Gnadenfrist für deutsche Kumpel? aus Brüssel

Gnadenfrist für deutsche Kumpel? aus Brüssel

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Aufatmen für 23.000 deutsche Kumpel: In den fünf Zechen in Ruhrgebiet und Saarland kann nun doch bis 2018 Steinkohle gefördert werden. Die EU-Kommission nahm am Mittwoch ihren Beschluss vom September zurück, die milliardenschweren Subventionen schon 2014 zu stoppen und das Licht im Schacht vier Jahre früher als geplant auszuknipsen.

Allerdings hat die Fristverlängerung einen Preis: Die Beihilfen müssen bis 2018 rascher zurückgefahren werden, als im deutschen Kohlekompromiss vorgesehen. „Etwas anderes akzeptieren wir nicht“, stellte EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia klar.

Wäre der Hahn für die Zechen – alleine zwei Milliarden Euro in diesem Jahr – schon 2014 ganz zugedreht worden, hätte Tausenden die Arbeitslosigkeit gedroht. Nun gibt es immerhin Teil-Entwarnung. Grundlage für die Einigung, die Almunia mit den Mitgliedsstaaten aushandeln soll, ist ein Kompromissvorschlag der belgischen Ratspräsidentschaft. Dieser sieht einen linearen Subventionsabbau in vier Schritten vor: Minus 25 Prozent bis 2013, minus 40 Prozent 2014, minus 60 Prozent bis 2016 und minus 75 Prozent bis 2017. 

Doch Entlassungen?

In Industriekreisen wurde über ein „mechanistisches belgisches Modell“ mit Risiken gestöhnt. Denn bei dessen Umsetzung könnte nicht genug Geld bleiben, um zwei Zechen bis zum Schluss zu betreiben. Dann käme es doch zu Entlassungen. Der deutsche Kohlekompromiss von 2007 sah einen behutsamen Subventionsabbau von zehn beziehungsweise 16 Prozent in den Jahren 2013 und 2014 und eine kräftige Rückführung erst ab 2016 vor.

„Es ist ein Geben und Nehmen“, resümierte ein EU-Diplomat. Gleichwohl galt es als wahrscheinlich, dass im Kreis der EU-Botschafter bis zum Donnerstag ein Deal gefunden werden könne.

Als die Kommission im September überraschend einen Subventionsstopp für 2014 beschloss, hatte sich vor allem im Ruhrgebiet ein Aufschrei erhoben. Zumal die Begründung Brüssels nicht überzeugte: Einen europäischen Wettbewerb im Bergbau gibt es praktisch nicht mehr. Und dem Klimaschutz dient ein vorgezogenes deutsches Zechensterben auch nicht, weil dann vermehrt Steinkohle aus China importiert werden muss – mit einer noch verheerenderen CO2-Bilanz.

Zechentod 2018 

Der Zechenbetreiber RAG malte damals das Schreckgespenst von Massenentlassungen im Bergbau und Zusatzkosten in Milliardenhöhe an die Wand. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle zeigte zunächst aber deutliches Verständnis für den frühzeitigen Subventionsstopp. Erst, nachdem sich Berlin auf ein geschlossenes Eintreten für 2018 geeinigt hatte, konnte die Regierung eine Mehrheit der Mitgliedsstaaten hinter sich scharen und Druck auf die Kommission machen.

Den Weg zum Einlenken Brüssels bereitete letztlich der Beschluss des Bundeskabinetts vor drei Wochen, den Zechentod in sieben Jahren unumkehrbar zu besiegeln. Dafür war eine Revisionsklausel aus dem Steinkohlegesetz gestrichen worden, die eine Überprüfung des Kohlekompromisses im Jahr 2012 vorschrieb. Ab 2018, so ist seitdem klar, ist endgültig Schicht im Schacht.

dapd