Umwelt- und Naturschutz„Forestry and Climate Change Fund“: Ein „grüner“ Fonds macht von sich reden 

Umwelt- und Naturschutz / „Forestry and Climate Change Fund“: Ein „grüner“ Fonds macht von sich reden 
Anstatt Bäume wie diese in Massen abzuholzen, finanziert der „Forestry and Climate Change Fund“ nachhaltige Forstwirtschaft in Zentralamerika.   Foto: Rainforest Alliance

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Als Kaspar Wansleben 2009 nach Luxemburg kommt und den ersten von zwei nachhaltigen Fonds auflegt, ist er ein Paradiesvogel. Die Welt steckt mitten in der Finanzkrise und hat andere Sorgen. „Nachhaltig“ ist zu der Zeit in den Prospekten der Finanzindustrie allenfalls eine das Image fördernde Randnotiz. Heute sind  „Green“ und die Achtung der Menschenrechte unter Umständen sogar ausschlaggebend für Investitionen. 

Kaspar Wansleben (42) relativiert gerne. Nach dem „Luxembourg Microfinance and Development Fund“ (LMDF) legt der Fondsmanager 2017 einen zweiten Fonds auf, der sich schon dem Namen nach klimafreundlichen Zwecken verschreibt. Der „Forestry and Climate Change Fund“ (FCCF) unterstützt in Zentralamerika Forstunternehmen und Waldbesitzer, die sich um den Erhalt der „grünen Lunge der Welt“ bemühen.

Der zweite Fonds: Der „Luxembourg Microfinance and Development Fund“ 

Der „Luxembourg Microfinance and Development Fund“ (LMDF), den Kaspar Wansleben 2009 gründet, ist der größere der beiden Fonds, die der studierte Wirtschaftswissenschaftler managt. Der Fonds hat ein Volumen von rund 55 Mio. Euro und unterstützt Bevölkerungsteile in der Dritten Welt, die ihre Armut durch ein „Start-up“ lindern wollen.

In Sambia werden beispielsweise Frauen mit Mikrokrediten dabei gefördert, ihren Getreideanbau auszubauen und sich eigene Vertriebswege aufzubauen. „Das meiste Geld bleibt bei den Zwischenhändlern hängen, die das Getreide weiterverkaufen“, sagt Wansleben. „Das sind strukturelle Abhängigkeiten, die es zu durchbrechen gilt.“

-Das Geld fließt an lokale NGOs, die mit den Menschen vor Ort zusammenarbeiten. Das ist der Grund, warum der LMDF in der ASTM-Studie schlechter abschneidet als der „Forestry and Climate Change Fund“. Der direkte Bezug der Mikrokredite ist nicht so leicht ersichtlich.

Mit 15 Millionen US-Dollar Volumen ist er in Wanslebens Augen – und nicht nur in seinen – ein „Zwerg“, obwohl „Größe an sich ja kein Selbstzweck ist“, wie er sagt. Die erste Relativierung. Aber der Fonds verbreitet ein gutes Gewissen. Zwei Jahre nach der Ratifizierung des Pariser Klimaabkommens scheinen seine Ziele genau richtig, wie ein Beispiel der Fondsaktivitäten zeigt.

In Guatemala unterstützt er die Kooperative Carmelita, in der sich 411 indigene Bewohner des Maya-Biosphärenreservats zusammengeschlossen haben, finanziell. Es ist das größte Naturschutzgebiet in Guatemala und erstreckt sich über eine Fläche von 21.602 Quadratkilometern, rund achtmal so groß wie Luxemburg. „Carmelita“ hat die Konzession, 55.000 Hektar davon zu bewirtschaften.

Früher sicherten sich die Indigenen in dieser Region ihr Einkommen mit dem Sammeln und Verkaufen von Kautschuk. Als der aus der Mode kommt, holzen sie Waldflächen ab, um Weideland für Rinder zu schaffen. Landwirtschaft gibt der Boden nicht her, deswegen das Schlachtvieh, das nach acht Monaten zwischen 80 und 100 Dollar einbringt. Diesen Kreislauf, bei dem es um existenzielle Anliegen geht, zu durchbrechen, ist schwer.

Der „Forestry and Climate Change Fund“ versucht das und fördert eine nachhaltige Forstwirtschaft. „Wir kreieren dort ein Waldmanagement, mit dem man dieselbe Summe pro Hektar pro Jahr verdienen kann“, sagt Wansleben. Im Ergebnis bietet die Kooperative heute Rund- und Schnittholz hochwertiger Holzarten auf dem lokalen und internationalen Markt an. Minimale Eingriffe in die sensiblen Ökosysteme sind das Ziel, Aufforstung ist selbstverständlich.

