Die nach der europäischen Direktive UCITS IV geregelten Fonds konnten etwa 94 Prozent der angelegten Gelder auf sich vereinigen, stellt Walter Koob fest. Koob, Partner der Wirtschaftsagentur KPMG, ist der Spezialist für die Entwicklung der europäischen Finanzindustrie und des Finanzplatzes Luxemburg.

Der Markt ist überschwemmt

Wer heutzutage Geld anlegen will, hat zwei Probleme: Der Markt ist überschwemmt mit Geld, das seinen Weg sucht. Die Zinsen sind so niedrig, dass Geld keinen Ertrag mehr bringt. Die Börsen profitieren davon, weil die Anleger den Weg in die Aktien suchen. Die Explosion der Kurse und die Rekorde der Börsenindizes sind auf diese Situation zurückzuführen.

Zusätzlich gestützt wird die Flucht in die Aktien, weil sich die Lage im Euroraum verbessert. Irland und Spanien gelten nicht mehr unbedingt als Krisenländer, verlassen den Rettungsschirm und weisen Wirtschaftswachstum auf. Italien kommt an einen strukturell ausgeglichenen Haushalt heran. Die dennoch sinkenden Leitzinsen verstärken den Trend in die Aktie. Von dieser Situation profitieren vier Länder: Luxemburg, Italien, Spanien und Großbritannien. Geldmarktfonds aus Frankreich und Irland leiden durch hohe Mittelabflüsse unter der Situation.

Die Risikofreude wieder nimmt zu

Verstärkt wird die Tendenz durch das Verhalten der institutionellen Anleger. Insbesondere Versicherungen hatten sich durch die Krisen des 21. Jahrhunderts börsenfern verhalten und sich mehr auf Renten und Immobilien fokussiert. Diese Haltung ändert sich derzeit. Institutionelle Anleger investieren verstärkt in Infrastrukturfonds oder Private-Equity-Fonds, die sich für nicht börsennotierte Unternehmen interessieren, und beginnen nun, ihr Auge wieder verstärkt auf Aktienfonds zu werfen. Überdies, so analysiert Walter Koob, beginnt der Effekt der Krise der Jahre 2007 und 2008 nachzulassen: „Die Jagd nach der Rendite hat beim Privatanleger wieder begonnen. Die Risikofreude nimmt zu.“

In dieser Marktsituation erhöht sich der Druck auf die Fondsbranche. Die Kosten steigen. Von den Fonds wird in verstärktem Maße die Erfüllung von Regulierungen erwartet, wie etwa die Berichtspflicht oder die Überwachung der Erfüllung der Anlagerichtlinien, die Kosten der Fonds-Verwahrer, dazu die Marketing-Notwendigkeiten, um die Fonds an die Investoren zu bringen – das alles treibt die Kosten hoch. Und senkt die Rendite in einem Augenblick, wo der Anleger die Rendite sucht.

Anlegerschutz gewinnt an Bedeutung

Auch kommen auf die Fonds neue regulatorische Anforderungen zu. Die neue AIFM-Richtlinie, die den Management Pass reguliert, bringt neue Kosten. Die Verbraucher-Direktive Mifid stärkt die Rechte der Verbraucher und erhöht die Transparenzkosten für die Fondsgesellschaften. Die UCITS-Direktive, die das Fondsgeschäft an sich beschreibt, wird in ihrer fünften Auflage bisher offene Fragen regeln.

Die Fondswelt muss daher mehr Transparenz bei Gebühren, bei Provisionen und bei den Verbindungen zu ihren Hausbanken üben. Außerdem müssen Beraterprotokolle erstellt werden. Schließlich steht eine europaweite Regulierung der Performance-Gebühren vor der Tür. „Die Fondsindustrie“, sagt Koob, „muss sich darauf einrichten, dass der Anlegerschutz in den kommenden Jahren an Bedeutung gewinnt.

Stellung in Europa ausgebaut

Was bedeutet diese Entwicklung für Luxemburg? Im zu Ende gehenden Jahr 2013 hat Luxemburg seine Stellung in Europa ausgebaut. Der Marktanteil stieg von 26,5 auf 26,9 Prozent. Ein Drittel der Marktzuflüsse in Europa entfällt auf Luxemburg. In absoluten Zahlen. Der Anstieg der Mittelzuflüsse in Luxemburg beläuft sich auf 115 Milliarden Euro (Ende September). In Luxemburg wurden zu diesem Zeitpunkt 2.298,8 Milliarden Euro verwaltet.

„Das Wachstum“, so Koob, „liegt mit 101,5 Milliarden in den Publikumsfonds und mit 11,3 Milliarden bei den Spezialfonds“. Aufgelegt wurden 64 Spezialfonds und fünf Publikumsfonds.
Die Bereinigung der Fondspaletten hält dabei an, ohne derzeit wirklich durchschlagend zu sein. 95 Publikumsfonds wurden geschlossen. 70 Schließungen gab es bei den Spezialfonds. Dem steht aber insgesamt ein Zuwachs 54 neuen Fonds gegenüber. Luxemburg sollte sich Sorgen machen über ein Oligopol, das den Fondsmarkt beherrscht. Die USA, Deutschland, die Schweiz und Großbritannien beherrschen den luxemburgischen Markt zu 69,2 Prozent.

Auch die Fondsgrößen lassen in Luxemburg noch zu wünschen übrig. 72 Prozent der in Luxemburg verwalteten Fonds liegen unter einem verwalteten Vermögen von fünf Milliarden Euro. 14 Prozent der Fonds liegen über 20 Milliarden Euro. Luxemburg steht die wirklich Konsolidierung der Fondsindustrie noch bevor.