Da das luxemburgische Finanzministerium – im Verbund mit der „Spuerkeess“, der Banque Internationale à Luxembourg (BIL), der Versicherungsgesellschaft Foyer und Privatleuten – Investor des Fonds ist, ist dieser teilstaatlich. Die berühmte „Shareholder-Value“ steht nicht im Vordergrund, weswegen die Renditen für die Anleger vergleichsweise niedrig ausfallen. „Wir sagen den Investoren immer, es gibt wenig“, sagt Fondsmanager Wansleben.

Fonds finanziert direkt indigene Völker

Die zweite Relativierung, wenn man in Betracht zieht, dass Projekte wie diese etwas zum Weltklima beitragen und damit zum Leben zukünftiger Generationen. In einer kürzlich veröffentlichten Studie der NGO „Action Solidarité Tiers Monde“ (ASTM), die 27 Unternehmen mit staatlicher Beteiligung auf die Achtung der Menschenrechte abgeklopft hat, erreicht Wanslebens Fonds mit Abstand die höchsten Punktwerte von allen.

Die zehn von 24 möglichen Punkten kommentiert der Kopf hinter dem Fonds mit „er hat besser schlecht abgeschnitten als die anderen“. Die dritte Relativierung. Was hat dem Fonds diese Bewertung gebracht? Es ist der unmittelbare Bezug zu denen, an die das Geld fließt, der transparent auf der Webseite nachzulesen ist.

„Wir finanzieren direkt indigene Bevölkerungen im Regenwald“, sagt Wansleben. „Da kann man schnell viel falsch machen.“ Damit will er sagen, Projekte wie diese müssen richtig vorbereitet werden, brauchen gezielte Recherche und Vorlauf. Andere Mentalität, andere Kultur, wie ist das Verhältnis zwischen Frauen und Männern, gibt es Arbeitsstandards und müssen Kinder arbeiten … sind herausfordernde Fragestellungen, die Antworten brauchen. Sichtbare Antworten.

Zur Person

Kaspar Wansleben (42) hat Wirtschaftswissenschaften in Marseille (F) studiert. Anschließend arbeitete er bei der „International Labour Organization“ der UN in Genf – der einzigen UN-Menschenrechtsorganisation, die indigenen Völkern legal verbindliche Standards bezüglich Arbeits- und Menschenrechte zusichert sowie das Recht auf Selbstbestimmung.

Die „Indigenous and Tribal Peoples Convention“ Nummer 169 aus dem Jahr 1989 ratifiziert Luxemburg 2018. Dabei kommt Wansleben zum ersten Mal mit Mikrofinanz in Berührung. Nach einer Tätigkeit bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG entscheidet er sich endgültig für die Mikrofinanz und gründet die Fonds. Er lebt in Luxemburg.   

Finanzbranche in Aufruhr

„Ich glaube, Anleger wollen heute die größtmögliche Transparenz haben“, sagt der Fondsmanager. Diese Einsicht hat sich auch auf EU-Ebene durchgesetzt. Durch die „Sustainable Finance Disclosure Regulation“ (SFDR) und die unter dem Schlagwort „Taxonomie“ bekannten Regulierungen ist die Branche im Aufbruch. Oder in Unruhe – ganz wie man es sieht. Beide Regelwerke sind seit 2022 in Kraft und definieren den zwischenzeitlich inflationär gebrauchten Begriff Nachhaltigkeit.

Investoren sollen anhand festgelegter Kriterien erkennen, ob ein Unternehmen nachhaltig wirtschaftet – oder eben nicht. Das steht unter dem großen Ziel, Europa bis 2050 klimaneutral zu machen. Im Nebeneffekt bringen die neuen Regelungen „Greenwashing“ schneller ans Licht. Gerade die SFDR ist der Finanzindustrie auf den Leib geschrieben und fordert mehr Transparenz ein.  

Gerade die Finanzindustrie wehrt sich im Land gegen ein nationales Lieferkettengesetz, das ihr eine Sorgfaltspflicht bezüglich Menschenrechten und damit die Überwachung auferlegen würde. Das bedeutet Mehrarbeit in Form von Nachverfolgung und der Veröffentlichung belastbarer Informationen. Wohl auch deshalb rudern nicht nur in Luxemburg gerade immer mehr Fonds in ihrem Anspruch auf „Grün“ zurück. Sie verzichten lieber auf eine hohe Bewertung, als diesen Aufwand zu betreiben.

Das berichtet die Wirtschaftszeitung Les Echos am 27. Januar 2023. Dabei handelt es sich nicht um Einzelfälle. 420 Finanzprodukte haben nach Angaben der Zeitung Ende Januar ihr Nachhaltigkeitsranking auf eigenen Wunsch geändert. 307 davon haben sich zurückgestuft, was einem Vermögen von 175 Milliarden Euro entspricht. Oder 40 Prozent der Finanzprodukte, die sich vorher am „grünsten“ gegeben haben und aus dieser Kategorie heraus wollten. Die Entwicklung verspricht Spannung.